· Fachbeitrag · Gutachtenwesen
Zahnmedizinische Begutachtungen: Gesetzliche Krankenkassen können Gutachter nicht frei wählen!
von Rechtsanwalt Dr. Tim Oehler, Wallenhorst, www.rechtsanwalt-oehler.de
| Gutachten haben einen deutlichen Einfluss auf die Beurteilung zahnmedizinischer Leistungen. Schon die Wahl des Gutachters (z. B. konservative oder operative Ausrichtung) kann das Gutachtenergebnis steuern. In der Praxis kommt es zwischen Vertragszahnärzten und der GKV häufig zu Kontroversen über die „manipulative“ Vergabe von Gutachtenaufträgen für bereits erbrachte Leistungen. In gleich zwei Urteilen befasste sich das LSG Bayern jüngst mit dem Gutachterwesen und zeigt den Krankenkassen die Grenzen der Gutachtenvergabe deutlich auf. |
LSG zur Begutachtung einer kieferorthopädischen Behandlung
In einer der beiden Entscheidungen (LSG Bayern, Urteil vom 27.06.2017, Az. L 5 KR 170/15) stand die Frage im Vordergrund, ob die Krankenkasse eine beantragte kieferorthopädische Behandlung zu Recht abgelehnt hat. Die Krankenkasse ließ einen eingereichten KFO-Behandlungsplan nicht durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), sondern einen Gutachter bei der KZV Bayern prüfen. Auf dieser Grundlage wurden Antrag und Widerspruch des Patienten abgelehnt. Dieser zog vor das Sozialgericht (SG), um die Kostenübernahme für die kieferorthopädische Behandlung durchzusetzen. Die beklagte Kasse holte erneut ein Gutachten ein ‒ konsequenterweise abermals nicht vom MDK.
Wie schon das SG in erster Instanz sah auch das LSG Bayern darin ein unzulässiges Vorgehen. Nach Auffassung der Richter steht es einer gesetzlichen Krankenkasse nicht frei, sich einen Gutachterdienst oder gar einen Gutachter persönlich auszuwählen, wenn es um die Prüfung von Leistungspflichten im Bereich der Zahnmedizin geht. Im Fall einer geplanten KFO-Maßnahme ist laut § 275 Abs. 1 SGB V allein der MDK zur Stellungnahme berechtigt! Die Krankenkasse habe dagegen verstoßen, indem sie nicht den MDK beauftragt habe. Der § 275 SGB V regele umfassend die Begutachtung durch den MDK für die vertragszahnärztliche und damit auch für die kieferorthopädische Versorgung.
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