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  • · Kassenabrechnung

    Abrechnung von Wurzelkanalbehandlungen durch mehrere Zahnärzte ‒ wie Sie Regresse vermeiden

    Bild: ©Alexandr Mitiuc - stock.adobe.com

    | Die Krankenkassen stellen zunehmend Anträge auf sachlich-rechnerische Richtigstellung, wenn zwei Praxen an einer Wurzelkanalbehandlung beteiligt sind. Was sind die Gründe und wie lässt sich dies vermeiden? | 

     

    Hintergrund der Problematik

    Zahnschmerzen entstehen immer zur unpassenden Zeit. So verwundert es nicht, dass viele Wurzelkanalbehandlungsmaßnahmen im zahnärztlichen Notfalldienst beginnen und vom Hauszahnarzt weitergeführt werden. Das ist an sich kein Problem. Das Problem entsteht erst aus Sicht der Krankenkassen, weil sie die Abrechnungen der Zahnärzte nicht ‒ wie die KZVen ‒ zahnarztbezogen prüfen, sondern unabhängig vom behandelnden Zahnarzt den Patienten als Abrechnungsfall insgesamt betrachten.

     

    Dann wird festgestellt, dass eine Wurzelkanalaufbereitung im Sinne der BEMA-Nr. 32 nicht noch einmal abgerechnet werden könne, weil ein anderer Zahnarzt diesen Leistungsinhalt bereits abgerechnet habe. Oder es wird festgestellt, eine Vitalexstirpation nach BEMA-Nr. 28 könne nicht abgerechnet werden, weil ein vorbehandelnder Zahnarzt bereits eine Devitalisierung nach BEMA-Nr. 29 durchgeführt habe.

     

    Die Abrechnungsbestimmungen bzw. Auslegungen zu den Wurzelkanalbehandlungsmaßnahmen besagen regelmäßig zur Abrechnungshäufigkeit: „einmal je Wurzelkanal bzw. einmal je Zahn“. Diese Abrechnungsbestimmungen werden von den Krankenkassen streng ausgelegt und umfassen demnach die gesamte Behandlung des Wurzelkanals an demselben Zahn, unabhängig von dem behandelnden Zahnarzt bzw. den Zahnärzten. Gern bestreiten die Kassen auch, dass ein Hauszahnarzt den Leistungsinhalt der Vitalexstirpation erbringen konnte, wenn der Notdienst-Zahnarzt die Trepanation oder eine Devitalisierung erbracht und abgerechnet hat.

    Wie Sie argumentieren können ‒ Praxisbeispiele

    In den oben beschriebenen Fällen werden die Vertragszahnärzte dann häufig von den KZVen aufgefordert, ihnen zum Zwecke der Bearbeitung dieser Berichtigungsanträge Unterlagen zuzusenden. In solchen Fällen ist es hilfreich, wenn Sie als behandelnder Zahnarzt auf eine gute Dokumentation und Stellungnahmen zurückgreifen können, um diese Anträge erfolgreich zurückweisen zu können. Dazu folgen drei Praxisbeispiele:

     

    Beispiel 1: Vitalexstirpation

    Zahnarzt A führt im Notfalldienst eine Vitalexstirpation (VitE) an einem mehrwurzeligen Zahn durch; Zahnarzt B führt als Hauszahnarzt die Versorgung weiter.

     

    Datum
    Zahn/regio
    Leistungen Zahnarzt A
    BEMA
    Anzahl

    14.02.21

    36

    Symptombezogene Untersuchung und Beratung

    Ä1

    1

    36

    Zuschlag für Leistungen außerhalb der Sprechstunde

    03

    1

    36

    Sensibilitätsprüfung der Zähne (+)

    8 (ViPr)

    1

    36

    Röntgenaufnahme (Rö2); Ausgangsaufnahme

    Ä925a (Rö2)

    1

    36

    Infiltrationsanästhesie

    40 (I)

    1

    36

    Vitalexstirpation

    28 (VitE)

    3

    36

    Wurzelkanalaufbereitung

    32 (WK)

    3

    36

    Röntgenaufnahme; Messaufnahme

    Ä925a (Rö2)

    1

    36

    Medikamentöse Einlage

    34 (Med)

    1

     

     

    Datum
    Zahn/regio
    Leistungen Zahnarzt B
    BEMA
    Anzahl

    16.02.21

    36

    Sensibilitätsprüfung der Zähne (+)

    8 (ViPr)

    1

    36

    Röntgenaufnahme; Ausgangsaufnahme

    Ä925a (Rö2)

    1

    36

    Infiltrationsanästhesie

    40 (I)

    1

    36

    Vitalexstirpation

    28 (VitE)

    3

    36

    Wurzelkanalaufbereitung

    32 (WK)

    3

    36

    Röntgenaufnahme; Messaufnahme

    Ä925a (Rö2)

    1

    36

    Wurzelkanalfüllung

    35 (WF)

    3

    36

    Röntgenaufnahme; Abschlussaufnahme

    Ä925a (Rö2)

    1

    36

    Füllung, zweiflächig

    13b (F2)

    1

     

    Die Kasse behauptet, dass Zahnarzt B den Leistungsinhalt nicht noch einmal habe erbringen können, weil durch die vorausgegangene VitE der Zahn bereits avital sein müsse. Wenn nun aber Zahnarzt B anhand seiner Dokumentation nachweisen kann, dass er z. B. aus dem Wurzelkanal noch vitales, strukturiertes Restgewebe entfernen musste oder dass er einen weiteren Kanal bzw. Nebenkanal entdeckt hat, der noch behandelt werden musste, dann kann er solch einen Rückforderungsantrag erfolgreich zurückweisen.

     

    Ggf. legt dann die Krankenkasse nach und behauptet, dass Zahnarzt A wohl den Leistungsinhalt nicht vollständig erbracht habe. Auch das muss dieser mit einer guten Dokumentation widerlegen können.

     

    Beispiel 2: Trepanation

    Zahnarzt A führt im Notfalldienst eine Trepanation an einem mehrwurzeligen Zahn durch; Zahnarzt B führt als Hauszahnarzt die Versorgung weiter. In diesem Fall stellt die erste Praxis eine negative Sensibilität fest und beginnt die Behandlung mit der Trepanation nach BEMA-Nr. 31. Im Übrigen ähneln die Leistungen denen im Beispiel 1.

     

    Die Hauszahnarztpraxis führt die weitere Aufbereitung des Wurzelkanales nach BEMA-Nr. 32 durch, stößt hierbei im unteren Drittel auf restvitales Gewebe und entfernt dieses gemäß der Vitalexstirpation nach BEMA-Nr. 28. Anschließend wird der Zahn mit einer medikamentösen Einlage versorgt.

     

    Das Verbleiben und Entfernen von restvitalem Gewebe ist von einer reinen Trepanation als Schmerzbehandlung unabhängig und zählt auch nicht zum Leistungsinhalt der BEMA-Nr. 31. Bei einer absterbenden Pulpa wird zuerst die Kronenpulpa zerstört. In solch einem Fall ist in der Wurzel noch zugrunde gehendes restvitales Gewebe vorhanden. Das Ergebnis einer Vitalitätsprobe kann jedoch zunächst negativ sein. Solang jedoch vitales strukturiertes Gewebe aus den Wurzelkanälen entfernt wird, ist die BEMA-Nr. 28 berechnungsfähig.

     

    Beispiel 3: Wurzelkanalaufbereitung an drei Kanälen

    Zahnarzt A rechnet im Notfalldienst eine Wurzelkanalaufbereitung an drei Kanälen ab. Zahnarzt B rechnet ‒ im zeitlichen Abstand ‒ erneut dreimal die Wurzelkanalaufbereitung ab.

     

    Datum
    Zahn
    Leistungen Zahnarzt A (Auszug)
    BEMA
    Anzahl

    14.11.20

    36

    Vitalexstirpation

    28 (VitE)

    3

    36

    Wurzelkanalaufbereitung

    32 (WK)

    3

     

     

    Datum
    Zahn
    Leistungen Zahnarzt B (Auszug)
    BEMA
    Anzahl

    11.02.21

    36

    Trepanation eines pulpatoten Zahnes

    31 (Trep)

    1

    36

    Wurzelkanalaufbereitung

    32 (WK)

    3

    36

    Wurzelkanalfüllung

    35 (WF)

    3

     

    Die Kasse schreibt in ihrem Berichtigungsantrag unter Bezugnahme auf die Abrechnungsbestimmung, dass die BEMA-Nr. 32 (WK) nur einmal je Kanal abrechnungsfähig sei. Dies sei insgesamt zu beachten.

     

    Nun ist aber dokumentiert, dass Zahnarzt A den Patienten darauf hingewiesen hat, dass er sich umgehend nach der Notfalldienstbehandlung bei seinem Hauszahnarzt zur Weiterbehandlung melden solle. Dies hat jedoch der Patient nicht getan. Monate später stellt er sich bei seinem Hauszahnarzt vor. Dieser stellt fest, dass eine sofortige Wurzelkanalfüllung nicht möglich ist, weil sich die Kanäle mit diversen Bestandteilen zugesetzt haben. Er muss daher die Wurzelkanalaufbereitung noch einmal durchführen und kann diese auch wieder als BEMA-Nr. 32 je Kanal abrechnen.

     

    Die Abrechnung der BEMA-Nr. 31 (Trep) durch den Hauszahnarzt ist jedoch nicht möglich, weil diese voraussetzt, dass der Zahn vorher definitiv verschlossen war. Das ist jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn der Notfall-Zahnarzt hatte den Zahn nur provisorisch mit Cavit verschlossen.

     

    FAZIT | Nach wie vor gilt, dass der jeweils behandelnde Zahnarzt nicht in kriminalistischer Art und Weise feststellen muss, was sein vor- oder nachbehandelnder zahnärztlicher Kollege bei diesem Patienten bereits abgerechnet hat. Der Zahnarzt stellt die medizinische Notwendigkeit fest, behandelt entsprechend und rechnet dann ab. Trotzdem ist es sinnvoll, dass der notfalldiensthabende Zahnarzt dem Patienten eine kurze Bescheinigung mitgibt, welche Leistungen durchgeführt wurden. Dies dient der Therapiesicherung. Und es ist wichtig, die selbst durchgeführten Leistungen gut zu dokumentieren, auch, um in dem geschilderten Zusammenhang profunde Stellungnahmen abgeben zu können.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2021 | Seite 3 | ID 47126381