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BGH: Beihilfestelle wegen durchgängiger Kürzung auf den 2,3-fachen Satz schadenersatzpflichtig
| „Wird bei der Festsetzung der Beihilfe die Überschreitung des Schwellenwertes (2,3-facher Gebührensatz) in einer Zahnarztrechnung rechtswidrig und schuldhaft nicht anerkannt und lässt sich daraufhin der den Antrag stellende Beamte wegen der bei ihm durch diese Entscheidung hervorgerufenen begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Rechnungstellung auf einen Zivilrechtsstreit mit dem behandelnden Arzt ein, so sind die ihm im Falle des Unterliegens entstehenden Kosten zu ersetzen.“ - So der Leitsatz eines BGH-Urteils vom 13. Oktober 2011 (Az: III ZR 231/10 ; Abruf-Nr. 114244 ). |
Der Fall
Ein niedersächsischer Lehrer hatte eine Rechnung über die zahnärztliche Behandlung seines Sohnes über etwa 6.800 Euro zur Erstattung eingereicht. Für alle Leistungen, für die der 3,5-fache Gebührensatz in Ansatz gebracht worden war, erkannte die Beihilfestelle dies nicht als erstattungsfähig an, sondern kürzte durchweg auf den 2,3-fachen Satz. Gegen diese Kürzung in Höhe von 561 Euro legte der Lehrer Widerspruch ein.
In seiner Begründung verwies er auf die beigefügte Stellungnahme und Erläuterungen des behandelnden Zahnarztes. Diese Stellungnahme hielt die Beihilfestelle für unzureichend - mit der Begründung, dass sich daraus keine individuell patientenbezogene Rechtfertigung für die Überschreitung des 2,3-fachen Satzes ergebe. Eine Stellungnahme eines anderen sachverständigenZahnarztes oder der Zahnärztekammer hatte die Beihilfestelle nicht eingeholt.
Die Entscheidung
Der Beamte erhob nun Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg und zahlte die Rechnung des Zahnarztes unter Hinweis auf das laufende Verfahrennur auf der Grundlage des 2,3-fachen Satzes. Der Zahnarzt seinerseits verklagte den Patienten vor dem Amtsgericht Hannover auf Zahlung des restlichen Betrages. Auf Basis eines Sachverständigengutachtens erkannten die Richter die erhöhten Steigerungsfaktoren als rechtmäßig an und verurteilten den Patienten zur Zahlung. Daraufhin beglich die Beihilfe den strittigen Betrag.
Der Lehrer klagte anschließend gegen seinen Dienstherrn vor dem Amtsgericht Aurich auf Erstattung seiner ihm durch das Gerichtsverfahren entstandenen Auslagen. Das OLG Oldenburg gab dem Lehrer schließlich Recht und die angestrebte Revision des Urteils durch das Land Niedersachsen lehnte der Bundesgerichtshof in letzter Instanz ab. Begründung: Der Beamte habe nach zwei ablehnenden Bescheiden der Beihilfestelle darauf vertrauen können, dass diese eine „sorgfältige und gewissenhafte Prüfung der Angemessenheit der Rechnung vorgenommen habe“. Das Gericht sah darin eine „zumindest fahrlässige Amtspflichtverletzung der Mitarbeiter der Beihilfestelle“.