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  • · Fachbeitrag · Apothekenentwicklung

    Bestandsaufnahme: Was bringt das Jahr 2013 den Apotheken?

    von Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Essen

    | 2012 war betriebswirtschaftlich für viele Apothekeninhaber kein einfaches Jahr. Der seit 2004 geltende Festzuschlag von 8,10 Euro pro abgegebenem verschreibungspflichtigem Fertigarzneimittel (Rx-FAM) wurde nicht angehoben und auch der Kassenabschlag (mit 2,05 Euro je Packung) wurde trotz Überschüssen in zweistelliger Milliardenhöhe bei den gesetzlichen Krankenkassen nicht reduziert. Die novellierte Apothekenbetriebsordnung führte zu weiteren Belastungen, die auf der Kostenseite der Apotheken voll durchschlugen und dies immer noch tun. Aber es besteht Anlass zur Hoffnung. |

    Bestandsanalyse 2012

    Aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse mussten in 2012 so viele Apotheken schließen wie noch nie zuvor. Die Situation im Markt stellte sich wie folgt dar:

     

    • Die Krankenkassen schlossen mit den Herstellern Rabattverträge über immer mehr Wirkstoffe - mit negativen Auswirkungen für die Apotheken:
      • Zunächst hat die Verpflichtung der Apotheken zur Abgabe von rabattbegünstigten Arzneimitteln immer größere Ressourcen in Logistik, Kapital (Lagerbestand) und - vor allem - Personal (Kommunikation) gebunden. Das hat Zeit gekostet, die in der Regel für das fachliche Beratungsgespräch mit den Versicherten verloren gegangen ist.
      • Zeitgleich wurden die Einkaufskonditionen - wie Rabatte, Skonti, Valuta etc. - für den Großhandel und die Apotheken immer schlechter, da die Hersteller ihre in der Vergangenheit gewährten Kundenrabatte aufgrund des Preisdrucks der Krankenkassen zum Teil drastisch zurückgeführt haben.
      • Die erneute Umstellung der Großhandelsvergütung für Rx-FAM verschlechterte die Einkaufsbedingungen für die Apotheken zunächst weiter.

     

    • Aufgrund der Ausschreibungen bei Impfstoffen kam es nicht nur zu einer Mangelversorgung der Versicherten. Diese bescherten den Apotheken auch Umsatz- und Ertragsverluste.

     

    • Pick-up-Stellen wurden noch immer nicht verboten. Der Versandhandel hat sich im OTC-Markt immer stärker etabliert. Damit verbunden waren Absatz- und Ertragsrückgänge.

     

    • Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen verlor vor allem das Arzneimittel einen Teil seines Status als „Ware der besonderen Art“. Damit einher ging ein Ansehensverlust der Apotheke in der öffentlichen Wahrnehmung und Wertschätzung.

    Prognose 2013

    Die folgenden Aspekte deuten auf eine Wende zum Besseren in 2013 hin.

     

    Erste - wenn auch nur moderate - Erhöhung des Festzuschlags seit 2004

    Im Jahr 2012 wurden rund 590 Mio. Packungen an Rx-FAM zulasten der GKV abgegeben. Mit einem signifikanten Anstieg der Zahl der Packungen ist trotz der demografischen Entwicklung - ältere Menschen benötigen mehr Arzneimittel - im laufenden Jahr nicht zu rechnen, weil die Ärzte doch eher größere als mehr Packungen verordnen. Der Festzuschlag je abgegebener Rx-FAM-Packung wurde zum 1. Januar 2013 von 8,10 Euro um 0,25 Euro auf 8,35 Euro erhöht. Bei einer unveränderten Zahl an abgegebenen Packungen und einem - zunächst rein theoretisch unterstellt - unveränderten Kassenabschlag von 2,05 Euro resultiert daraus ein Rohgewinn aus Festzuschlag von rund 3.910 Mio. Euro gegenüber 3.763 Mio. Euro in 2012. Damit beläuft sich der Rohertragszuwachs aus Anpassung des Festzuschlags auf etwas unter 150 Mio. Euro (netto) - eine Zunahme von 3,9 Prozent. Bei rund 21.000 öffentlichen Apotheken ergibt dies - für den Teilbereich der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM - einen Rohertragsanstieg je Apotheke um durchschnittlich etwa 7.000 Euro im Jahr.

     

    Dazu kommen noch die Rohertragszuwächse aus Rx-FAM, die nicht zulasten der GKV verordnet werden. Die Zahl dieser Packungen lag in 2012 bei gut 94 Mio. Daran dürfte sich auch im aktuellen Jahr kaum etwas ändern. Folglich wächst der Rohertrag aus Festzuschlag für diese nicht zulasten der GKV verordneten Rx-FAM von 761,5 Mio. auf rund 785 Mio. Euro an. Das bedeutet einen Zuwachs von rund 23,5 Mio. Euro bzw. um knapp 3,1 Prozent. Damit kann die Durchschnittsapotheke einen Rohgewinnzuwachs von jährlich weiteren rund 1.100 Euro verbuchen, sodass der Rohgewinn aus der Anhebung des Festzuschlags je Apotheke um knapp 8.100 Euro pro Jahr ansteigt. Für die Gesamtbranche beträgt der Zuwachs damit gut 170 Mio. Euro (netto).

     

    Entwicklung der kaufmännischen Komponente

    Trotz eines weiterhin zu erwartenden Anstiegs des Anteils der rabattbegünstigten Arzneimittel am Gesamtabsatz dürfte sich der Einkaufswert (EK) der Rx-FAM in 2013 weiter - um geschätzte 2 Prozent bzw. um etwas mehr als 400 Mio. Euro - erhöhen. Folglich würde der Rohertrag der Apotheken aus kaufmännischer Komponente (3 prozentiger Aufschlag auf den EK) um gut 12 Mio. Euro ansteigen. Verbunden mit einer entsprechenden Kapitalbindung im Warenlager wäre dies ein weiterer durchschnittlicher Rohertragszuwachs je Apotheke von knapp unter 600 Euro pro Jahr.

     

    Senkung des Kassenabschlags

    Nach der durch den Gesetzgeber festgelegten Erhöhung des Kassenabschlags auf 2,05 Euro für die Jahre 2011 und 2012 stand die Selbstverwaltung der Krankenkassen und der Apotheker gemäß § 130 Sozialgesetzbuch (SGB) V in der Pflicht, den „Abschlag ... erstmalig mit Wirkung für das Kalenderjahr 2013 ... so anzupassen, dass die Summe der Vergütungen der Apotheken für die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel leistungsgerecht ist unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Leistungen und der Kosten der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung.“

     

    Eine Einigung der Vertragspartner konnte bisher nicht erzielt werden - vielmehr ist die Schiedsstelle angerufen worden. Da die erbrachten Leistungen der Apotheker aber mit den Krankenkassen abgerechnet werden müssen, hat sich der Deutsche Apothekerverband - mit leichter Rückendeckung der Politik - entschieden, den Abrechnungszentren der Apotheker zu empfehlen, beginnend mit dem Abrechnungsmonat Januar 2013 einen Kassenabschlag von (zunächst) 1,75 Euro je abgegebenem Rx-FAM anzusetzen. Rechtssicherheit besteht damit aber noch lange nicht.

     

    Unter der Voraussetzung, dass dieser vorläufige Abschlag über das Jahr Bestand haben sollte, ergäbe sich für die Apotheken - nach Abzug der Umsatzsteuer - ein weiterer Rohertragszuwachs von gut 0,25 Euro pro abgegebener Packung. Damit beliefe sich der Rohertragszuwachs durch Senkung des Kassenabschlags ebenfalls auf knapp 150 Mio. Euro (netto). Bei rund 21.000 öffentlichen Apotheken ergäbe dies wieder einen Rohertragsanstieg um durchschnittlich weitere rund 7.000 Euro im Jahr. Sollte die Schiedsstelle zu einem von 1,75 Euro abweichenden Beschluss kommen, erwirtschaftet die Durchschnittsapotheke je 0,10 Euro Absenkung (bzw. Aufstockung) des Kassenabschlags etwa 2.350 Euro mehr (bzw. weniger) an Rohertrag pro Jahr.

     

    FAZIT |

    Aufgrund der Erhöhung des Festzuschlags (von 8,10 Euro um 0,25 Euro auf 8,35 Euro) und einer nicht rechtssicheren Absenkung des Kassenabschlags um 0,30 Euro (brutto) auf 1,75 Euro je abgegebenem Rx-FAM könnte die durchschnittliche Apotheke im Marktsegment der verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel mit einem Rohertragszuwachs von etwa 15.700 Euro in 2013 rechnen. Das entspricht einem monatlichen Mehr von 1.300 Euro - nach neun Jahren der Quasi-Stagnation.

    Dieser prognostizierte Rohertragszuwachs geht mit einer Umsatzsteigerung in derselben Höhe einher. Der Zunahme beim Apothekeneinkauf (im Bereich der Rx-FAM) folgt ein - geringfügig niedriger - (relativer) Umsatzanstieg. Verbunden mit der rückläufigen Zahl an öffentlichen Apotheken dürfte der Netto-Umsatz der Durchschnittsapotheke damit im Jahre 2013 erstmals die Zwei-Millionen-Marke überschreiten. Da aber spätestens seit der Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) auf das Kombimodell nicht mehr der Umsatz, sondern die Kunden- bzw. Packungszahl die für den Rohertrag maßgebliche Größe darstellt, dürfte die Handelsspanne (= Rohertrag in Prozent des Netto-Umsatzes) auch in 2013 nur geringfügig steigen. Im Ergebnis profitieren Apotheken mit überdurchschnittlich vielen Rezepten von den veränderten Abrechnungsvorschriften selbstverständlich mehr als Apotheken mit einem hohen OTC-Umsatzanteil.

     

    Etablierung einer Not- und Nachtdienstgebühr

    Nicht zuletzt aufgrund der offensichtlich auch aus Politikersicht spärlich ausgefallenen Anpassung des Festzuschlags - verbunden mit drohenden Versorgungsproblemen in dünnbesiedelten Gebieten - ist den Apotheken eine (zusätzliche) Notdienstgebühr in Höhe von 120 Mio. Euro pro Jahr (ob netto oder brutto ist nicht bekannt) in Aussicht gestellt worden. Da nach Angaben der ABDA unter der Woche jede Nacht knapp 1.400 Apotheken Notdienst leisten und der Sonn- und Feiertagsdienst wohl „doppelt gerechnet“ werden muss, beträgt die Zahl der geleisteten Notdienst-Einheiten rund 600.000 pro Jahr. Damit würde die durchschnittliche „Notdienstgebühr je Einsatz“ 200 Euro betragen. Da jede Apotheke im Durchschnitt 28 bis 29 Notdienste im Jahr zu leisten hätte, wäre die zusätzliche Vergütung der Durchschnittsapotheke mit 5.700 Euro anzugeben.

     

    Während die über Beratung und Abgabe hinausgehenden Allgemeinwohl-Verpflichtungen der Apotheken bis Ende 2003 über die degressiv ausgestaltete Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) abgegolten wurden, ist diese Mischfinanzierung spätestens seit Einführung des Kombimodells mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) zum 1. Januar 2004 nicht mehr gegeben. Die AMPreisV orientiert sich seit diesem Zeitpunkt nur noch am packungsbezogenen Aufwand. Mit der Not- und Nachtdienstgebühr könnte also der Einstieg in die Vergütung von Versorgungsleistungen gelingen, die über die reine Warenberatung einschließlich -abgabe hinausgehen.

     

    Ausländische Arzneimittelversender müssen sich an die AMPreisV halten

    Im letzten Jahr hat der Gesetzgeber endlich festgelegt, dass sich auch ausländische Arzneimittelversender an die in Deutschland gültige AMPreisV und den damit einhergehenden einheitlichen Abgabepreis für Rx-FAM halten müssen. Damit dürfte der bisher schon im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegende Anteil der Versender am Rx-FAM-Markt weiter zugunsten der öffentlichen Apotheken zurückgehen. Umso mehr steht zu vermuten, dass sich die Versender mit noch größerer Intensität um den OTC-Markt kümmern. Den Gewinnen auf der einen stehen Verluste in etwa gleicher Größenordnung auf der anderen Seite gegenüber, sodass den Apotheken nur geraten werden kann, ihre Kunden noch intensiver über Verfügbarkeit, Wirkungen und Nebenwirkungen, Qualitätsunterschiede und den verantwortungsvollen Umgang mit Arzneimitteln zu informieren und zu beraten.

     

    Wegfall der Praxisgebühr

    Seit dem 1. Januar haben die Versicherten nicht länger die ursprünglich quartalsweise fällige Praxisgebühr zu entrichten. Die Zahlen aus Dezember letzten Jahres lassen vermuten, dass an sich anstehende Arztbesuche mit Verordnungswusch einmalig auf Januar verschoben wurden. Wenn man seriösen Untersuchungen glauben darf, wird sich an der Zahl der Arztbesuche in toto aber nicht viel ändern. Umsatzfördernde Effekte für die Apotheken aus dem Wegfall der Praxisgebühr sind daher nur in geringem Ausmaß zu erwarten.

     

    FAZIT | Bedingt durch die zusätzlichen personellen Belastungen aufgrund der Rabattverträge und der weiteren, teilweise sehr kostenintensiven Verpflichtungen aufgrund der novellierten ApBetrO sind die für 2013 zu erwartenden (absoluten) Rohertragszuwächse der Apotheken sicher nicht ausreichend, um die Kostensteigerungen dieses und der vergangenen Jahre auszugleichen und alle überfälligen Re-Investitionsmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Deshalb muss die Politik immer wieder daran erinnert werden, dass im System der Sozialen Marktwirtschaft auf Dauer nur rentabel betriebene Apotheken die ihnen per Gesetz auferlegte ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherstellen können. Die leichte Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und eine offensichtlich positivere Sicht der politisch Verantwortlichen, was die Fähigkeiten und Möglichkeiten der öffentlichen Apotheken betrifft, machen allerdings Hoffnung „auf Mehr“ in den nächsten Jahren. So könnte auch der Beruf des Apothekers wieder an Attraktivität gewinnen. Und mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage dürfte in Zukunft auch der Verkaufswert von Apotheken, wenn auch nur leicht, steigen.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 3 | ID 37760380