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  • · Fachbeitrag · Apothekenmarketing

    Schwerpunkt HIV: Mit Fachkompetenz und Feingefühl beraten

    von Yvonne Willibald, Medienbüro Medizin (MbMed), Hamburg

    | Die Infektion mit dem Humanen-Immundefizienz-Virus (HIV) gilt heute oft als Krankheit der 1980er-Jahre und hat für viele ihren Schrecken verloren. Doch allein in Deutschland leben laut Robert-Koch-Institut (RKI) derzeit über 78.000 Menschen mit einer HIV-Infektion - und mehr als 3.000 Bundesbürger stecken sich jedes Jahr neu an. Dank moderner Medikamente ist die Lebenserwartung der Patienten heute in der Regel ganz normal. Indem sie kompetent beraten, können Apotheken mit dem Schwerpunkt HIV/AIDS dazu beitragen, dass die Lebensqualität HIV-positiver Menschen weiter steigt. |

    Fachwissen: stets auf dem aktuellen Stand sein

    Die Forschung im Bereich HIV schreitet rasant voran: Kam die Diagnose „HIV-positiv“ vor 20 Jahren noch einem Todesurteil gleich, können die Patienten heute dank moderner Medikamente ein relativ normales Leben führen. Um HIV-positive Kunden kompetent beraten zu können, sollten Apotheker und ihre Mitarbeiter stets über aktuelle Entwicklungen informiert sein. Denn ein Vertrauensverhältnis kann nur entstehen, wenn die Kunden sich gut betreut fühlen und nicht etwa den Eindruck gewinnen, selbst besser Bescheid zu wissen als das Fachpersonal in der Apotheke. Regelmäßige Fortbildungen und Schulungen sind deshalb unverzichtbar.

    Informationslücken erfolgreich schließen

    Die meisten Menschen mit HIV sind bestens über ihre Erkrankung informiert. Neupatienten haben allerdings oft noch großen Aufklärungsbedarf: Viele können ihrem Arzt im Moment der Diagnose nicht mehr richtig zuhören und möchten die Praxis einfach nur schnell verlassen. Dann ist die zusätzliche Beratung in der Apotheke besonders wichtig. Dazu gehört vor allem, über die Medikamente und deren Nebenwirkungen zu informieren. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt: Denn erscheinen den Patienten die unerwünschten Wirkungen zu heftig, kann sich das negativ auf ihre Compliance auswirken. Nehmen Patienten die Arzneimittel aber unregelmäßig ein, können die Viren Resistenzen entwickeln. Dann wirken die Medikamente nicht mehr und das ist in der Regel gefährlicher als die gefürchteten Nebenwirkungen.

     

    PRAXISHINWEIS | Informieren Sie Ihre Kunden über Wirkungsverluste von Medikamenten und geben Sie beispielsweise Tipps zum Einnahmezeitpunkt: Löst ein Mittel etwa häufig Halluzinationen aus, können Sie Ihren Kunden empfehlen, es abends einzunehmen. So verschlafen sie im Idealfall einen Großteil der Nebenwirkungen. Andere Arzneimittel sollten die Patienten nur nach dem Essen einnehmen oder die Medikamente erfordern eine fettreiche Nahrung (siehe auch „Die richtige Einnahme von Tabletten, Kapseln und Co.“ in AH 04/2013, Seite 8).

     

    Das A und O: Diskretion und ein offenes Ohr

    HIV-infizierte Kunden erleben im Alltag oft Diskriminierungen aufgrund ihrer Infektion: Freunde ziehen sich zurück, Arbeitgeber kündigen ihnen, Ärzte und Zahnärzte verweigern die Behandlung. In einer Umfrage der Deutschen-AIDS-Hilfe im Jahr 2012 gaben rund 77 Prozent der Befragten an, im Vorjahr derartige Stigmatisierungen erlebt zu haben. Viele haben aufgrund dieser Erfahrungen ein schlechtes Selbstwertgefühl in Bezug auf ihre Erkrankung, ziehen sich zurück und sprechen nicht über die Infektion. Manche verheimlichen sie sogar komplett, um weiteren Diskriminierungen zu entgehen. Umso wichtiger ist es, dass Apothekenmitarbeiter sensibel mit dem Thema umgehen und HIV-positive Kunden auch bei Alltagssorgen und in sozialen Fragen beraten sowie unterstützen. Ein separater Beratungsraum sorgt dafür, dass Sie diskret und ganz in Ruhe mit den Kunden sprechen können.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch wenn ein Patient nur seine Medikamente abholt und keine Beratung benötigt, sollten Sie auf Diskretion achten: Legen Sie die Medikamente nicht einfach offen auf den Verkaufstresen, sondern packen Sie sie besser direkt in eine Tasche.

     

    Viele Kunden scheuen aber den persönlichen Kontakt in der Apotheke und nutzen lieber ihren Medikamenten-Lieferservice. So müssen sie ihre Arzneimittel nicht in Gegenwart anderer Kunden entgegennehmen. Mitarbeiter, die Medikamente an HIV-positive Kunden ausliefern, sollten nicht direkt vor deren Haus parken. Anderenfalls kann es sein, dass diese neugierigen Nachfragen der Nachbarn ausgesetzt sind. Möchten Sie sehr kontaktscheue Kunden ausführlich informieren, können Sie zudem Broschüren anbieten - etwa mit Informationen zu den einzelnen Medikamenten und entsprechenden Einnahme-Empfehlungen, Tipps zur richtigen Ernährung sowie Informationen zum aktuellen Forschungsstand. Das ersetzt jedoch nicht das persönliche Beratungsgespräch.

     

    PRAXISHINWEIS | Apotheken können mit der AIDS-Hilfe gemeinsam über HIV informieren. Zudem können sie sich der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken (DAH2KA) anschließen. Sie wurde 2002 gegründet und unterstützt Apotheken, die sich auf HIV und AIDS sowie/oder Hepatitis spezialisieren wollen. Unter anderem stellt sie für Mitglieder Broschüren zum Download bereit. Weitere Informationen finden Sie auf www.dahka.de.

     

    Grundvoraussetzung: Engagement und Herzblut

    Apotheken mit dem Schwerpunkt HIV/AIDS sind wichtige Anlaufstellen für die Betroffenen. Wer HIV-positiven Menschen dabei helfen möchte, ein möglichst normales Leben zu führen, sollte sich auf diesen Schwerpunkt spezialisieren. Allerdings ist viel Engagement und Herzblut gefragt: Das große Geld lässt sich mit dem Schwerpunkt HIV nicht verdienen. Denn die wenigsten Patienten können sich zusätzliche rezeptfreie Arzneimittel leisten. Das liegt unter anderem daran, dass immer noch viele HIV-positive Menschen arbeitslos oder in Frührente sind.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 8 | ID 42471896