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  • · Fachbeitrag · Füllungstherapie

    Die abrechnungstechnische Umsetzung des EU-Amalgamverbots ab 2025 ist noch offen

    | Der Europäische Rat hat am 30.05.2024 beschlossen, dass Dentalamalgam ab 2025 als Zahnfüllungsmaterial EU-weit verboten wird. Ausnahmen soll es nur in zahnmedizinisch zwingenden Fällen geben. Einigen Ländern, in denen Amalgam bislang das einzig überwiegend erstattete Füllungsmaterial ist, wurde zudem eine verlängerte Frist bis Mitte 2026 für den Ausstieg gewährt. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der GKV-Spitzenverband haben nach interner Erörterung zum Umgang mit dem Verbot Mitte Mai das Bundesgesundheitsministerium (BMG) per Brief aufgefordert, auch für Deutschland eine Option für eine verlängerte Frist bis zum 30.06.2026 zu beantragen, damit z. B. auch evtl. Umstrukturierungen der Erstattungsregelungen im BEMA vorbereitet werden können. Denn bisher ist noch unklar, wie die Neuregelung in Deutschland aussehen soll. |

    Was ist künftig die „preisgünstigste plastische Füllung“?

    Schon seit Jahren ist klar, dass es kein alleiniges Ersatzmaterial für Amalgam im Sinne eines „one fits all“ gibt oder in absehbarer Zeit geben wird. „Den schwarzen Peter, jetzt zeitnah eine Lösung zu finden, hat die Politik (mal wieder) dem zahnärztlichen Berufsstand und der Wissenschaft zugeschoben“, kommentierte der KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges, in den zm, Ausgabe  05/2024. Der GKV-Spitzenverband und die KZBV erläutern in ihrem Brief an das BMG, dass in Deutschland Amalgam im Seitenzahnbereich momentan die zuzahlungsfreie Regelversorgung darstelle, die in diesem Sinne als ausreichend und zweckmäßig bewertet ist und zu 100 Prozent öffentlich von der GKV erstattet wird. Hierauf bauen die Regelungen im BEMA auf, die den leistungsrechtlichen Anspruch der Versicherten in den Nrn. 13a bis 13h konkretisieren und denen ein entsprechendes Bewertungskonzept zugrunde liegt.

     

    Nach alledem ist noch nicht klar, wie die Neuregelungen ab 2025 oder spätestens ab 01.07.2026 aussehen werden. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass alle Patienten nun dentinadhäsive Kompositrestaurationen zuzahlungsfrei erhalten werden. Die „gute alte“ Mehrkostenvereinbarung wird es wohl weiter geben. Wichtig wäre jedoch festzulegen, welche Füllungsmaterialien im Sinne der Formulierung des § 28 Sozialgesetzbuch (SGB) V die „preisgünstigste plastische Füllung“ darstellen. Dieses wird wohl weiterhin die Basis für die Bewertung der zuzahlungsfreien Variante(n) sein.

    Nirgends explizit genannt und doch Bemessungsgrundlage

    Der GKV-Patient hat nach § 28 Abs. 2 SGB V Anspruch auf eine Versorgung, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Diese umfasst u. a. auch konservierende Leistungen. Weiter heißt es: „Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen.“ In diesen Fällen ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung greift nicht, wenn intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Weder im Gesetz noch in den Richtlinien oder im BEMA wird Amalgam explizit genannt. Allerdings müssen Vertragszahnärzte in jedem individuellen Behandlungsfall für die jeweilige Kavität das geeignete Füllungsmaterial wählen. Dieses sollte eine entsprechende Überlebensrate haben und es muss bei der jeweiligen Kavitätenklasse für die vorgesehene Belastung geeignet sein. Gerade im Seitenzahnbereich stellt Amalgam diese Bemessungsgrundlage dar.

    Höherwertige Füllungen gibt es nur bei Ausnahmeindikation ...

    In den Richtlinien und im BEMA gibt es inzwischen diverse Ausnahmen, wann Patienten jetzt schon Anspruch auf eine zuzahlungsfreie höherwertige Füllung, in der Regel dentinadhäsive Kompositrestaurationen, haben (die beiden letzten Punkte führen zur Abrechnung der BEMA-Nrn. 13e‒h, ohne Zuzahlung):

     

    • grundsätzlich im Frontzahnbereich (Bestandteil der Leistung nach BEMA-Nrn. 13a‒d). Nur die Mehrfarbentechnik kann hier noch zu einer Mehrkostenvereinbarung führen.
    • seit vielen Jahren auch bei Patienten mit absoluter Amalgam-Kontraindikation (nachgewiesene Amalgamallergie, schwere Niereninsuffizienz) im Seitenzahnbereich
    • erst seit einigen Jahren zudem bei Kindern bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, bei Schwangeren und Stillenden

    ... oder nach Abschluss einer Mehrkostenvereinbarung!

    Ohne diese Voraussetzungen kann keine Mehrkostenvereinbarung geschlossen werden. Zudem kommt diese auch dann zum Einsatz, wenn eine laborgefertigte Einlagefüllung (Inlay) gewünscht ist. Auch dann ist die BEMA-Nr. 13 als Sachleistung in Abzug zu bringen. Insgesamt ist noch zu beachten, dass eine Mehrkostenvereinbarung nur dann erfolgen kann, wenn der Patient dies auch wünscht. Der Zahnarzt kann diese nur anbieten, nachdem er die diversen Versorgungsalternativen erläutert hat. Besteht ein GKV-Patient auf eine zuzahlungsfreie Versorgung, dann muss ein Zahnarzt aufgrund seiner vertragszahnärztlichen Zulassung auch diese immer anbieten können. Auch in diesen Fällen muss ein entsprechend geeignetes Füllungsmaterial verwendet werden.

    Die Zeit drängt ...

    Welche Bestandteile der o. g. Regelungen künftig noch Bestand haben werden, ist offen. Die Zeit für Neuregelungen in den Richtlinien und im BEMA ist denkbar knapp. Die KZBV hat angekündigt, sich in den anstehenden Verhandlungen zur Umsetzung der EU-Regelungen dafür einzusetzen, den Schaden für die Patienten zu begrenzen und sich schützend vor den zahnärztlichen Berufsstand zu stellen. Ziel sei es, die Versorgung unter den neuen Umständen praxisnah und vor allem rechtssicher auszugestalten, damit das Risiko der politischen Entscheidung nicht bei den Zahnarztpraxen hängen bleibe. Sobald es konkrete Neuregelungen gibt, wird AAZ weiter berichten.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2024 | Seite 5 | ID 50086233