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OLG Hamm: Kein Honoraranspruch nach fehlender Aufklärung über andere Verfahren
| Eine kostenintensive Zahnbehandlung (Implantatbehandlung mit Knochenaufbau durch Eigenknochenzüchtung) muss nicht bezahlt werden, wenn sich der Patient im Falle seiner ordnungsgemäßen Aufklärung über andere Behandlungsmöglichkeiten (Knochenaufbau durch Verwendung von Knochenersatzmaterial oder Knochenentnahme aus dem Beckenkamm) gegen die kostenintensive Behandlung ausgesprochen hätte. So entschied das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil vom 12. August 2014 (Az. 26 U 35/13, Abruf-Nr. 142676 ). |
Der Fall
Bei einer Patientin erfolgte eine Implantatbehandlung mit Knochenaufbau. Der Aufbau des Ober- und Unterkieferknochens sollte durch gezüchtetes Knochenmaterial erfolgen. Die Patientin unterzeichnete entsprechende Heil- und Kostenpläne und Einverständniserklärungen. Insgesamt stellte der MKG-Chirurg Kosten in Höhe von 42.000 Euro in Rechnung. Die gesamte Behandlung sollte sogar 90.000 Euro kosten.
Die Patientin behauptete, über die Gesamtkosten der Behandlung nicht aufgeklärt worden zu sein. In Kenntnis der tatsächlichen Behandlungskosten hätte sie niemals zugestimmt. Außerdem war die Behandlung erfolglos, weil sämtliche Implantate schon nach kurzer Zeit herausgefallen waren.
Das Urteil
Das Gericht bestätigte die Einschätzung der Patientin, dass sie die Behandlung bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht hätte vornehmen lassen. Dafür spreche auch bereits der Umstand, dass sie sich zuvor in einer Privatzahnklinik hatte beraten lassen, wo ihr der dortige Professor zwecks Kieferknochenaufbau zu Knochentransplantationen geraten hatte. Den Implantologen hatte sie aufgesucht, weil sie eine zweite Meinung einholen wollte. Dieser habe ihr die eigentlich beabsichtigte Beckenkamm-Operation jedoch ausgeredet.
Das Gericht folgte in seiner Entscheidung den Ausführungen des Sachverständigen, laut dem theoretisch neben der Eigenknochenzüchtung noch die Verwendung von Knochenersatzmaterial (Collagen) und die Knochenentnahme in Betracht gekommen. Unstreitig habe der Zahnarzt allerdings nur auf die Knochenentnahme aus dem Beckenkamm als alternative Behandlungsmethode hingewiesen - und hier die Risiken überbetont. Die Knochenentnahme aus dem Beckenkamm sei jedoch nach der zusammenfassenden Einschätzung des Sachverständigen noch immer das beste Verfahren.
Da sich - so das OLG - bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung die Patientin gegen die Behandlung ausgesprochen und somit sämtliche in der Rechnung aufgeführten Positionen nicht angefallen wären, entfällt der geltend gemachte Honoraranspruch.