· Fachbeitrag · Trendbericht
Keramikummantelte Titan-Zahnimplantate: Vorzüge beider Materialien vereint
| Titan-Ionen können im Gewebe möglicherweise zu einer erhöhten Rate entzündlicher Prozesse führen - auch wenn derartige Unverträglichkeitsreaktionen äußerst selten vorkommen. Eine zukunftsweisende Innovation ist die Veredelung der Titanimplantate mit keramischen Spezialbeschichtungen. Auf dem 67. Jahreskongress der DGMKG wurde ein Keramik-ummanteltes Zahnimplantat vorgestellt, das die biomechanischen und die biokompatiblen Vorzüge von Keramik und Titan vereint. |
Seltene Unverträglichkeitsreaktionen bei Titanimplantaten
Bisher haben sich Zahnimplantate aus Titan und seit einigen Jahren zunehmend auch aus Keramik im Praxisalltag bewährt. Trotz einer sehr guten Erfolgsquote weisen in erster Linie die reinen Keramikimplantate Schwächen auf, da sie mitunter bruchgefährdet sind. Bei den etablierten Titanimplantaten sind (seltene) Unverträglichkeitsreaktionen möglich.
Titanimplantate sind nach wie vor der Goldstandard und haben sich seit Jahrzehnten bestens bewährt. Dennoch kommt es in seltenen Fällen zu Unverträglichkeitsreaktionen, die u. a. durch Titankontamination im Gewebe verursacht sein können. Klinischen und experimentellen Studien zufolge kann diese mögliche Anreicherung mit Titan-Ionen im Gewebe bereits beim Einbringen der Implantate oder später während der Belastungsphase entstehen. Leiden Patienten bereits an Periimplantitis, einer Entzündung des Implantatbetts, so begünstigt das die Ionenfreisetzung.
Studien lassen den Schluss zu, dass bereits bei physiologischem ph-Wert eine geringe Korrosion und damit eine Ionenabgabe des Titans vorliegt, die sich im sauren Milieu (z. B. bei Periimplantitis) erheblich verstärkt. Immuno-histochemische Untersuchungen legen nahe, dass Titan-Ionen im Gewebe eventuell zu einer erhöhten Rate entzündlicher Prozesse führen könnten.
Keramikmantel schützt vor Korrosion
Die Beschichtung (Coating) mit Keramik erlaubt es, Titanimplantate mit einer hauchdünnen - nur 2 bis 5 µm starken - Schicht aus Zirkonoxid oder Nioboxid zu versehen. Studienergebnisse des Implantologen Prof. Dr. Hans-Joachim Nickenig, M. Sc. (Universität zu Köln) zeigen, dass durch das Keramik-Coating ein verlässlicher Schutz gegen mechanischen Abrieb und Korrosion vorliegt.
Bei der Keramikummantelung handelt es sich um eine hochfeste Hoch-Vakuum-Beschichtung (PVD), bei der es zu einer Einbettung der Keramik-Ionen in die Titanoberfläche kommt, sodass ein verschleißfester Korrosionsschutz gewährleistet ist. Dieses Verfahren wird bereits seit vielen Jahren in anderen medizinischen Technologiebereichen (z. B. Hüft- oder Endoprothetik, Gefäßchirurgie, Wirbelsäulenimplantologie) mittels Cerid® (Fa. Impreglon) erfolgreich angewandt. Die Kölner Wissenschaftler konnten nachweisen, dass es zu einer direkten Verbindung zwischen dem Keramik-Coating-Material (Cerid®) und Gingiva-Epithelzellen kommt - vergleichbar mit der Anheftung der Zellen an den natürlichen Zahn.
Stabil und biokompatibel - für jedes System
Im Grunde können alle bewährten Titan-Implantatsysteme mit Keramik-mantel versehen werden. Somit bleibt die biomechanische Überlegenheit des Titanimplantats erhalten. Zweiteilige Implantate können ohne Einschränkung verwendet werden. Es gelten dieselben Indikationsbereiche wie beim herkömmlichen Titanimplantat. Alles bleibt wie gehabt beim Goldstandard „Titanimplantat“, das lediglich durch eine hauchdünne Spezialbeschichtung „veredelt“ wird und damit die Vorteile der unterschiedlichen Materialien vereint. Durch nanoskaliertes Keramik-Coating in einer Schichtstärke von 2 bis 3 µm ist es möglich, die Oberflächenmorphologie bewährter Titanoberflächen weitestgehend beizubehalten bzw. nachzuvollziehen. [1]
PRAXISHINWEIS | Titan als Implantatmaterial gilt nach wie vor als der Goldstandard. Unverträglichkeitsreaktionen sind selten. Keramik-Coating erlaubt die Kombination biokompatibler Vorzüge der Keramik mit den biomechanischen Eigenschaften des Titans. Ein verschleißfester, biokompatibler Korrosionsschutz des Titans ist im Rahmen der Prävention von Periimplantitis naheliegend. Aufgrund der geringeren Gewebereaktion erscheint dieses Verfahren in Hinblick auf eine Verwendung im abwehrgeschwächten Organismus vielversprechend. |
Keramikbeschichtung auch bei Scanbodies
In der Implantologie erlauben Dentalscanner mittels Laboranalogen und Scankörpern die präzise digitale Planung von Implantaten, komplexen Brücken und Stegkonstruktion. Bei immer höheren Auflösungen stoßen Scankörper jedoch zunehmend an ihre Grenzen: Kunststoff-Scankörpern fehlt oft die notwendige Maßgenauigkeit und Formtreue, während metallische Scankörper aus Titan ausreichend genau gefertigt werden können. Allerdings verfälschen sie durch Reflexionen des Messstrahls das Ergebnis.
Eine durch plasmaelektrolytische Oxidation (PEO) erzeugte Keramik aus Titandioxid verspricht dieses Problem zu lösen, berichten Hamburger Wissenschaftler: Es konnte eine geschlossene Keramik generiert werden, die minimale Schichtdickenabweichungen aufwies. Die Schicht ist leicht zu reinigen und sterilisierbar. PEO-beschichtete Scankörper wiesen ein vollständigeres Messergebnis an Prüfkörpern auf, die Scangeschwindigkeit wurde verbessert. [2]
Quellen
- [1] Fachpressekonferenz der DGMKG
- [2] Smeets R et al. Minimierung der Strahlreflektion von Scanbodies in der Implantologie mittels neuartiger Oberflächenbeschichtung: eine In-vitro-Studie. 67. Kongress der DGMKG, Köln/Bonn, 21.-24.06.2017.