· Fachbeitrag · Trendbericht
Polyvalente Metall-Kationen und Biopolymere zur Prävention und Therapie von Erosionen
von Prof. Dr. Carolina Ganss, Oberärztin der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und Präventive Zahnheilkunde an der Universität Gießen
| Im Gegensatz zu Karies, deren Läsionskörper unterhalb der nahezu intakten Oberfläche eine remineralisierbare Struktur darstellt, sind Erosionen eher Oberflächenphänomene, die eine ganz andere Intervention erfordern. Nicht nur anorganische Fluorid-Verbindungen, sondern auch organische Moleküle können eine gewisse Schutzwirkung am Zahnschmelz entfalten. Beide Ansätze stellen deshalb ein vielversprechendes Versorgungskonzept für Patienten mit Erosionen dar und öffnen neue Forschungsperspektiven. |
Herausforderung Erosionen
Erosionen stellen aufgrund ihrer komplexen Ätiologie und speziellen Histologie eine besondere Herausforderung für präventive und therapeutische Strategien dar. Sie entstehen aufgrund frequenter Einwirkung verschiedenster Säuren aus Nahrungsmitteln und Getränken oder dem Mageninhalt auf plaquefreie Zahnhartsubstanzen. Dabei kommt es zu kurzzeitigen relativ tiefen pH-Wertabfällen an der Grenzfläche von Zahnhartsubstanz und Umgebungsflüssigkeit, die bei Untersättigung in Bezug auf Zahnmineral zu einer schichtweisen Demineraliserung führen können.
Neben Sättigungsphänomenen, Säureart und pH-Wert spielen außerdem hydrodynamische Effekte und physikalische Einwirkungen eine Rolle. Ultrastrukturell gleichen Schmelzerosionen den bekannten Ätzmustern mit teilweise demineralisierter Prismenstruktur, bei erodiertem Dentin findet sich zumindest bei experimentellen Erosionen entmineralisierte organische Matrix auf der Oberfläche. Im Gegensatz zu Karies, deren Läsionskörper unterhalb der nahezu intakten Oberfläche eine remineralisierbare Struktur darstellt, sind Erosionen eher Oberflächenphänomene, die eine ganz andere Intervention erfordern.
Behandlungsansätze
Kausale Behandlungsansätze zur Reduktion der Säureeinwirkungen stehen bei diesem Erkrankungsbild zunächst im Vordergrund. Unterstützend, in manchen Fällen auch als alleinige Maßnahme, sind symptomatische Strategien, die Säureresistenz der Zahnhartsubstanzen durch protektive, möglichst säurestabile Beschichtungen zu verbessern.
Monovalente Fluoridverbindungen wie NaF sind hier weniger geeignet, da die resultierenden CaF2-ähnlichen Präzipitate relativ gut löslich sind. Entsprechend hat sich gezeigt, dass die Effektivität solcher Fluoridverbindungen begrenzt ist. Aufgrund dieser Befunde werden gegenwärtig neue Behandlungsansätze gesucht.
Polyvalente Fluoridverbindungen wie TiF4 und SnF2 sowie Wirkstoffkombinationen von monovalenten Fluoridverbindungen ‒ zum Beispiel Aminfluorid ‒ it SnCl2 haben vielversprechende Effekte gezeigt. Der Wirkungsmechanismus besteht in der Ausbildung von schwer löslichen titan- oder zinnreichen Präzipitaten auf der Zahnoberfläche, das Zinn-Ion kann außerdem in die Zahnhartsubstanzen aufgenommen werden.
Neben anorganischen Verbindungen können organische Moleküle eine gewisse Schutzwirkung entfalten. Entsprechende Substanzen sind als Zusätze erosiver Lösungen oder als Bestandteile von Spüllösungen oder Zahnpasten untersucht worden. Erste Studien zeigen, dass Polyphosphate, Caseine, Muzine oder das Biopolymer Chitosan protektive Effekte haben können. Dabei wird vermutet, dass diese Substanzen entweder an die Zahnhartsubstanzen adsorbieren oder mit dem Pellikel interagieren können. Beide Ansätze stellen ein vielversprechendes Versorgungskonzept für Patienten mit Erosionen dar und öffnen neue Forschungsperspektiven.
Quelle
- Vortrag auf dem Kongress „50 Jahre Aminfluoride“. Basel, 19. April 2013