· Fachbeitrag · Trendbericht
Parodontologie: Zunehmend wichtiger als Kariestherapie
| Die Parodontologie ist die zahnärztliche Disziplin der Zukunft, meint Prof. Anton Sculean, Universität Bern: Die Altersstruktur unserer Gesellschaft ändert sich dramatisch. In naher Zukunft werden 70-, 80-jährige und noch ältere Menschen ‒ mehrheitlich noch voll- oder teilbezahnt ‒ einen immer größeren Teil der Patienten in Praxen und Kliniken stellen. |
Die Erkenntnis, dass die Hauptursache dieser Erkrankungen der bakterielle Biofilm ist und als Störung der Balance zwischen der mikrobiellen Herausforderung von Oralpathogenen und den Abwehrmechanismen eines Individuums verstanden wird, führte zur Entwicklung von präventiv basierten Therapiekonzepten und zu einer deutlichen Verbesserung der Qualität zahnärztlicher Behandlungen. Der hauptätiologische Faktor der chronischen Parodontitis ist der bakterielle Biofilm ‒ primäres Ziel ist daher die Entfernung der supra- und subgingivalen Konkremente und die Zerstörung des bakteriellen Biofilms.
Daten aus kontrollierten klinischen Studien zeigten vergleichbare Ergebnisse nach der Anwendung von Er-YAG Laser, Hand- und Ultraschallinstrumenten in der nicht-chirurgischen und chirurgischen Parodontaltherapie. Die zusätzliche Anwendung von anderen Lasertechnologien, wie zum Beispiel der photodynamischen Therapie, kann im Rahmen der nicht-chirurgischen Parodontaltherapie zu einer weiteren Reduktion der Entzündung führen und möglicherweise als Ersatz für die lokale Behandlung mit Antibiotika infrage kommen.
Die wissenschaftliche Evidenz zeigt eindeutig, dass mit einer konsequent durchgeführten Parodontaltherapie und Erhaltungsphase der langfristige Erhalt von parodontal erkrankten Zähnen möglich ist, sogar über einen Zeitraum von 30 Jahren. Selbst Zähne mit einem massiv zerstörten Parodont konnten mit verschiedenen regenerativen Maßnahmen erfolgreich therapiert und über mehr als 5 bis 10 Jahre stabil gehalten werden.
Langzeituntersuchungen zeigen auch, dass die Implantat-Therapie bei Parodontitis-Patienten mit einem höheren Risiko für die Entstehung von biologischen Komplikationen (Periimplantitis) assoziiert ist, wobei diese Komplikationen am häufigsten bei Patienten ohne eine adäquate Langzeitnachsorge auftreten. Nicht zu übersehen sind die immer stärkeren Assoziationen zwischen Parodontitis und verschiedenen chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Atherosklerose oder rheumatoide Arthritis. Neue Erkenntnisse liefern auch den Hinweis, dass orale Entzündungen ‒ beispielsweise die Parodontitis ‒ die Entstehung maligner Tumore in der Mundhöhle beeinflussen können.
Quelle
- Sculean A. Warum überhaupt Parodontologie? ParoKnowledge, Kitzbühel, 30. Mai bis 1. Juni 2013