· Fachbeitrag · GOÄ-Themen im Fokus
Chirotherapeutische Leistungen gemäß GOÄ korrekt abrechnen
von Ernst Diel, ehem. Leiter Grundsatzfragen PVS Büdingen
| Immer wieder erreichen uns Anfragen zur Privatliquidation chirotherapeutischer Leistungen. Im Fokus der Übernahmeprobleme steht bei der Chirotherapie meist die Frage der Nebeneinanderberechnung von Nr. 3305 GOÄ (Chiropraktische Wirbelsäulenmobilisierung) und der Nr. 3306 GOÄ (Chirotherapeutischer Eingriff an der Wirbelsäule). Ein weiterer wiederkehrender Streitpunkt ist die Mehrfachabrechnung der Nr. 3306 GOÄ in einer Sitzung. |
Nr. 3305 neben Nr. 3306 GOÄ: Geht das?
Zunächst ist ‒ wie so oft ‒ der Blick in den Wortlaut der Leistungslegenden der beiden GOÄ-Positionen hilfreich.
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GOÄ-Position | Leistung | Punkte | Euro/ 2,3-fach |
3305 | Chiropraktische Wirbelsäulenmobilisierung | 37 | 4,96 |
3306 | Chirotherapeutischer Eingriff an der Wirbelsäule | 148 | 19,84 |
In allen bekannten GOÄ-Kommentierungen zum ärztlichen Gebührenrecht wird davon ausgegangen, dass Nr. 3305 GOÄ nicht neben 3306 GOÄ berechnungsfähig ist. Die Begründung dafür ergibt aus § 4 Abs. 2a GOÄ:
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„Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet.“ |
Im Fall einer Nebeneinanderberechnung der beiden genannten Chirotherapie-Positionen ist davon auszugehen, dass Nr. 3305 GOÄ von der höherwertigen Nr. 3306 GOÄ in der Art subsumiert wird, dass der chirotherapeutische Eingriff an der Wirbelsäule die Wirbelsäulenmobilisierung beinhaltet. Somit wäre dann die Leistung nach Nr. 3305 GOÄ Bestandteil der Nr. 3306 GOÄ, was den Ausschluss der Nebeneinanderberechnung begründet.
Mehrfachberechnung der Nr. 3306 GOÄ: Geht das?
In der Vergangenheit gab es immer wieder „Abrechnungsempfehlungen“, die eine Mehrfachabrechnung der Nr. 3306 GOÄ propagierten. Diese Abrechnungsweise hat sich jedoch als nicht durchsetzbar erwiesen, zumal die von den Befürwortern vorgebrachte Argumentation der Unterteilung und Abrechnung je Segment oder Abschnitt im Widerspruch zur Leistungslegende steht, nach der die Wirbelsäule im gebührenrechtlichen Sinne als ein Organ zu sehen ist.
Leistungspositionen, die die Mehrfachabrechnung einer Leistung an der Wirbelsäule zulassen, beinhalten dies bereits innerhalb der Leistungslegende, z. B. bei
- Nr. 301 GOÄ („Punktion eines Ellenbogens, Knies oder Wirbelgelenks),
- Nr. 2283 GOÄ („Operative Behandlung des Bandscheibenvorfalls in zwei oder drei Segmenten, ein- oder beidseitig“) oder
- Nr. 2285 GOÄ („Operative Versteifung eines Wirbelsäulenabschnittes“)
Eine Unterteilung und Abrechnung nach Segmenten oder Abschnitten ist somit hier, also im Bereich der Nr. 3306 GOÄ, nicht möglich. Die Mehrfachabrechnung wird deshalb oft beanstandet. Der zeitliche Mehraufwand bei Behandlung mehrerer Segmente kann jedoch zumindest über einen erhöhten Steigerungsfaktor Berücksichtigung finden.
Allerdings hat die Bundesärztekammer (BÄK) seit Langem eine Analogabrechnungsempfehlung in Form der Nr. 3306 A GOÄ veröffentlicht.
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„Chirotherapeutischer Eingriff an einem oder mehreren Extremitätengelenken, je Sitzung analog Nr. 3306.“ |
Diese Leistung ist auch neben der originären Nr. 3306 GOÄ in der gleichen Sitzung ansatzfähig. Allerdings sind mit dieser BÄK-Empfehlung auch „alle Extremitätengelenke“ umfasst. Diese Analogposition kann also ebenfalls nicht je Extremität angesetzt werden.
Des Weiteren ist es nicht möglich, für die Behandlung der Ileosakralgelenke gesondert Nr. 3306 A GOÄ zu berechnen, da diese als sogenannte Achsengelenke der Wirbelsäule zu eben dieser zählen. Auch in diesem Fall kann der erhöhte zeitliche Aufwand über einen erhöhten Steigerungsfaktor Berücksichtigung finden.
Schließlich kann auch für die kraniosakrale Therapie die Nr. 3306 A GOÄ zum Ansatz kommen. Die Kommentierung nach Hoffmann et al. (Kohlhammer Verlag) ordnet die kraniosakrale Therapie und die Atlastherapie nach Arlen dem analogen Ansatz der Nr. 3306 GOÄ zu. Diese Leistung kann auch ggf. neben der Wirbelsäulenmobilisierung nach Nr. 3306 angesetzt werden.
Weiterführende Hinweise
- Häufige Analogbewertungen, die (fast) immer von Kostenträgern beanstandet werden (AAA 03/2023, Seite 10)
- So funktioniert die korrekte Analogabrechnung bei Privatpatienten (AAA 11/2019, Seite 8)
- Analogabrechnung: Abrechnungsempfehlung der BÄK kann ungeprüft übernommen werden (AAA 12/2017, Seite 10)
- Sonderausgabe „30 Jahre AAA! 30 Top-Beiträge zur GOÄ“, online unter iww.de/s11171