· Fachbeitrag · Aus der Beratungspraxis
Ist Ihre Praxis fit für 2023?
| Das alte Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu und in vielen Praxen stehen Weihnachtsfeiern auf dem Programm. Aber auch die Planungen für das neue Jahr 2023 sind ein wichtiger Punkt für die Praxisinhaber. Heike Junge-Rappenberg besucht deutschlandweit das ganze Jahr über Arztpraxen, BAG und MVZ unterschiedlicher Fachrichtungen. Sie berät und schult zur EBM- und GOÄ-Abrechnung sowie zur Optimierung der Prozesse in den Praxen. Im Interview berichtet sie, welche Herausforderungen und Themen die Praxen derzeit beschäftigen und gibt Tipps für den Jahreswechsel. |
Frage: Welche Themenbereiche waren im Jahr 2022 besonders interessant für die Arztpraxen?
Antwort: In den Hausarztpraxen war das Thema Corona in 2022 immer noch sehr präsent. Die ständigen Neuerungen und Änderungen zu Impfungen, Testungen und natürlich auch die Möglichkeiten der telefonischen AU haben die Praxisteams besonders gefordert. Zudem hatten und haben viele Praxen selbst erkrankte MFA und/oder Ärzte, sodass die Personalplanung eine große Herausforderung war und ist.
Frage: Welche Abrechnungsthemen wurden besonders nachgefragt?
Antwort: Die Abrechnungsbestimmung rund um das Thema Corona waren sehr gefragt. Allerdings gab es auch viele Fragen und Unsicherheiten zum TSVG. Die Diskussionen zur Neupatientenregelung und deren Wegfall (siehe AAA 11/2022, Seite 2 ) zum 01.01.2023 haben viele Praxen verunsichert und nicht wenige haben sich erstmals genau mit dem Thema TSVG beschäftigt. Gerade in größeren fachärztlichen BAG und MVZ waren die Neupatientenregelung und die Regelungen zur offenen Sprechstunde immer noch unklar.
Frage: Gab es besondere Fragen zur GOÄ-Abrechnung oder Besonderheiten zum bevorstehenden Jahreswechsel?
Antwort: Da die GOÄ ja bereits einige Jahrzehnte alt ist, sollte man meinen, dass bereits alle Fragen dazu geklärt sind. Jedoch habe ich den Eindruck, dass einige Praxisteams sich gerade auch in 2022 mit der korrekten GOÄ-Abrechnung beschäftigt haben. In den Schulungen kamen häufig die Fragen nach den richtigen Faktoren und den Möglichkeiten der Steigerung mit der passenden Begründung. Die privaten Krankenversicherungen (PKV) prüfen die Rechnungen sehr genau und die Erstattung der Honorare wird durchaus des Öfteren abgelehnt oder nur zum Teil übernommen.
In vielen Praxen werden jetzt zum Jahresende alle Privatpatienten abgerechnet, auch diejenigen, die nur ein oder zwei Rezepte geholt haben. Da der Rechnungsbetrag damit unter zehn Euro Honorar liegt, wird es häufig so gehandhabt, dass diese Kleinbeträge nur einmal im Jahr berechnet werden.
Frage: Haben Sie einen Tipp für den Jahreswechsel und das kommende Jahr 2023 für die Praxen?
Antwort: Ein grundsätzlicher Tipp ist, sich mit dem Honorarbescheid auseinanderzusetzen. Die Unterlagen der KV sind umfangreich und sicher vielfach nicht ganz einfach zu verstehen. Aber in den Honorarunterlagen finden sich so viele wichtige Kennzahlen für die Praxis, da lohnt sich ein genauer Blick in die Unterlagen.
Um die Honorare für das kommende Jahr zu sichern, ist es wichtig, das Abrechnungs-Know-how in der Praxis zu sichern und zu festigen. Für die Hausarztpraxen gab es ab März 2022 z. B. die neue EBM-Nr. 01480 für eine Beratung zur Organspende, die in einigen Praxen durchaus noch Potenzial hat. Aber auch die „Chronikerziffern“ (EBM-Nrn. 03220 und 03221) sowie die „Gesprächsziffer“ (Nr. 03230) sind immer wieder Thema in meinen Beratungen.
Da Ärzte nach dem Patientenrechtegesetz auch eine wirtschaftliche Aufklärungspflicht haben, sollten zudem die Behandlungs- und IGeL-Verträge regelmäßig geprüft bzw. aktualisiert wird. Hinsichtlich der IGeL muss zwingend ein schriftlicher Vertrag vorliegen und die IGeL muss nach GOÄ berechnet werden.
Da es beim Materialeinkauf auch Kostensteigerungen gibt, sollte die Berechnung der Sachkosten auf dem Prüfstand stehen. Nicht nur das Porto bei der Post steigt in regelmäßigen Abständen, auch die Preise für Medikamente, Infusionsbesteck, Verbandsmaterialien usw. sind von Preissteigerungen betroffen.
Wenn die Praxis mit einer Privatärztlichen Verrechnungsstelle zusammenarbeitet, muss auch diese Einverständniserklärung des Patienten regelmäßig aktualisiert und unterschrieben werden.
Weiterführende Hinweise
- AAA-Sonderausgabe „Mehr Honorar durch Faktorsteigerung“ im AAA-Downloadbereich online unter iww.de/s7303
- Die Abrechnung der Chronikerpauschalen (AAA 08/2017, Seite 4)
- Die Chronikerpauschalen beim Hausarztwechsel - Der Teufel steckt im Detail (AAA 03/2014, Seite 4)
- Abrechnungshinweise zur EBM-Nr. 03230/04230 (AAA 06/2021, Seite 3)
- Neue Nr. 01480 für die Beratung zur Organspende (AAA 01/2022, Seite 6)
- Beratung über Organ- und Gewebespenden nach GOÄ liquidieren (AAA 07/2022, Seite 7)
- Zehn IGeL-Beispiele für Hausärzte (AAA 08/2022, Seite 5)
- AAA-Sonderausgabe „IGeL in der Arztpraxis“ im AAA-Downloadbereich online unter iww.de/s7307
- Die Berechnung von Auslagen in der GOÄ (AAA 05/2022, Seite 7)
- Orientierungswert 2023: Liste der wichtigsten Haus- und Kinderarztleistungen mit den Euro-Bewertungen ab dem 01.01.2023 online unter iww.de/s7052
- Interview mit Allgemeinarzt Dr. Nicolas Kahl: „An der Transparenz bei der Abrechnung kann sich entscheiden, ob ein Praxisnachfolger gefunden wird!“ (AAA 11/2022, Seite 17)