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  • · Fachbeitrag · Endodontie

    Endo-Behandlung beim GKV-Patienten ‒ adhäsive Befestigung separat privat vereinbarungsfähig?

    von Dental-Betriebswirtin und ZMV Birgit Sayn, Leverkusen, sayn-rechenart.de

    | In der Endodontie wurden in den letzten 15 Jahren große Fortschritte erzielt. Neue Geräte, Materialien und Methoden tragen zu einer verbesserten Qualität der Therapie bei. Auch die gesetzliche Abrechnung hat sich diesbezüglich verändert. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob bestimmte Leistungen, die im Sachleistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht enthalten sind, bei der endodontischen Behandlung von GKV-Patienten separat abrechenbar sind ‒ z. B. die adhäsive Befestigung eines provisorischen Verschlusses oder einer Wurzelfüllung. |

    Sachleistungsprinzip und Selektivvertrag

    Endodontische Behandlungen werden in der GKV nach dem Sachleistungsprinzip abgerechnet. Mehrkostenvereinbarungen wie bei Füllungen sind unzulässig. Möglich ist jedoch z. B., dass nach § 140a (vormals § 73c) Sozialgesetzbuch (SGB) V Krankenkassen ihren Versicherten eine Versorgung durch Selektivverträge über die besondere ambulante ärztliche Versorgung anbieten.

    Nutzen der adhäsiven Befestigung temporärer Verschlüsse

    Während der gesamten endodontischen Therapie hat die Einhaltung eines strikten antimikrobiellen Konzepts oberste Priorität. Sind mehrere Behandlungssitzungen im Rahmen der endodontischen Therapie vorgesehen, kommt einem bakteriendichten Verschluss des Zahnes zwischen den einzelnen Behandlungssitzungen eine entscheidende Rolle zu. Nur ein absolut bakteriendichter koronaler Verschluss kann den erzielten Erfolg der Bakterienreduktion und die Wirksamkeit der medikamentösen Einlage zwischen den Behandlungssitzungen sicherstellen. Daher sollte im antibakteriellen Aufbereitungskonzept jeder Zahn zwischen einzelnen Behandlungssitzungen durch einen dichten dentinadhäsiven Verschluss mit Komposit gegen eine bakterielle Rekontamination aus der Mundhöhle gesichert werden.

    Adhäsive Befestigung privat vereinbarungsfähig

    Die Leistungslegende der Nr. 2197 GOZ lautet: „Adhäsive Befestigung (plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.).“ Die Aufzählung ist beispielhaft, da diese Maßnahme auch in anderen Fachbereichen erforderlich sein kann, so z. B. neben den BEMA-Nrn. 34 (Med) und 35 (WF). Eine Leistung nach der Nr. 2197 GOZ ist mit Versicherten der GKV vereinbarungsfähig, da es sich um eine selbstständige zahnärztliche Leistung handelt, die nicht im BEMA (GKV-Sachleistungskatalog) enthalten ist.

     

    Ein „keimdichter Verschluss“ ist ein provisorischer Kavitätenverschluss, der das Endodont für einen kurzen Zeitraum vor einer mikrobiellen Rekontamination schützt. Dieser dient der Optimierung der Behandlung und kann neben der BEMA-Nrn. 34 (Medikamentöse Einlage in Verbindung mit Maßnahmen nach den Nrn. 28, 29 und 32, ggf. einschließlich eines provisorischen Verschlusses, je Zahn und Sitzung) privat berechnet werden.

     

    • Kommentar von Liebold, Raff, Wissing (Auszug)

    „Wird der provisorische Verschluss jedoch adhäsiv befestigt, so handelt es sich um eine Leistung, welche über das definierte Maß der Versorgung der GKV hinausgeht. Für diesen besonderen, weil adhäsiv befestigten Verschluss kann die GOZ-Nr. 2197 auch im Rahmen der vertragszahnärztlichen Behandlung als Zuzahlungsleistung vereinbart und berechnet werden.“

     

    Wird eine Wurzelfüllung nach BEMA-Nr. 35 (Wurzelkanalfüllung einschließlich eines evtl. provisorischen Verschlusses, je Kanal) adhäsiv im Wurzelkanal verankert, so ist auch hier die Nr. 2197 GOZ privat abrechenbar. Diese Aussage geht konform mit der Aussage im o. g. Kommentar.

     

    MERKE | Dass die Nr. 2197 GOZ auch bei Privatpatienten neben der Nr. 2440 (Füllung eines Wurzelkanals) abrechenbar ist, zeigt Beschluss Nr. 4 des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen (vgl. AAZ 03/2023, Seite 3 ff).: „Die GOZ-Nr. 2197 ist bei adhäsiver Befestigung der Wurzelfüllung neben der GOZ-Nr. 2440 zusätzlich berechnungsfähig.“

     

    Sind bei der Therapie von gesetzlich Krankenversicherten private Leistungen vorgesehen, ist im Vorfeld der Behandlung eine Privatvereinbarung gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigen vorzunehmen.

    Exkurs: Schnittstellen zwischen BEMA und GOZ

    Eine Richtlinie zur Vereinbarkeit von Leistungen der GOZ neben vertragszahnärztlichen Leistungen aus dem GKV-Sachleistungskatalog ist das Kompendium „Schnittstellen zwischen BEMA und GOZ“ (online unter iww.de/s7915). Das Kompendium ist zwar keine gesetzlich erlassene Verordnung, nennt jedoch die Voraussetzungen zur Vereinbarkeit von Leistungen der GOZ für gesetzlich Krankenversicherte neben vertragszahnärztlichen Leistungen und informiert über die allgemeinen Anforderungen an eine rechtswirksame Vereinbarung.

     

    • Urheber und Zielsetzung des Schnittstellenkompendiums

    Das Schnittstellenkompendium wurde mit Unterstützung der KZVen Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein, Schleswig-Holstein) und der KZBV erarbeitet und erstmalig 2013 veröffentlicht. Es fasst die Sichtweise der KZBV und der KZVen zur Vereinbarkeit von Leistungen der GOZ für GKV-Patienten neben vertragszahnärztlichen Leistungen sowie deren Abrechnung zusammen.

     

    Gesetzlich Krankenversicherte können vom zahnmedizinischen Fortschritt profitieren, ohne ihre Ansprüche im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung aufgeben zu müssen. In vielen Fällen kann der gesetzlich Krankenversicherte Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs seiner Krankenkasse wählen, behält aber seinen Sachleistungsanspruch und muss lediglich die im Vergleich zur Kassenleistung entstehenden Mehrkosten selbst tragen.

     

    Jeder gesetzlich Versicherte hat Anspruch auf eine gute, hochwertige und den medizinischen Erkenntnissen entsprechende Versorgung, die zugleich dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 12 des SGB V entsprechen muss. Insofern gilt es, diesem Leistungsanspruch klar von darüber hinausgehenden Therapiealternativen und Ergänzungen abzugrenzen und damit den Sachleistungsanspruch von der Eigenverantwortung zu trennen.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2023 | Seite 9 | ID 49311046