· Fachbeitrag · Diskussion
Humane Papillomaviren (HPV) und Karzinome in Mundhöhle, Nase und Rachen
| Plattenepithelkarzinome im Kopf-Hals-Bereich sind weltweit die sechsthäufigste Krebserkrankung. Dabei steigt in vielen Ländern vor allem die Prävalenz HPV-bedingter oropharyngealer Plattenepithelkarzinome seit Jahren an. Für Deutschland fehlen hier umfassende Prävalenzraten und Entwicklungstrends. Die deshalb initiierte systematische Literaturrecherche der Universitäten Gießen, Köln und der Charité Berlin deutet auch hierzulande auf einen Anstieg [1]. Bei der Entstehung von Mundkrebs hingegen können Experten der S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Mundhöhlenkarzinoms“ die Rolle von HPV-Viren noch nicht klar einordnen [3]. |
Deutschland: Plattenepithelkarzinom-Fälle mit HPV-Nachweis steigen
Zu den zentralen Risikofaktoren für die Entstehung von Oropharynxkarzinomen zählen hoher Alkohol- und Tabakkonsum. In den letzten Jahrzehnten veränderten sich jedoch Risikofaktoren und Inzidenzen: Vor allem scheint der vielerorts beobachtete Anstieg von Fallzahlen in einem kausalen Zusammenhang mit HPV (v. a. HPV16) zu stehen. Auf diesen Trend deuten auch die Forschungen der Universitäten Gießen, Köln und Berlin. Sie werteten Daten von 1.819 Patienten mit oropharyngealem Plattenepithelkarzinom (Zeitraum: 1988‒2015) aus. Die Prävalenz HPV-bedingter Oropharynxkarzinome variierte zwischen den Studien stark und reichte von 11,5 Prozent (1988‒2008) bis 55 Prozent (2004‒2009). Dabei stachen zwei Studien heraus, die einzelne Jahre näher betrachteten, was eine genauere Bewertung von Veränderungen zulässt. Dort stieg die Prävalenz HPV-bedingter Oropharynxkarzinome von 21 Prozent im Jahr 2000 auf 53 Prozent im Jahr 2015 bzw. von 38 Prozent in 2004 auf 71 Prozent im Jahr 2013. [1] Auch die Experten der S3-Leitlinie „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ sehen HPV-Viren ursächlich bei der Entstehung von Karzinomen im Mund- und Rachenbereich beteiligt, wobei Zungengrund- und Tonsillenkarzinome über 50 Prozent HR-HPV-positiv sind [2].
Sind nachweisbare HPV-Viren auch aktive Krebstreiber?
Ob nachweisbare HPV-Viren auch aktive Krebstreiber sind, fragten sich Experten der S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Mundhöhlenkarzinoms“, die sich u. a. auch mit der Rolle von HPV bei der Krebsentstehung in der Mundhöhle beschäftigten. Sie schätzen die Prävalenz lediglich bei 5 Prozent ein, mahnen aber, dass kombinierte HPV-Nachweismethoden (z. B. DNA-Nachweis kombiniert mit RNA-Nachweis oder p16-Immunhistochemie) erforderlich seien, um genaue Prävalenzen bestimmen zu können. Weniger genaue Tests wiesen das Virus zwar oft bei Betroffenen nach, unsicher bleibe aber, ob es auch aktiv zur Krebsentstehung beitrug. Deshalb sieht die aktuelle Version aus 2021 auch keine routinemäßige HPV-Diagnostik bei Patienten mit Mundhöhlenkarzinom vor, da zusammenfassend keine ausreichende Evidenz existiere [3].
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