· Fachbeitrag · Beratungswissen auf den Punkt gebracht
Pharmakogenetik, Teil 2: Ethnische Unterschiede bei der Arzneimitteltherapie
von Apothekerin Anja Hapka, Essen
| Vor allem die sehr stark variierenden Enzymsysteme von Menschen unterschiedlicher Ethnie haben eine große Bedeutung im Hinblick auf die Wirkung von Arzneistoffen. AH erläutert Ihnen die wichtigsten Aspekte ‒ angefangen bei der geschichtlichen Entwicklung bis hin zu der großen gemeinsamen Herausforderung für Ärzte und Apotheker, im Alltagsgeschehen individuell benötigte Anpassungen von Arzneimitteldosierungen für betroffene Patienten zu erkennen und umzusetzen. |
Entdeckung von Unterschieden bei der Arzneimitteltherapie
Dass genetisch begründete Unterschiede einen entscheidenden Einfluss auf die Wirkung eines Arzneimittels haben können, wurde erstmals in den 1950er-Jahren bei dem für Narkosen eingesetzten Muskelrelaxans Suxamethonium beobachtet. In einem Verhältnis von etwa 1 : 3.500 kam es bei Menschen weißer Hautfarbe zu einer stark verlängerten Muskellähmung. Man fand heraus, dass bei diesen Personen das für den Abbau von Suxamethonium notwendige Enzym Pseudocholinesterase deutlich geringer wirkte. Betroffene Patienten mussten bis zum Abklingen der muskelrelaxierenden Wirkung narkotisiert und künstlich nachbeatmet werden.
Heutzutage kennt man mehrere genetische Varianten der Pseudocholinesterase. Einige davon treten vor allem bei speziellen Bevölkerungsgruppen auf und lassen sich auf die häufige Endogamie (altgriechisch für „Innenhochzeit“) zurückführen. Bei dieser Heiratsordnung werden Eheschließungen innerhalb der eigenen sozialen Kategorie bevorzugt oder vorgeschrieben. So existiert die atypische Variante des Enzyms, die das Suxamethonium nur langsam hydrolysiert, z. B. bei den Vaishya, der dritten indischen Kaste der traditionellen vier Hindukasten, die aus Kaufleuten, Händlern, Geldverleihern und Großgrundbesitzern besteht.
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