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  • · Nachricht · Aktuelle Rechtsprechung

    AG Hamburg: Lingualbrackets sind als Verlangensleistung einzustufen und nicht erstattungsfähig

    | Das Amtsgericht Hamburg hat am 30. Januar 2014 (Az. 8b C 60/12, Abruf-Nr. 140765 ) über die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer lingualen Brackettherapie bei einer erwachsenen Patientin entschieden. |

     

    Keine Erstattung für Bracketversiegelung und die Lingualapparatur

    Durch den Behandlungsplan befundete der Kieferorthopäde einen Kreuzbiss im Bereich der 8er, eine Supraokklusion, eine vergrößerte sagittale Frontzahnstufe und eine Distallage. Als Therapie sah er im Oberkiefer Maßnahmen zum Distalisieren der rechten oberen Seitenzähne vor, das Derotieren der Zähne und einen Lückenschluss im Bereich 16 und 25. Für den Unterkiefer hielt er Maßnahmen zum Auflockern der Frontzähne, zum Intrudieren der Frontzahngruppe und zum Derotieren der Zähne sowie eine Mittellinienverschiebung für medizinisch notwendig. Im Heil- und Kostenplan sah er eine linguale Multiband-Behandlung vor und kalkulierte ein Honorar sowie Material- und Laborkosten in Höhe von 7.900 Euro. Die Behandlung wurde von 2006 bis 2008 durchgeführt. Alle Leistungen wurden im tariflichen Umfang erstattet, außer den Kosten für die Bracketversiegelung und die Lingualapparatur.

     

    Gericht: Versiegelung ist eigenständige medizinisch notwendige Leistung

    Das sachverständig beratene Amtsgericht führte aus, dass die Versiegelung nicht Teilleistung des Bracketklebens ist, sondern im vorliegenden Fall eine eigenständige medizinisch notwendige Leistung. Diese Leistung weise die therapeutische Zielrichtung auf, an den für die Kalzifikationen und Kariesbildung besonders anfälligen Bracketklebestellen entsprechend prophylaktisch zu wirken, um diese Folgebeeinträchtigungen möglichst auszuschließen.

     

    Materialkosten für Bracketapparatur nicht erstattungsfähig

    Zu den Material- und Laborkosten für die Erstellung der lingualen Bracketapparatur - vorliegend laut Heil und Kostenplan etwa 2.000 Euro - führt das Gericht aus, dass diese Kosten in keinem Fall erstattungsfähig sein könnten, da die zahnärztlich abgerechneten Leistungen nach den GOZ-Nrn. 610 bis 615 sämtliche Material- und Laborkosten enthalten. Eine zusätzliche Berechnung neben dem Zahnarzthonorar sei zudem von Gesetzes wegen schon nicht zulässig. Wenn der Patient aufgrund spezieller zahnärztlicher Beratung dennoch die Verwendung von Lingualbrackets wünsche und dies in Kenntnis der fehlenden Erstattbarkeit in Auftrag gebe, sei dies als reine Verlangensleistung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 GOZ einzustufen.

     

    PRAXISHINWEIS | Vor diesem Hintergrund kann bei Planung und Anwendung lingualer Bracketapparaturen nur dringend empfohlen werden, den Patienten vor Behandlungsbeginn auf die möglcherweise fehlende Erstattungsfähigkeit der lingualen Behandlungstechnik hinzuweisen, damit der Patient bei einer Ablehnung seines Kostenträgers nach Durchführung der Behandlung nicht überrascht wird.

    Quelle: ID 42775624