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  • · Nachricht · Qualität feste Oralia

    Zur Stabilität von neu geblisterten oder in Dosiersysteme umgepackten Arzneimitteln

    von Dr. Constanze Schäfer MHA, Düsseldorf

    | Wer Arzneimittel einnahmegerecht in Dosiersysteme umfüllt oder verblistert, steht vor der Frage, wie es sich mit der Stabilität der festen Oralia verhält. Aber selbst wenn sich der Apotheker gegen Blistern oder Stellen als Serviceangebot für seinen Betrieb entscheidet, wird er im Rahmen der Versorgung und Betreuung von Pflegeeinrichtungen mit solchen Fragen konfrontiert. Die Apothekenbetriebsordnung schreibt eine Validitätsprüfung der Stabilität von neu geblisterten oder in Dosiersystemen umgepackten Arzneimitteln seit Juni 2012 vor. Doch Informationen zur Stabilität von Tabletten und Kapseln unter diesen Bedingungen sind rar. |

    Mangelhafte Datenlage ist weltweiter Missstand

    Dieser Missstand ist nicht allein ein deutsches und schon gar kein neues Problem. Bereits 1992 forderte ein Autor im Pharmaceutical Journal, dass sich über die Frage der Stabilität von Arzneimitteln außerhalb der Originalblister sowohl Hersteller als auch die Zulassungsbehörden angesichts von Dosierhilfen und der gelebten Praxis in der Versorgung von Patienten Gedanken machen müssten.

     

    Sehr intensiv haben sich australische Apotheker mit diesem Umstand beschäftigt. So erschien im Jahr 2009 in der Zeitschrift „Current Drug Safety“ ein Artikel mit der Überschrift: „Compliance Aids und Medicine Stability: New Evidence of Quality Assurance“ (Dispensierhilfen und Arzneimittelstabilität: Neue Evidenz der Qualitätskontrolle). Die australischen Autoren (Glass, Haywood et al.), die die Verbesserung der Versorgungsqualität und die Reduktion von Einnahmefehlern anführen, sind jedoch mit den bislang zur Verfügung stehenden Daten zur Stabilität unzufrieden.

     

    Weiterführende Literatur

    • Glass, B. D., Haywood, A. et al.: Compliance Aids and Medicine Stability: New Evidence of Quality Assurance. Current Drug Safety, 2009, 4, 74-78

    Unzureichende Hersteller-Informationen zur Stabilität außerhalb der Original-Blister

    Die Hersteller gewährleisten die Qualität ihrer Produkte nur so lange, wie sich diese in den Originalblistern befinden. Die Primärverpackung unterliegt den Zulassungsanforderungen und muss über die gesamte Laufzeit des Präparats sowohl die mikrobiologische als auch physikalische und chemische Stabilität und die Unversehrtheit des Produktes sicherstellen.

     

    Beim Blistern und Stellen sind dagegen die Apotheker nicht nur pharmazeutisch, sondern auch haftungsrechtlich in der Pflicht. Die meisten Hersteller geben auf Nachfrage keine Informationen zur Stabilität ihrer Produkte außerhalb der Blister. Häufig begründen sie dies mit fehlenden Daten, da ihre Stresstests mit original geblisterter Ware erfolgen. Auch zur Stabilität geteilter Tabletten geben die Hersteller kaum Hinweise. Deshalb weist eine Empfehlung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) von November 2012 die Ärzte darauf hin, dass Apotheken aufgrund fehlender Daten und Informationen gar nicht in der Lage sind, für patientenindividuelle Dosiersysteme Aussagen zur Stabilität geteilter Tabletten zu treffen.

     

    Weiterführende Literatur

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn das Teilen der Tabletten unumgänglich ist, empfiehlt die KVWL, dies jeweils unmittelbar vor der Einnahme durchzuführen und die verbleibende Hälfte zum nächstmöglichen Einnahmezeitpunkt zu verabreichen, um das qualitätsmindernde Risiko so gering wie möglich zu halten. Anders formuliert: Geteilte Tabletten sind individuell täglich vor Ort zu stellen.

     

     

    Was gehört nicht in die Dispenser?

    In Australien wurden Guidelines entwickelt, was keinesfalls in Blister oder Dispenser umgepackt werden sollte. Auch der Bundesverband deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) hat sich im Rahmen eines Papiers zur Unit-Dose-Versorgung in Krankenhäusern geäußert. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick:

     

    Nicht geeignete Arzneiform/
     
    Nicht geeignete Wirkstoffgruppen bzw. Wirkstoffe/
     
    Nicht geeignete Präparategruppen
    Australische Guidelines
    ADKA-Empfehlung
    Aufsatz von Glass, Haywood et al. (2009); Haywood (2011): Angaben zu publizierten Stabilitätsstudien einzelner in Deutschland relevanter Wirkstoffe

    Brausetabletten

    X

    Dispersible Tabletten

    X

    Buccaltabletten

    X

    Sublingualtabletten

    X

    Kautabletten

    X

    Bruchempfindliche Tabletten

    X

    Tabletten mit hohem Abrieb

    X

    Hygroskopische Wirkstoffe

    X

    X

    Lichtempfindliche Wirkstoffe

    X

    X

    Oxidationsempfindlichen Wirkstoffe

    X

    X

    Wärmeempfindliche Wirkstoffe

    X

    Feuchtigkeitsempfindliche Wirkstoffe

    X

    Antazida mit Aluminiumhydroxid

    X

    Antazida mit Magnesiumtrisilikat

    X

    Hormon - Antibiotikum - Zytostatikum

    X

    cmr-Wirkstoffe

    X

    Inkompatibilität des Arzneimittels mit Folienmaterial

    X

    Interaktion mit anderem Arzneimittel

    X

    ASS (Feuchtigkeit)

    X

    Clozapin (Oxidation)

    X

    Furosemid (Licht)

    X

    Paracetamol (Feuchtigkeit)

    X

    Na-Valproat

    X

     

     

    Weiterführende Literatur

     

    • ADKA: Empfehlungen der ADKA zur Qualitätssicherung: Anforderungen an eine Unit-Dose-Versorgung in der Krankenhausapotheke; Stand 17.11.2009; angepasst 2012 (www.adka.de) (veröffentlicht in: Krankenhauspharmazie, 32. Jg., Nr. 7, 2011)

     

    • Glass, B. D., Haywood, A. et al.: Compliance Aids and Medicine Stability: New Evidence of Quality Assurance. Current Drug Safety, 2009, 4, 74-78

     

    • Haywood, A. et al.: Dose Administration Aids: Pharmacist’s Role in Improving Patient Care. AMJ 2011, 4, 4, 188-192

    Weitere Stabilitätsdaten aus dem Ausland

    Church und Smith haben 2006 eine über knapp 400 Präparate umfassende Liste mit Stabilitätsdaten veröffentlicht. Allerdings sind diese Produkte nur zum Teil in Deutschland verfügbar. Hinweise zur Lichtempfindlichkeit oder Ähnlichem, die ja im Regelfall wirkstoffspezifisch sind, können übernommen werden, zum Beispiel:

     

    • Nifedipin und Clonazepam sollten im Dunkeln gelagert werden.
    • Atorvastatin sollte vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden.
    • Omeprazol in herkömmlicher Formulierung ist relativ hygroskopisch, in der MUPS-Galenik im Vergleich wesentlich stabiler.
    • Zudem werden konkret Präparate genannt, die nicht in Dosiersysteme überführt werden sollten, wie zum Beispiel Topamax®/Topiramat, Proscar®/Finasterid oder Tegretal (retard)®/Carbamazepin.

     

    Ebenfalls eine Liste zu einzelnen Präparaten bietet die Übersicht des NHS-Trusts vom Mid Yorkshire Hospital. Hier finden sich auch bei zahlreichen Präparaten Informationen über empfohlene Verweildauern von umgepackten Arzneimitteln. Als Beispiel sei hier Prozac®/Fluoxetin angeführt, das bei geringstmöglichem Feuchtigkeits- und Lichtzutritt ohne Probleme vier Wochen gelagert werden kann.

     

    Unter Umständen ebenfalls von Interesse ist der Geruch von Präparaten, wenn sie umgeblistert werden sollen und eventuell damit einen negativen Einfluss auf die Compliance des Patienten haben könnten, so beispielsweise Glucophage®/Metformin.

     

    Weiterführende Literatur

     

    Der bereits oben erwähnte Aufsatz von Glass aus 2009 basiert auf einer Metaanalyse zu Studien zur Stabilität von Tabletten außerhalb des Originalblisters und in Dispensiersystemen. Näher beschrieben sind Atenolol (nach den ausgewerteten Daten stabil), Paracetamol, Furosemid und Natriumvalproat. Die Ergebnisse der Analyse und des von der Arbeitsgruppe um Glass/Haywood weiterentwickelten Aufsatzes aus 2011 sind in der obigen Tabelle berücksichtigt.

     

    Weiterführende Literatur

    • Glass, B. D., Haywood, A. et al.: Compliance Aids and Medicine Stability: New Evidence of Quality Assurance. Current Drug Safety, 2009, 4, 74-78
    • Haywood, A. et al.: Dose Administration Aids: Pharmacist’s Role in Improving Patient Care. AMJ 2011, 4, 4, 188-192

    Derzeitige Möglichkeiten für deutsche Apotheker

    Die Datenlage ist insgesamt spärlich, weshalb derzeit und sicher auch in absehbarer Zukunft Apotheker sich individuell beim jeweiligen Hersteller des Präparats über die Stabilität informieren müssen. Außer Frage steht, dass das vom Hersteller ursprünglich ausgewiesene Haltbarkeitsdatum nach dem Umpacken in Blister seine Gültigkeit verliert. Blister und Dosiersysteme sind durch die Apotheke oder dem beauftragten Blisterunternehmen mit einem neuen Haltbarkeitsdatum zu versehen.

    Allgemeine Empfehlungen

    Wichtig ist die Beratung von Pflegepersonal, pflegenden Angehörigen und Patienten selbst zum Umgang mit neu geblisterten Arzneimitteln und Dosierhilfen.

     

    Hierbei sollte im Vordergrund stehen, dass die Arzneimittel möglichst mit frisch gewaschenen Händen entnommen werden sollten, die Dosierkassetten oder auch Einzelbeutel dunkel, kühl und trocken gelagert werden: Also am besten nur den Einzelbeutel aus einem geeigneten Lagerschrank nehmen, der für den jeweiligen Einnahmezeitpunkt benötigt wird; Dosierkassetten unmittelbar nach der Entnahme ebenfalls wieder in den Lagerschrank stellen.

     

    Außerdem müssen die für den Mehrweggebrauch ausgelegten Dosierkassetten regelmäßig gereinigt und gut getrocknet werden, um eventuell eingebrachte Umweltverunreinigungen oder Abrieb von Tabletten zu entfernen. All dies trägt zur mikrobiologischen, physikalischen und chemischen Stabilität bei.

     

    PRAXISHINWEIS | Gute Informationen bietet die Datenbank des NHS/UKMi unter www.ukmi.nhs.uk. Unter MCA stability database / Startseite gibt es allgemeine Informationen. Der Kenntnisnahme können Sie einfach zustimmen - dann bekommen Sie ohne Weiteres Zugang zur Datenbank und können recherchieren.

     
    Quelle: ID 44101616