Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    GOZ 2012 und Umsatzsteuer: Neue Belastungen für Zahnärzte?

    von StB, WP Michael Laufenberg, Laufenberg Michels und Partner, Köln

    | Nach der Neufassung des § 2 Absatz 3 Satz 1 der GOZ 2012 müssen sämt-liche Verlangensleistungen und ihre Vergütungen in einem Heil- und Kostenplan (HKP) schriftlich vereinbart werden. Derzeit wird darüber diskutiert, wie sich diese Neuerung umsatzsteuerlich auf die Zahnarztpraxis auswirkt. Dieser Beitrag beleuchtet den Hintergrund der Diskussion und geht der Frage nach, ob sich für Zahnärzte tatsächlich etwas ändert. |

    Hintergrund: Umsatzsteuerpflicht in der Zahnarztpraxis

    Zahnärztliche Leistungen sind weitgehend von der Umsatzsteuer befreit. Sie gelten als „Heilbehandlungen“ nach § 4 Nr. 14 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG), sofern die Maßnahmen der Vorbeugung, Diagnose oder Behandlung und Heilung von Krankheiten dienen.

     

    Leistungen ohne jegliches therapeutisches Ziel

    Anders zu beurteilen sind Leistungen ohne jegliches therapeutisches Ziel, wie zum Beispiel das Bleaching oder die Versorgung mit Zahnschmuck. Auf diese Leistungen ist die volle Umsatzsteuer von 19 Prozent fällig.

     

    Heilbehandlung mit ästhetischer Motivation

    Ist eine Behandlung sowohl zahnmedizinisch als auch ästhetisch veranlasst, stellt sich die Frage, ob Umsatzsteuer anfällt. Am Beispiel der Behandlung mit Keramik-Veneers wird dies deutlich: Während früher primär ästhetische Indikationen im Vordergrund standen, sind heute restaurative und dauerhaft funktionskorrigierende Indikationen hinzugekommen. Bei Schneidezahnfrakturen oder kariösen Läsionen steht eine medizinische Notwendigkeit im Vordergrund. Entsprechend erkannte das Amtsgericht Frankfurt (Urteil vom 6.2.2002, Az: 29 C 2794/99-11, Abruf-Nr. 021069) die medizinische Notwendigkeit von Veneers an.

     

    Ähnliches gilt aus dem ärztlichen Bereich für die sogenannte Lasik-Operation (Augenlasern). Das Finanzgericht Münster entschied: Der Wunsch, keine Brille mehr zu tragen, sei zwar ästhetisch motiviert - da die Laserbehandlung auch der Beseitigung der Fehlsichtigkeit diene und damit operativ zur Heilung einer Krankheit führe, überwiege jedoch die medizinische Komponente (Urteil vom 8.10.2009, Az: 5 K 3452/07, Abruf-Nr. 122644).

     

    PRAXISHINWEIS | Der Zahnarzt sollte bei einer sowohl medizinisch indizierten als auch ästhetisch motivierten Behandlung die Rechnung einheitlich ohne Umsatzsteuer ausstellen. Die Leistung lässt sich im Umsatzsteuerrecht nicht künstlich in zwei Teile aufspalten, in eine umsatzsteuerfreie Leistung „Heilbehandlung“ und eine umsatzsteuerpflichtige Leistung „Ästhetik“.

    Der Umstand, dass (Mehr-)Kosten einer Behandlung von den Krankenkassen nicht übernommen werden, steht der Steuerfreiheit nicht entgegen. Allerdings liegt die Beweislast gegenüber dem Finanzamt leider beim Zahnarzt. Er muss nachweisen, dass seine Leistungen ein therapeutisches Ziel hatten und entsprechend nachprüfbare Dokumentationen führen.

    Die „Verlangensleistungen“ nach der GOZ

    Von der rein umsatzsteuerlichen Betrachtung zu unterscheiden und zu trennen sind die abrechnungstechnischen Vorgaben nach der Gebührenordnung für Zahnärzte. Nach § 1 Absatz 2 Satz 2 GOZ darf der Zahnarzt Vergütungen zunächst nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst für eine notwendige zahnärztliche Versorgung erforderlich sind.

     

    Leistungen, die über das Maß einer notwendigen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind - die sogenannten Verlangensleistungen. Dies ist allerdings keine Neuerung!

     

    Neu ist lediglich, dass die Abrechnung von Verlangensleistungen neben dem ausdrücklichen Wunsch des Patienten gemäß § 2 Absatz 3 GOZ nun weiter voraussetzt, dass die Leistungen zuvor schriftlich in einem Heil- und Kostenplan (HKP) vereinbart wurden.

    Neue HKP-Pflicht ohne direkte steuerliche Auswirkung

    Es wird nun befürchtet, dass die Umsatzsteuerbelastung durch die Neufassung der GOZ 2012 stark ansteigt. Zwar sind Zahnärzte jetzt verpflichtet, bei Verlangensleistungen einen HKP zu erstellen; diese Formalie begründet jedoch steuerrechtlich keinen Automatismus zur Umsatzsteuerpflicht.

     

    Da sich zwar die Abrechnungsvoraussetzungen, nicht aber die zahnmedizinischen Leistungen und ihre umsatzsteuerrechtliche Einordnung geändert haben, führt die Neufassung der GOZ nicht dazu, dass mehr Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind. Denn schon auf Grundlage der alten GOZ 1988 mussten Verlangensleistungen bei rein ästhetischer Motivation mit Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden.

     

    Der Umstand, dass die Verlangensleistungen neuerdings im Rahmen eines HKP schriftlich vereinbart werden müssen, berührt also nicht die eingangs skizzierte Fragestellung, ob eine umsatzsteuerpflichtige Leistung vorliegt. Es bleibt abzuwarten, ob sich Finanzbeamte verstärkt dem Thema widmen und den Zahnärzten das Leben schwerer machen werden.

     

    Quelle: ID 35850150