· Fachbeitrag · Apothekenentwicklung
Schwerpunktapotheke Allergie und Asthma: Fachwissen für eine kompetente Beratung
von Dipl.-Kffr. (FH) Katja Löffler, PTA, München, und Maja Seimer, Medienbüro Medizin (MbMed), Hamburg
| Die Zahl der Allergiker in Deutschland nimmt stetig zu. Laut Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (DGAKI) leiden rund 40 Prozent der Deutschen unter mindestens einer Allergie - häufig auch in Kombination mit Asthma. Teilweise können Medikamente die Beschwerden lindern und damit sind Apotheken die erste Anlaufstelle für Allergiker. |
Allergie: Abwehrreaktion des Immunsystems
Im Sommer auf einer blühenden Wiese liegen, Nüsse knabbern oder Nachbars Hund streicheln - für Allergiker können gewöhnliche Tätigkeiten zu unangenehmen bis gefährlichen Körperreaktionen führen. Da nicht alle Allergien nach demselben Muster ablaufen, unterscheidet man folgende vier Allergietypen:
Typ 1 - Reaktion vom Soforttyp
Der weitaus größte Anteil der allergischen Reaktionen, etwa 90 Prozent, entfällt auf den Soforttyp (beispielsweise bei Heuschnupfen, Tierhaaren, bestimmten Nahrungsmitteln, Insektenstichen oder Hausstaubmilben). Die Symptome wie eine Erweiterung der Blutgefäße, anschwellendes Gewebe, die Verengung der Bronchien oder in schweren Fällen sogar ein Herz-Kreislauf-Versagen treten bereits nach wenigen Sekunden oder Minuten nach dem Kontakt auf. Bei diesem Allergietyp stuft das Immunsystem harmlose Stoffe als gefährlich ein und versucht diese durch die Bildung von Abwehrstoffen zu bekämpfen. Die produzierten Abwehrstoffe (IgE-Antikörper) werden an Mastzellen gebunden. Daraufhin wird das für die allergische Reaktion verantwortliche Histamin freigesetzt. Die Folgen sind:
- Juckreiz der Nase oder Augen
- Niesreiz
- Schnupfen
- Hautreaktionen (Rötung, Juckreiz, Quaddeln)
- Atemnot/Asthma
- Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall)
Typ 2 - Reaktion vom zytotoxischen Typ
Ausgelöst wird der zytotoxische Allergietyp häufig durch Medikamente, die als Zellgift agieren. Dabei werden Blutzellen (Blutarmut), Haut-, Nieren- oder Lungenzellen direkt zerstört.
Typ 3 - Reaktion vom Immunkomplex-Typ
Bei diesem Allergietyp werden Immunkomplexe (Antigen-Antikörper-Verbindungen) gebildet. Diese lagern sich in Organen, Blutgefäßen und Gelenken ab. Nach Stunden oder Tagen kommt es zu Entzündungen von Nierengewebe, Blutgefäßen oder Gelenken. Auch ein Absterben des Gewebes ist möglich. Viele Betroffene leiden unter Fieber oder Gliederschmerzen. Ausgelöst wird diese Reaktion häufig durch Bakterien oder Medikamente wie Penicillin, Salicylate (ASS, Aspirin) oder Antibiotika.
Typ 4 - Reaktion vom Spättyp
Beim Spättyp erfolgt die Sensibilisierung über die Haut. Nach etwa zwei Tagen kommt es zu allergischen Reaktionen meistens an der Haut. Am bekanntesten ist das Kontaktekzem, das sich als juckende, gerötete, manchmal nässende Schwellung der Haut äußert. Die Reaktion kann sich über die Blut- und Lymphbahn auf den ganzen Körper ausbreiten. Als Auslöser gelten u.a. Schmuck, Kosmetika, Kleidung und Konservierungsstoffe in Salben und Cremes.
Allergie oder Unverträglichkeit
Häufig werden Unverträglichkeiten zum Beispiel von Lebensmitteln mit einer Allergie verwechselt, da die Symptome ähnlich sind. Doch medizinisch betrachtet ist eine Unverträglichkeit (Intoleranz) etwas völlig anderes als eine Allergie. Während eine Allergie eine Immunreaktion zum Beispiel auf bestimmte Eiweißstoffe ist, ist eine Unverträglichkeit oft eine Reaktion des Darmes auf einen Mangel an Enzymen, bei der keine Abwehrstoffe gebildet werden. Am Beispiel von Milch lässt sich dieser Unterschied sehr gut verdeutlichen:
- Bei einer Milchallergie bildet der Körper Antikörper gegen das Milcheiweiß. Die Betroffenen vertragen gar keine Milch mehr und sollten komplett auf sie verzichten.
- Bei einer Milchunverträglichkeit besteht ein Mangel an Laktase, also dem Enzym, das den Milchzucker abbaut. Kleinere Mengen Milch werden von den meisten Betroffenen noch vertragen.
Heuschnupfen und Kreuzallergien
Die in Deutschland am weitesten verbreitete Allergie ist die Gräserpollenallergie, auch Heuschnupfen genannt. Im Unterschied zu einer allergischen Erkrankung der Atemwege, die häufig chronisch verläuft, tritt die Gräserpollenallergie nur im Frühling und im Sommer auf. Bestimmte Gräser - genau genommen die Pollen der Gräserblüte - lösen bei den Betroffenen dann die allergische Reaktion aus. Teilweise sind Medikamente gegen Heuschnupfen ohne Rezept in der Apotheke erhältlich. Damit Sie Ihren Kunden die passenden Produkte empfehlen können, sollten Sie im Beratungsgespräch die folgenden Fragen klären:
- Welche Beschwerden liegen vor?
- Wann treten die Beschwerden auf? In welchen Monaten?
- Zu welcher Tageszeit und unter welchen Bedingungen sind sie am stärksten ausgeprägt?
- War der Kunde deswegen schon beim Arzt?
- Hat er bereits Arzneimittel eingenommen?
- Hat diese ein Arzt verschrieben oder ein Apotheker empfohlen?
- Konnten bereits eingenommene Mittel die Symptome lindern?
MERKE | Patienten, die unter einer Pollenallergie leiden, zeigen häufig auch beim Verzehr bestimmter Nahrungsmittel allergische Reaktionen. Das Immunsystem reagiert auf Stoffe, deren chemischer Aufbau der Struktur der Pollen ähnelt. Dieses Phänomen nennt sich Kreuzallergie und gehört zu den häufigsten Formen der Lebensmittelallergien im Erwachsenenalter. Fragen Sie Ihren Kunden daher, ob er neben Pollen auch auf bestimmte Nahrungsmittel allergisch reagiert. Vor allem bei einer Allergie auf früh blühende Bäume und Sträucher treten häufig gleichzeitig Lebensmittelallergien auf. Wer etwa auf Birken-, Erlen- und Haselnusspollen reagiert, verträgt meistens kein Kern-/Steinobst wie Apfel, Pfirsich und Kirsche. Überwiegend reagieren diese Patienten dann auch allergisch auf Nüsse wie Hasel-, Wal- und Erdnüsse. Allergien gegen Beifuß und Wegerich sind oft gepaart mit einer Allergie gegen Paprika, Knoblauch, Möhren und Sellerie. In einem solchen Fall können Sie Ihren Kunden nur raten, auf den Verzehr der entsprechenden Lebensmittel zu verzichten. Denn anders als bei der Pollenallergie helfen hier keine Arzneimittel. |
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Asthma
Patienten, die unter Allergien leiden, sind häufig auch von Asthma betroffen. Besonders bei Allergikern mit Heuschnupfen kommt es vor, dass sich zusätzlich allergisches Asthma entwickelt. Dieses wiederum kann auch zu einem chronischen Asthma bronchiale werden. Asthmatiker, die von dieser Form betroffen sind, haben eine dauerhafte Entzündung der Bronchialschleimhaut, was zu einer Überempfindlichkeit der Atemwege führt. Für sie ist es besonders wichtig, in der Apotheke gut beraten zu werden.
Vor allem für Kunden, für die die Verwendung von Asthmasprays und Inhalatoren neu ist, sind Sie ein wichtiger Ansprechpartner. Mit diesen Kunden sollten Sie den richtigen Umgang mit den verordneten Geräten üben. Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Inhalatoren empfiehlt sich eine Schulung aller pharmazeutischer Mitarbeiter, damit diese mit dem Gebrauch der verschiedenen Systeme vertraut sind. Nur dann können Sie kompetent beraten.
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Arzneimittelallergie
Auch Arzneimittel selbst können Auslöser allergischer Reaktionen sein. Manche Menschen reagieren auf bestimmte Substanzen, die in Medikamenten enthalten sind. Besonders häufig lösen Antibiotika und Antiepileptika allergische Reaktionen - vornehmlich der Haut - aus.
PRAXISHINWEIS | Wenn Kunden mit Hautausschlägen, Juckreiz oder anderen Beschwerden, die auf allergische Reaktionen hindeuten, zu Ihnen in die Apotheke kommen, sollten Sie immer danach fragen, welche Medikamente diese derzeit einnehmen - vorübergehend und dauerhaft. |
Anaphylaktischer Schock
In schwereren Fällen kann eine allergische Reaktion zu Atemnot, Kreislaufproblemen und zu einem anaphylaktischen Schock führen. Die Reaktion tritt meist unmittelbar nach dem Kontakt mit dem Allergieauslöser auf und kann lebensbedrohlich sein. Deshalb ist es wichtig, die typischen Anzeichen (Hautrötung, Quaddeln oder Schwellungen von Gliedmaßen, Schluckbeschwerden, Übelkeit/Erbrechen, Atemnot/Asthmaanfall, Bewusstseinstrübung, Krampfanfälle) frühzeitig zu erkennen und unverzüglich den Notarzt zu rufen.
Als Schwerpunktapotheke in der Öffentlichkeit auftreten
Die Spezialisierung Ihrer Apotheke auf Allergie und Asthma müssen Sie an Fachärzte wie Allergologen oder Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Patienten und die allgemeine Öffentlichkeit kommunizieren. Mögliche Maßnahmen sind:
- Website: Bereits auf Ihrer Startseite sollten Patienten erkennen können, dass Sie auf die Bereiche Allergien und Asthma spezialisiert sind. In einem eigenen Navigationspunkt können Sie nähere Informationen bieten.
- Apotheke: Stellen Sie Schilder auf, auf denen Sie auf Ihre Schwerpunkte hinweisen, etwa im Eingangsbereich oder im Schaufenster. Legen Sie Informationszettel zu den Themen Allergie und Asthma aus.
- Vorträge und Patientenschulungen: Durch gemeinsame Veranstaltungen mit Fachärzten erhalten Sie die Chance, auf Ihre Fachkompetenz im Schwerpunkt Allergie und Asthma hinzuweisen.
- Presse: In der lokalen Presse können Sie Anzeigen schalten, in denen Sie Ihre Schwerpunkte gut sichtbar platzieren.