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  • · Fachbeitrag · Privatliquidation

    Die Minus-Liste BEMA/GOZ ‒ Belastung oder Chance für die Zahnarztpraxis?

    von Birgit Brunn, ZMV und Praxismanagerin, Oldenburg

    | Wer BEMA-Positionen und deren einzelnen Honorare mit korrespondierenden GOZ-Positionen vergleicht, sieht ‒ überraschend oder nicht ‒ deutliche Unterschiede: Oft schneidet die Vergütung für eine BEMA-Leistung wesentlich besser ab als die korrespondierende Gebührenposition in der GOZ. Die „Minus-BEMA-GOZ-Listen“ oder ähnlich benannte Werke unterschiedlicher Herausgeber stellen schwarz auf weiß dar, wie sich teilweise hohe Differenzen entwickelt haben. Bei der Abrechnung von Privatleistungen müssen Zahnarztpraxen daher kreativ werden. |

    Einfache Preiserhöhung und Faktorsteigerung innerhalb des Gebührenrahmens genügen nicht

    Es zeigt sich, dass eine bloße Faktorsteigerung um das übliche uns anerzogene Höchstmaß auf den 3,5-fachen Satz keinen Ausgleich auf das BEMA-Niveau schafft. Wir merken, dass wir schon beim Verwenden der Standard-Positionen wie die Nr. 0010 GOZ gefordert sind.

     

    • Beispiel: Untersuchungsleistungen
    BEMA-Nr. 01
    Nr. 0010 GOZ

    Leistungsbeschreibung

    Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich Beratung

    Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen einschließlich Erhebung des Parodontalbefundes sowie Aufzeichnung des Befundes

    Honorar

    • 22,21 Euro (= 18 Punkte x 1,2339; Punktwert Primärkassen Nordrhein KCH, Stand: 19.08.2024)
    • 12,94 Euro (2,3-fach)
    • 19,68 Euro (3,5-fach)
     

    Die Angleichung der Vergütung der GOZ-Ziffer auf das Niveau der entsprechenden BEMA-Position wäre hier erst beim 4-fachen (3,95-fachen) Satz erreicht. Wer dies regelmäßig ignoriert, erleidet empfindliche Honorarverluste. Im folgenden Beispiel wird die Nr. 0010 GOZ sechsmal täglich erbracht und innerhalb des Gebührenrahmens abgerechnet (2,3-fach und 3,5-fach). Selbst bei Abrechnung zum 3,5-fachen Satz ergeben sich noch deutliche Honorarverluste gegenüber der BEMA-Nr. 01 (22,21 Euro).

     

    • Verlust bei Abrechnung der Nr. 0010 GOZ innerhalb des Gebührenrahmens gegenüber BEMA-Nr 01
    Umsatz und Verlust ...
    BEMA-Nr. 01 (Euro)
    Nr. 0010 GOZ 2,3-fach (Euro)
    Nr. 0010 GOZ 3,5-fach (Euro)

    Umsatz

    Verlust

    Umsatz

    Verlust

    Umsatz

    Verlust

    ... pro Tag

    133,26

    0

    77,64

    - 55,62

    118,08

    - 15,18

    ... pro Woche (= 5 Tage)

    666,30

    0

    388,20

    -278,10

    590,40

    - 75,90

    ... pro Monat (= 4,3 Wochen)

    2.865,09

    0

    1.669,26

    -1.195,83

    2.538,72

    - 326,37

    ... pro Jahr (= 12 Monate)

    34.381,08

    0

    20.031,12

    - 14.349,96

    30.464,64

    - 3.916,44

     

    Und wir beschreiben hier nur die Spitze des Eisbergs. Die Listen sind bei diversen KZVen als Download verfügbar, viele Factoring-Unternehmen stellen sie zur Verfügung und wir lesen, dass es auch mal einen bis zu 5,xy-fachen Satz erfordert, um die Differenz zum BEMA auszugleichen.

     

    Wichtig | Beim Vergleichen der Untersuchungsgebühren beachten Sie bitte, dass die Untersuchung nach der GOZ-Nr. 0010 keine Beratung des Patienten enthält; diese kann je nach Umfang nach den GOÄ-Nrn. Ä1 bzw. Ä3 bzw. Ä34 zusätzlich berechnet werden.

    Sprechen Sie das Thema Honorarvereinbarung an!

    Als große Hürde für das künftige Handling erscheint uns wohl zuallererst die Kommunikation mit unseren Privatpatienten. Mit dem Hintergrund, dass sich in den letzten Jahren ein gefühlt explosionsartiger Anstieg der Erstattungsablehnungen entwickelt hat. Wir müssen also reden ‒ mit unseren Privatpatienten! Aber nicht diskutieren und uns schon gar nicht rechtfertigen, denn überall sind alle Kosten gestiegen. Viele Versicherungsverträge, das zeigt die Praxis, verweigern eine entsprechende Übernahme der Kosten, wenn über dem 3,5-fachen Faktor fakturiert wird.

     

    Hier wird die Notwendigkeit einer Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 1 GOZ konkret. Nun nicht mehr in Ausnahmefällen, sondern generell und vor allem regelmäßig ‒ auch nicht abschließend auf einzelne Positionen begrenzt.

     

    PRAXISTIPPS |

    • Weisen Sie in der Vereinbarung zusätzlich darauf hin, dass Sie die Verträge zwischen Patient und Versicherern nicht berücksichtigen.
    • Nutzen Sie für die Gestaltung der Hononarvereinbarung die Vorlagen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (vgl. Website der KZBV online unter iww.de/s7320).
    • Ihre Zahnärztekammern stehen auch mit Argumentationshilfen zur Seite (die GOZ-Ziffern sind zwar von 2012, die grundsätzlichen Preise jedoch von 1988!).
    • Weitere Informationen finden Sie in der AAZ-Sonderausgabe „Mehrkostenvereinbarung und Privatvereinbarung“ (Abruf-Nr. 49756855).
     

    Passen Sie die Steigerungsfaktoren in der PVS regelmäßig an!

    Außerdem sollten wir in unserer Praxisverwaltungssoftware (PVS) die für uns errechneten Faktorerhöhungen als Standardgrenze eintragen. Des Weiteren sollte pro Behandlungsfall der Faktor eingesetzt werden, der jeweils ermessen wird.

     

    Die Honorarvereinbarung für das Überschreiten des 3,5-fachen Faktors ist nicht an besondere Gründe im Sinne des § 5 Abs. 2 GOZ gebunden. Wir haben auf der Rechnung keine Begründungspflicht, sollten aber natürlich für unsere Dokumentation eine Faktoranpassung begründen. Die Anpassung der Faktoren ist eine ressourcenfordernde Fleißarbeit. Sie ist aber unbedingt notwendig, um die Kalkulationsgrundlage einheitlich festzuhalten und um dann im Alltag umso sicherer und schneller bei Einträgen agieren zu können. Die Faktoren sollten jährlich angepasst werden, um diesen Arbeitsfluss aufrechterhalten und betriebswirtschaftlich arbeiten zu können.

     

    Wichtig | Die Überschreitung des 3,5-fachen Steigerungssatzes erfordert eine Begründung auf Verlangen des Zahlungspflichtigen, wenn der Vereinbarung Kriterien gem. § 5 Abs. 2 GOZ („Schwierigkeit, Zeitaufwand, Umstände“) zugrunde liegen.

    Hören Sie auf, bei Privatpatienten im BEMA zu denken!

    Als weiterer Punkt zur Überarbeitung ist anzuraten, sich ‒ erneut oder endlich einmal ‒ damit auseinanderzusetzen, dass man das BEMA-Denken niemals auf die GOZ übertragen sollte.

     

    • Beispiel: Untersuchung nach BEMA 01

    Die Leistung, die der BEMA-Nr. 01 (U) entspricht, kann in der GOZ mit der Nr. 0010 zzgl. Beratung abgerechnet werden: GOZ 0010 zzgl. Nr. Ä1 (GOÄ). Untersucht man nur symptombezogen, sind wir bei der Nr. Ä5 zzgl. Nr. Ä1. Untersucht man in ganzheitlicher Richtung darf auch gern mal die Nr. Ä6 zzgl. Nr. Ä1 angesetzt werden.

     

     

    • Beispiel: Aufbaufüllung

    Der Leistung nach BEMA-Nr. 13b/ZE entspräche der GOZ die Nr. 2180 zzgl. Nr. 2197 GOZ, wenn wir adhäsiv befestigen. Auch eine Analogabrechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ kommt hierfür infrage.

     

    Hinterlegen bzw. verknüpfen Sie diese „Ergänzungen“ unbedingt in den Ziffernkomplexen, damit Sie sie nicht vergessen. Sie müssen nicht zwangsläufig verwendet werden, aber sie mögen erinnern, dass man sie ansetzen könnte.

    Holen Sie sich Hilfe von außen!

    Auch hilfreich ist es, dass man sich die Expertise externer Abrechnungsexperten hinzuzieht ‒ als Projekt oder regelmäßige Unterstützung. Denn bei einer Umstrukturierung schauen diese auf den ganzen Prozess und optimieren die Abrechnung mit System. Der Blick von außen ist ein guter Blick, welchem man sich regelmäßig stellen sollte, um up to date zu sein und seine Vergütung auf einer guten, gesetzeskonformen Grundlage festgelegt zu haben. Auch die Entlastung durch Übernahme der erforderlichen Schritte für das Praxispersonal könnte erheblich sein.

     

    • Zusammenfassung: So passen Sie Ihre GOZ-Abrechnung optimal an
    • Legen Sie jedem Privatpatienten eine Honorarvereinbarung vor und lassen Sie sie vom Patienten unterschreiben.
    • Hinterlegen Sie die Grundsätze der Honoraranpassung in wenigen Sätzen als Standard (z. B. im QM-Handbuch). Sie dienen als Argumentationshilfe für alle Beschäftigten der Zahnarztpraxis, die mit Patienten arbeiten.
    • Pflegen Sie Faktoranpassungen konsequent in die EDV ein und überarbeiten Sie sie turnusmäßig (mindestens jährlich).
    • Überarbeiten Sie Ziffernkomplexe und Verknüpfungen kombinierbarer „Zusatz“-Positionen
     

    Weiterführender Hinweis

    • AAZ-Sonderausgabe: Mehrkostenvereinbarung und Privatvereinbarung. So schöpfen Sie Ihr Honorarpotenzial aus (Abruf-Nr. 49756855)
    Quelle: Ausgabe 12 / 2024 | Seite 3 | ID 50197626