· Fachbeitrag · Interview
„Über Mobile Couponing profitieren Apotheken von den Marketingaktionen der Hersteller“
| Rabattmarken waren gestern. Inzwischen lassen Rabattgutscheine sich per Smartphone an der Kasse einlösen. Auch Apotheken sollen ihre Kunden in Zukunft vor und während des Besuchs gezielt mit digitalen Angeboten ansprechen können. Voraussetzung: Ein Couponing-System muss in die Kasse integriert werden. Christoph Thye ist Vorstand der acardo group AG, die Mobile Couponing für Apotheken anbietet. Im Interview mit Ursula Katthöfer ( textwiese.com ) erläutert er die kommenden Möglichkeiten der Verkaufsförderung. |
Frage: Mobile Couponing gibt es bereits im Lebensmitteleinzelhandel und in Restaurantketten. Wie funktioniert es?
Antwort: Der Kunde sieht auf seinem Smartphone z. B. die Bannerwerbung mit der Gratisprobe eines Herstellers auf einer Internetseite. Er klickt das Banner an und gelangt zur Homepage des Herstellers. Dieser bietet einen Coupon an. Der Kunde geht mit diesem Coupon zum Händler, der den Code des Coupons an der Kasse einscannt. So erhält der Kunde den Rabatt. Eine Online-Validierung verhindert, dass der Gutschein mehrmals eingelöst wird.
Frage: Wie könnte eine digitale Rabattaktion in einer Apotheke aussehen?
Antwort: Nehmen wir ein Zinkprodukt, auf das der Hersteller einen Rabatt von drei Euro gewährt. Der Kunde bringt den Coupon in einer Zeitschrift oder einer App mit. Das Medium spielt keine Rolle. In der Apotheke wird der Coupon gescannt, der Kunde erhält den Rabatt. Der Apotheke wird dieser Rabatt über ein Clearinghaus, das mit der Verrechnung beauftragt ist, zu 100 Prozent gutgeschrieben. Die Apotheke erhält eine monatliche Gutschrift.
Frage: Die Clearinghäuser agieren also als Makler?
Antwort: Sie werden von den Herstellern w‒ im Beispiel vom Hersteller des Zinkprodukts ‒ beauftragt. So müssen Apotheken nicht einzeln mit jedem Hersteller verhandeln.
Frage: Welche betriebswirtschaftlichen Vorteile ergeben sich?
Antwort: Die Apotheke profitiert von der Verkaufsförderung der Hersteller. Diese Marketingkooperation ist für sie kostenlos. Zudem haben Coupons den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu anderen Marketinginstrumenten messbar sind. Sie binden Kunden an eine Marke und eignen sich, um neue Produkte einzuführen, Packungs-Relaunches zu kommunizieren sowie Preiserhöhungen abzufedern.
Frage: Könnte eine Apotheke auch eigene mobile Coupons ausgeben?
Antwort: Technisch wäre das möglich. Es könnte für die Verkaufsförderung und Kundenbindung sinnvoll sein, wenn eine Apotheke z. B. eigene Coupons auf das Ende ihrer Kassenbons druckt. Doch jede Apotheke muss aufpassen, dass sie keine Spanne verschenkt, weil sie zu viele Rabatte gibt. Eine Zusammenarbeit mit den Marketingkooperationen wäre hier sicherlich sinnvoll, da diese die Aktionen für alle angeschlossenen Apotheken mit den Herstellern verhandeln könnten.
Frage: Wie ist die rechtliche Grundlage?
Antwort: Couponing ist grundsätzlich erst seit 2001 erlaubt. Damals wurde das deutsche Rabattgesetz aufgehoben. Seitdem dürfen Konsumgüterhersteller hochwertige Coupons verteilen ‒ aus Papier oder digital. Zuvor durfte es in Deutschland nur Rabatte bis zu drei Prozent geben. Heute verteilen die Unternehmen 18 Mrd. Coupons pro Jahr.
Frage: Welche technischen Voraussetzungen sind notwendig?
Antwort: Jede Apotheke mit einem 2D-Code-fähigen Scanner erfüllt die technischen Voraussetzungen für Mobile Couponing. Durch securPharm dürfte jede Apotheke über einen solchen Scanner verfügen. Sie muss sich bei einem Clearinghaus anmelden. Dann wird jeder Kassenbon, über den ein Coupon abgerechnet werden soll, elektronisch übermittelt und abgerechnet. Das manuelle Clearing, das fehleranfällig und aufwendig ist, entfällt. Zusätzliche Kosten entstehen nicht.
Frage: Wann kann es losgehen?
Antwort: Der Bundesverband Deutscher Apotheken-Softwarehäuser (ADAS) wird unseres Wissens bis Mitte 2020 eine einheitliche Schnittstelle vorgeben. Über sie können Coupons unterschiedlicher Hersteller eingelöst werden. Bis dahin werden die ersten Kassensoftwarehäuser die Kassensoftware entsprechend anpassen. Dann kann das System relativ schnell ausgerollt werden.
Frage: Wie lassen sich die über Mobile Couponing gewonnenen Daten für weitere Marketingaktionen nutzen?
Antwort: Über ein Loyalty-Programm wie eine Kundenkarte könnte die Apotheke ihre Kunden gezielt ansprechen. Kunden könnten mit Bonuspunkten sowie kleinen Prämien belohnt und gebunden werden. Doch angesichts der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sollte sehr vorsichtig vorgegangen werden. Auf dem Kassenbon sind gesundheitliche Informationen ablesbar.
Frage: Apotheker haben einen Heilberuf und betrachten sich nicht als Verkäufer. Welches Interesse erwarten Sie?
Antwort: Wir hatten einen Stand auf der expopharm, um Mobile Couponing vorzustellen. Das positive Feedback hat uns überrascht. Als wir vor 19 Jahren im Lebensmitteleinzelhandel damit starteten, war das noch ganz anders. Inzwischen ist das Umfeld positiv. Jeder kennt das Internet und den Versandhandel. Die Apotheker wissen, dass sie jetzt agieren müssen, um ihre Zukunft zu sichern.
Frage: Online-Apotheken haben bereits die gesamte technische Infrastruktur und das Know-how. Sind digitale Rabattaktionen nicht eher etwas für sie?
Antwort: Natürlich gibt es in Webshops längst Rabattcoupons und viele Portale, die sich darum kümmern. Wir sind jedoch Freunde des stationären Handels. Unsere Konzepte sehen vor, dass Coupons dort einlösbar sind. So können das Internet und der stationäre Handel stärker zusammenwachsen. Denn die Mediennutzung ändert sich. Der Handzettel ist auf dem Rückzug. Vor diesem Hintergrund müssen Apotheken aufpassen, den Kontakt zu ihren Kunden nicht zu verlieren.
Frage: Aber Apotheken haben eher ältere als junge Kunden. Ist die Zielgruppe überhaupt schon reif für Mobile Couponing?
Antwort: Es gibt mit Sicherheit fließende Übergänge. Wir haben Coupons in reichweitenstarken Print-Magazinen, die ältere Menschen lesen, und im Internet. Doch wir unterscheiden nicht groß zwischen den Altersgruppen. Man muss heute die ganze Klaviatur spielen. Der Kunde entscheidet, welches Medium er nutzt.