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  • · Fachbeitrag · GOÄ

    Häufige Analogbewertungen, die (fast) immer von Kostenträgern beanstandet werden

    von Ernst Diel, ehem. Leiter Grundsatzfragen PVS Büdingen

    | Analoge Bewertungen im Rahmen der GOÄ-Abrechnung sind zulässig, werden jedoch nicht immer sinnvoll angewandt. In der Praxis ergeben sich deshalb häufig Beanstandungen. Die meisten falschen Anwendungen von Analogbewertungen, die naturgemäß häufig beanstandet werden, finden sich im Bereich der Grundleistungen und allgemeinen Leistungen (Abschnitt B) der GOÄ, die in allen Fachgebieten angewendet werden. Mit den folgenden Beispielen aus der Praxis wird die Problematik näher betrachtet. |

    Nr. 4 GOÄ für die Beurteilung von Fremdbefunden?

    Nr. 4 GOÄ analog wird immer wieder für eine „Ausführliche Betrachtung, Befundung von zahlreichen Fremdbefunden“ angesetzt. Die originale Leistungslegende lautet: Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) - im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken.

     

    Es ist klar, dass die Befundung von z. B. Röntgenaufnahmen oder Laborbefunden Aufwand verursacht, jedoch ist die Beurteilung von Röntgenaufnahmen (auch Fremdaufnahmen) gemäß Abschnitt O (Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin, Magnetresonanztomographie und Strahlentherapie) der GOÄ, Allgemeine Bestimmung Nr. 4 nicht als selbstständige Leistung berechnungsfähig. Entsprechendes gilt für die Beurteilung von Laborbefunden gemäß Abschnitt M der GOÄ, Allgemeine Bestimmung Nr. 1. Die einzige Möglichkeit, hier einen zeitlichen Mehraufwand zu kompensieren, liegt ggf. in der Anwendung eines höheren Steigerungssatzes bei den Beratungsleistungen.

    Nrn. 804, 806 oder 849 für Gespräche und Erörterungen?

    Die Nrn. 804, 806 oder 849 analog für „Beratungsgespräche“ oder „Therapieerörterungen“ anzusetzen, erfreut sich wiederkehrender Beliebtheit. Auch hier gilt der Grundsatz, dass Beratungsleistungen, die im Abschnitt B der GOÄ enthalten sind, nicht durch einen Abgriff auf psychiatrische oder psychotherapeutische Leistungsziffern des Abschnitts G (Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie) GOÄ ersetzt werden können.

     

    Besondere Umstände der Ausführung sind auch hier nur über den Steigerungsfaktor erfassbar. Eine Anwendung der Ziffern für „länger dauernde Gespräche/Therapieerörterungen“ als Analogleistung ist deshalb nicht sachgerecht, auch wenn die durchgeführte Beratungsleistung im Einzelfall erheblich den durchschnittlichen Aufwand übersteigt. Leider wird auch in „Abrechnungsseminaren“ vereinzelt die Abrechnung der Nrn. 804, 806 oder 849 GOÄ „analog“ empfohlen, wobei oft noch der „Vorteil“ betont wird, dass diese im Gegensatz zu Beratungsleitungen keine abrechnungstechnischen Ausschlüsse und Limitierungen im Behandlungsfall beinhalten, sodass hier die Mehrfachabrechnung innerhalb eines Behandlungsfalls auch in Kombination mit anderen Leistungen möglich sei ‒ dies ist nicht korrekt!

     

    MERKE | Werden Leistungspositionen nach 800er-Nummern der GOÄ bei entsprechender Diagnose, fachgerechter und vollständiger Leistungslegende erbracht, so sind diese zwar von Ärzten aller Fachrichtungen berechnungsfähig. Dann muss aber eben auch tatsächlich die „800er Leistung“ erbracht worden sein und nicht, wie oben angeführt, eine beliebige Beratungsleistung.

     

    Nrn. 30 bzw. 31 für ausführliche Anamnesen?

    Nr. 30 bzw. 31 GOÄ analog wird gerne für eine „ausführliche Erstanamnese“ oder eine „ausführliche Folgeanamnese“ verwendet, oft versehen mit dem jeweiligen Fachgebiet z. B. „ausführliche internistische Erstanamnese“. Die Original-Leistungslegenden beinhalten die Erhebung der homöopathischen Erstanamnese mit einer Mindestdauer von einer Stunde bzw. die Homöopathische Folgeanamnese mit einer Mindestdauer von 30 Minuten.

     

    Die einzige Möglichkeit, solch ausführliche Anamneseerhebungen GOÄ-regelkonform abzurechnen, besteht stets im Ansatz der Nrn. 1, 3 oder 34 GOÄ. Eine Analogbewertung nach den Nrn. 30 bzw. 31 GOÄ ist ‒ auch nach diversen Aussagen von Ärztekammern ‒ lediglich im Rahmen der Erhebung einer Schmerzanalyse möglich und zulässig ‒ lesen Sie hierzu auch AAA 07/2015, Seite 14. Ihr Ansatz scheidet insofern auch bei Reiseanamnesen aus, wie wir in AAA 06/2018, Seite 2 ausgeführt haben (Leserforum „Reisemedizinische Erstanamnese mit Nr. 30 GOÄ analog?“).

     

    Was also auch hier als einzige Möglichkeit bleibt, ist die Überschreitung des nach § 5 GOÄ vorgegebenen Gebührenrahmens mit Begründung oder ‒ in besonders gelagerten Einzelfällen ‒ durch den Abschluss einer Honorarvereinbarung nach den in § 2 GOÄ vorgegebenen Regeln. Lesen Sie hierzu ausführlich die Sonderausgabe „Mehr Honorar durch Faktorsteigerung“ unter iww.de/aaa > Abruf-Nr. 48068711.

     

    FAZIT | Allen im Beitrag genannten Leistungen ist gemeinsam, dass sie eigentlich Beratungsleistungen darstellen, die in unterschiedlicher Darstellung im Gebührenverzeichnis vorhanden sind und deshalb nicht analog berechnet werden können. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich Analogbewertungen der vorstehend genannten Art bereits seit Inkrafttreten der GOÄ von 1983 als vermeintliche „Abrechnungstipps“ hartnäckig halten, obwohl sie nach einschlägigen Erfahrungen nicht von Erfolg gekrönt sind. Begrifflich umfassend schließt eine Beratungsleistung unterschiedliche Teilleistungen ein u. a.:

     

    • Anhören von Beschwerden der Patienten bzw. gezielte Nachfrage
    • Erhebung der Krankheitsvorgeschichte (Anamneseerhebung!), soweit nicht hierfür berechnungsfähige fachbezogene Leistungen gesondert ausgewiesen sind (z. B. Nrn. 30, 31, 807, 860),
    • Erteilung von Auskünften (Aufklärung, Information, Belehrung etc.),
    • Besprechung von Verhaltensmaßnahmen
    • Beantwortung von spezifischen Fragen des Patienten
    • Erläuterung der beabsichtigten diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen
    • Ausstellung von Verordnungen oder Überweisungen im Zusammenhang mit einer Beratung
     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2023 | Seite 10 | ID 49199497