· Fachbeitrag · Verkaufsgespräch
Typ Kunde - einzigartig und doch berechenbar: So gelingt der Umgang mit zielorientierten Kunden
von Malaika Loher, Verkaufsexpertin und Coach, www.living-communication.de
| Jeder Kunde ist ein Unikum. Mit dem einen ist der Umgang in der Beratung leicht, mit dem anderen schwierig. Vier Persönlichkeitstypen sind besonders auffällig. Einer davon ist der zielorientierte Kunde. Er lässt sich durch seine Direktheit und Entschlussfreudigkeit leicht erkennen. Unterscheiden sich Verhalten, Werte, Ziele und Denkweisen des Kunden grundsätzlich von denen des Mitarbeiters, wird der Umgang mit diesem dominanten Menschen schwierig. Für den zielorientierten Apothekenbesucher gelten ganz besondere Regeln. Wer sich passend verhält, wird ihn schnell zufriedenstellen. |
Charaktereigenschaften des zielorientierten Menschen
Der zielorientierte Mensch ist nicht nur strukturiert und sehr sachlich, sondern auch extrem umsetzungsstark und wortgewandt. Was er sich vornimmt, zieht er entschlossen durch. Er setzt sich klare Ziele und will Ergebnisse sehen. Er organisiert sich fantastisch und plant sein Vorgehen immer mit Blick auf seine persönlichen Ziele. Seine Mitmenschen profitieren von seiner Schnelligkeit, Willensstärke und Klarheit. Entscheidungen fallen ihm leicht und er sieht die von seinen Mitmenschen gewünschten Resultate als Auftrag, für den er sich einsetzt. Er liebt seine Unabhängigkeit, verliert selten Zeit und neigt deshalb zu einem kurz angebundenen, stets sehr beschäftigten Verhalten.
Sieht er in etwas keinen Nutzen, ignoriert er es. Er misst sich gerne mit anderen Menschen, um sich zu behaupten und sich Respekt zu verschaffen. Das kann dazu führen, dass er für seine Durchsetzungsfähigkeit gefürchtet wird. Erfolg steht an erster Stelle. Bezwungen zu werden, ist die größte Angst. Er kann aufbrausen sowie andere beherrschen und antreiben, indem er rücksichtslos und kontrollierend alles an sich reißt und diejenigen nicht mehr ernst nimmt, die seine Ziele nicht unterstützen.
Woran erkennt man den zielorientierten Kunden?
Zielstrebig, mit schnellem, energischem Schritt, steuert er den Verkaufstresen an. Er blickt der Apothekerin direkt in die Augen. Seine Körpersprache ist hektisch, seine Kleidung pedantisch ordentlich. Er stellt kurze Fragen und reagiert bei langen Ausführungen der Mitarbeiterin mit abschweifendem Blick. Im Dialog unterbricht er sie häufig oder wird unruhig. Seine Stimme ist voluminös, gefühlsbetont und er spricht direkt aus, was er denkt. Qualität ist ihm wichtig. Er präsentiert sich über seine Ziele sowie Errungenschaften und zeigt ein starkes Ego. Details interessieren ihn weniger, er fordert eine schnelle Lösung und sieht oft auf die Uhr. Zudem kommt er häufig kurz vor den Schließzeiten. Klingelt sein Handy, geht er ungeniert ran und telefoniert, während der Mitarbeiter warten muss. Er wird schnell ungehalten und verlangt nach dem Chef, wenn er das Gefühl hat, nicht nutzbringend beraten zu werden.
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„Entschuldigen Sie bitte, ich war zuerst dran und ich habe nicht ewig Zeit“ fährt ein Kunde eine ältere Dame in der Schlange vor dem Tresen der Apotheke an. Lautstark hatte er in sein Handy gesprochen und war dabei nervös hin und her getigert. Dabei übersah er, dass sich die Schlange verkürzt hatte. Die ältere Dame ging schließlich an ihm vorbei, da er ihre Blicke ignorierte. |
Erst genau nachfragen - dann verkaufen
Der typorientierte Berater spricht direkt an, was er dem zielorientierten Kunden empfiehlt. Er kommt gleich zur Sache. Legt der zielorientierte Kunde wortlos ein Rezept auf den Tisch und zückt den Geldbeutel, holt ihm der Apothekenmitarbeiter unverzüglich sein Produkt. Er spricht nicht von „oh, da muss ich erst suchen“ oder startet mit Belanglosem wie „Schlimmes Wetter heute, oder?“
Hat der Kunde Fragen oder ist sich nicht sicher, was das beste Produkt für sein Bedürfnis ist, startet der Berater am besten mit W-Fragen: „was genau, wer genau, wie genau ...“ Damit will er herausfinden, was erforderlich ist, um dem Kunden ein Erfolgsgefühl zu vermitteln. Er soll die Apotheke verlassen und eine Aufgabe von seiner reichhaltigen To-do-Liste streichen können. Voreilige Vorschläge verärgern den zielorientierten Kunden. „Wie kann ein Mitarbeiter etwas empfehlen, wenn er doch gar nicht weiß, was ich überhaupt brauche?“ wird er denken und die gesamte Apotheke als unfähig kategorisieren.
Fakten, Fakten, Fakten
Zielorientierte Kunden interessieren sich nur für bestimmte Fakten. Auf die folgenden typischen Fragen zielorientierter Kunden sollte sich das Apothekenpersonal einstellen:
- Was kostet es?
- Was bringt es mir unter dem Strich?
- Funktioniert es sofort?
- Wird es leisten, was der Berater sagt?
- Seit wann wird das Produkt verkauft? Ist es das Neueste auf dem Markt?
- Weiß der Berater genau, wovon er spricht?
- Wie viel von einem Produkt wurde schon verkauft?
- Wie schnell kann es geliefert werden?
- Ist es wirklich das beste Angebot?
PRAXISHINWEIS | Auf keinen Fall sollte der Berater zu viel erklären. Anweisungen im Umgang mit Präparaten spart er sich genauso wie Hinweise auf Risiken, die nicht unbedingt gegeben werden müssten. Der am Nutzen orientierte Kunde will sein Problem schnell gelöst haben. Langatmige Ausführungen unterbricht er ungeduldig. Der Berater vermeidet Diskussionen, indem er dem Kunden zwei oder drei Alternativen bietet und ihm die Wahl lässt. |
Auf Augenhöhe bleiben - Sie sind der Profi
Da dieser Persönlichkeitstyp kein Blatt vor den Mund nimmt, neigt er dazu, impulsiv und manchmal aggressiv zu reagieren. Er sieht es sportlich und kämpft gerne um Sieg und Niederlage. Zum Beispiel vergisst er vielleicht das Rezept und will trotzdem sofort sein Produkt erhalten. Dazu zieht er rhetorisch alle Register. Das darf sich der Apothekenmitarbeiter nicht so sehr zu Herzen nehmen. Die direkte Art und der Druck, den dieser Kunde ausüben kann, wirken schon mal verletzend. Tief durchatmen und ruhig bleiben ist die Devise. Diesem Menschen begegnet man professionell und gelassen. Gerade Mitarbeiter, die sich Zeit lassen, akribisch oder gefühlsbetont vorgehen, wirken auf den Kunden geschwätzig, langsam oder zu wenig nützlich.
Detailorientierter Berater trifft auf zielorientierten Kunden
Ist ein Mitarbeiter eher detailorientiert, wird der zielorientierte Kunde auf ihn streitsüchtig, diktatorisch und arrogant wirken. Leicht verliert der Berater dadurch den Überblick und reagiert defensiv. Er verliert sich in langen Ausführungen und Details.
PRAXISHINWEIS | Rechtfertigungen sind nicht angemessen im Umgang mit solchen Kunden. Dieser wird das Verhalten eines detailorientierten Apothekenmitarbeiters als ausweichend, abhängig, zu problemorientiert, unschlüssig und pingelig ansehen. Sätze, die mit „Das Problem ist ...“ beginnen, spart sich der typorientierte Berater. |
Sicherheitsliebender Berater trifft auf zielorientierten Kunden
Am gegensätzlichsten ist der sicherheitsliebende Berater ausgerichtet. Auch er empfindet den zielorientierten Kunden als hitzig und fordernd, ja sogar beleidigend. Als Reaktion scheut er die direkte Konfrontation und wird langsamer in seinem Vorgehen. Das wiederum hat für den zielorientierten Kunden den Anschein von Teilnahmslosigkeit, Unentschlossenheit und Nachgiebigkeit. Er überzeugt den Kunden nicht. Häufig fordert dieser, den Inhaber der Apotheke zu sprechen. Wichtig ist es, sich dann nicht zurückzuziehen und weiter geradlinig die Ziele des Kunden zu verfolgen. Dieser hält gegensätzliche Statements gut aus. Der Apotheker tritt dadurch kompetent auf und wird ernst genommen.
Lustorientierter Berater trifft auf zielorientierten Kunden
Der hoch emotionale und gesprächige lustorientierte Berater fühlt sich vom zielorientierten Kunden in die Ecke getrieben. Er kann mit seinem Charme und Humor nicht landen, was ihn frustriert und beleidigt. Seine Ideen werden abgeschmettert, weil der zielorientierte Kunde diese als zu oberflächlich und unverbindlich empfindet. Der lustorientierte Berater sollte ihm nichts verkaufen wollen, indem er Allgemeinplätze als Verkaufsargumente liefert. Er formuliert den Nutzen kurz und knapp und tritt selbstbewusst auf.
Das kommt gut an - Möglichkeiten aufzeigen
Da der zielorientierte Mensch Abwechslung und Herausforderungen liebt, kann sich der Berater rhetorisch daran orientieren. Er konzentriert sich in seiner Argumentation ausschließlich auf die Fakten, nicht auf Menschen oder gar Gefühle. Unwesentliches - zum Beispiel Berge von Prospekten zu allen Präparaten - verschwendet die Zeit des zielorientierten Kunden. Deshalb sondiert der Berater innerlich vor. Er gibt dem Kunden eine Vorauswahl, die zu ihm passt, und lässt ihn wählen. Das heißt, der Apothekenmitarbeiter tritt extrem selbstbewusst auf, überlässt dem Kunden aber die letzte Entscheidung, die Autorität und die Gesprächsführung.
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„Ich habe hier für Sie ein neues Produkt, das genau das erreicht, was Sie mir eben geschildert haben. Ihr Vorteil dabei ist ... Alternativ kann ich Ihnen Produkt xy empfehlen. Ihr Vorteil dabei ist ... Aber entscheiden müssen Sie selbst.“ |
Gesprächsergebnisse und Vereinbarungen zusammenfassen
Aufgrund der Tatsache, dass der zielorientierte Kunde selten wirklich zuhört, ist es wichtig, am Ende des Gesprächs noch einmal zu wiederholen, was vereinbart wurde. Für den Kunden ist es wichtig, zu erfahren was er tun muss und nicht warum es getan werden muss. Und dann will er auch bald zum Ende kommen. Erfolgreich ist ein Gespräch mit dem zielorientierten Kunden, wenn er etwas sagt, wie „alles klar“, „gut“ etc., seine Kreditkarte zückt, auf die Uhr schaut und offensichtlich nicht mehr zuhört. Er erwartet jetzt eine zügige Abwicklung der Modalitäten.
FAZIT | Der zielorientierte Kunde will vor allem drei Dinge wissen:
Sein Fokus liegt auf Effizienz, Ersparnis oder Gewinn. Darauf sollte die kurze Beratung und Auswahl des beratenden Apothekenmitarbeiters gerichtet sein. |
Weiterführende Hinweise
- „Das persolog Persönlichkeits-Profil: Persönliche Stärke ist kein Zufall. Mit Fragebogen zur Selbstauswertung“ von Friedbert Gay
- „Das neue 1 x 1 der Persönlichkeit“ von Lothar Seiwert und Friedbert Gay
- „Versteh Mich Bitte“ von David Keirsey und Marilyn Bates
- „Menschenkenntnis auf einen Blick. Sich selbst und andere besser verstehen“ von Frank M. Scheelen