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  • · Einrichtungsbezogenes Betretungsverbot

    Ungeimpfte ZFA darf Zahnarztpraxis nicht betreten

    Bild: © Ralf - stock.adobe.com

    | Der Eilantrag einer ungeimpften ZFA gegen das Verbot, die Zahnarztpraxis zu betreten, in der sie angestellt ist, wurde vom Verwaltungsgericht (VG) Neustadt/Wstr. mit Beschluss vom 20.07.2022 abgelehnt (Az. 5 L 585/22.NW). |

    Sachverhalt

    Die ZFA, die den Eilantrag gestellt hatte, ist in einer zahnärztlichen Praxis im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsamts der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße beschäftigt. Mit Bescheid vom 30.06.2022 untersagte ihr das Gesundheitsamt, die dem Betrieb der Praxis dienenden Räume zu betreten und drohte ihr zur Durchsetzung des Betretungsverbots ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro an. Die ZFA erhob dagegen Widerspruch und suchte zugleich um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach.

     

    Im Laufe des Gerichtsverfahrens teilte sie mit, dass bei ihr zwischenzeitlich das Coronavirus nachgewiesen wurde. Am 19.07.2022 unterzog sie sich einem PCR-Test. Daraufhin konkretisierte der Landkreis Südliche Weinstraße den Bescheid vom 30.06.2022 dahingehend, dass das Betretungsverbot bis zum Außerkrafttreten der Vorschrift des § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) gilt. Danach kann das Gesundheitsamt einer Person, die u. a. trotz der Anforderung nach Satz 1 („Folgende Personen müssen ab dem 15. März 2022 über einen Impf- oder Genesenennachweis [...] verfügen.“) keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlege, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtung (u. a. sind hier Zahnarztpraxen genannt) dienenden Räume betrete oder in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig werde (§ 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG).

    Entscheidung

    Das VG lehnte den Eilantrag ab. Zum maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Betretungsverbots das Suspensivinteresse der Antragstellerin. Das Bundesverfassungsgericht habe die genannte Vorschrift im April 2022 als verfassungsgemäß angesehen. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe sich erst Anfang Juli 2022 nach einer von ihm durchgeführten umfangreichen Sachverständigenanhörung der Bewertung des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen, dass die Impfung gegenüber der nunmehr vorherrschenden Omikron-Variante nach wie vor eine noch relevante Schutzwirkung im Sinne einer Verringerung der Infektion und Transmission bewirke. Für die Kammer sei daher nicht erkennbar, dass die Impfwirksamkeit inzwischen so sehr reduziert wäre, dass die Verwirklichung des mit § 20a IfSG verfolgten Zwecks des Schutzes vulnerabler Menschen nur noch in einem derart geringen Maße gefördert würde, dass im Rahmen der Abwägung den widerstreitenden Interessen der von der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht Betroffenen von Verfassungs wegen der Vorrang gebühren müsste.

     

    Das Betretungsverbot vom 30. Juni 2022 in der konkretisierten Fassung vom 20. Juli 2022 sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen zum infektionsschutzrechtlichen Einschreiten lägen auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin vor. Eine Erledigung der Verfügung sei nicht dadurch eingetreten, dass sich die Antragstellerin zwischenzeitlich eine Virusinfektion zugezogen habe.

     

    Die Antragstellerin unterfalle dem Anwendungsbereich des § 20a Abs. 1IfSG, da sie in einer Zahnarztpraxis tätig sei. Zwar sei die Antragstellerin nach eigenen Angaben mittlerweile mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert, weshalb sie einen Anspruch auf Ausstellung eines Genesenennachweises habe. Dieser bestätige den Immunschutz 28 Tage nach der Feststellung der Infektion mit SARS-CoV-2 und habe eine Gültigkeitsdauer von 90 Tagen. Mit der Angabe von 28 Tagen solle sichergestellt werden, dass mit dem Genesenenzertifikat auch ein ausreichender Immunschutz einhergehe. Das Betretungsverbot gelte daher nicht ab dem 29. Tag nach der Testung bis zum Ablauf der Gültigkeit des genannten Zertifikats.

     

    Die Vorschrift des § 20a Abs. 1 Satz 2 IfSG, wonach Satz 1 nicht für Personen gilt, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können, greife nicht zugunsten der Antragstellerin ein. Zwar habe sich die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren auf mehrere medizinische Gründe berufen, die gegen eine Impfung sprächen. Die von ihr genannten Leiden könnten hier aber schon deshalb keine Berücksichtigung finden, weil die Antragstellerin nicht, wie dies § 20a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 IfSG verlange, ein ärztliches Attest vorgelegt habe, aus dem sich der Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Krankheiten und dem Bestehen einer medizinischen Kontraindikation ergebe.

     

    Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners sei auch im Übrigen frei von Ermessensfehlern. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung im Rahmen der Bewertung der Gesamtsituation ohne Rechtsfehler die konkrete Tätigkeit der Antragstellerin in seine Überlegungen eingestellt und erwogen, ob mildere Mittel wie das Tragen von Schutzmasken in Betracht kämen. Dies habe er aber verneint. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das der Antragstellerin gegenüber verhängte Betretungsverbot zu einer Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit führe, seien nicht ersichtlich. Denn die Arbeitgeberin der Antragstellerin habe hiervon nicht berichtet.

     

    Quelle: Justiz Rheinland-Pfalz

    Quelle: ID 48490016