01.05.2007 | Apothekenentwicklung
Das Apothekenjahr 2007 als Zeit zwischen Chaos und Bewährung
Die ersten Wochen mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) prägen die praktische Apothekenarbeit vor allem durch die Umsetzung der Rabattverträge mit den Herstellern. Das Spektrum reicht von purem Chaos über Unverständnis bis hin zu fatalistischem Pragmatismus. Hier ein Über- und ein Ausblick.
Die Hersteller sind gefragt
Die Erhöhung des Apothekenrabattes um 0,30 Euro brutto je Rx-Packung wird den Kassen in jedem Fall weit weniger als 200 Mio. Euro im Jahr einspielen. Auf der Herstellerseite sind bei rund 27 Mrd. Euro Arzneimittel-GKV-Ausgabenvolumen brutto (inklusive Umsatzsteuer, Zuzahlungen und Apotheken- und Herstellerrabatten) bzw. bei rund 16 Mrd. Euro netto (zu Herstellerpreisen) noch ganz andere Summen möglich. Allein die 43 Wirkstoffe der AOK-Verträge umfassen etwa 1,5 Mrd. Euro Bruttoumsatz. Deshalb lagen hier Rabattverhandlungen mit der Industrie nahe, nachdem sich die „Schröpfkuren“ bei Ärzten (hier muss sogar nachgelegt werden), Apothekern (das Gröbste wurde abgewendet) und anderen Leistungserbringern (wie zum Beispiel Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden mit einer zu geringen Ausgabenbedeutung) als nicht ausreichend erwiesen haben. In der Tat ist der prozentuale Anteil der Hersteller an der Wertschöpfung in der Vergangenheit stets gestiegen, während die Honorare der anderen Beteiligten konstant geblieben sind.
Wie sich die Rabattierungen zurzeit auswirken
Die Auswirkungen der Rabattverträge in der täglichen Apothekenpraxis sind jedoch konfus: Apotheker müssen täglich erfahren, dass das von ihnen gewünschte rabattierte X-Mittel von Y-Pharma nicht am Lager oder nur schwierig (wenn überhaupt) lieferbar ist. Der Apotheker kann in diesem Fall dem Kunden nicht mehr ein äquivalentes Präparat von A-Pharma anbieten, selbst wenn dieser die Differenz zahlen würde. Dies ist die logische Konsequenz aus einem kompliziert gewordenen Dreiecksgeschäft, in dem die Versicherten ihre Leistungen nicht direkt bezahlt bekommen, sondern in dem ein Umweg über das Sachleistungsprinzip gegangen wird. Auf die Rabattverträge lässt sich der Hersteller eben nur ein, wenn er bestmöglich garantiert bekommt, dass seine Präparate abgegeben werden. Die Krankenkasse erhält nur auf diese abgegebenen Packungen Rabatt. So ist der Wille des Patienten völlig nebensächlich und der Apotheker hat keinen Überblick mehr darüber, was die Kasse tatsächlich bezahlt.
Hinweis: Laufend werden weitere Rabattverträge geschlossen. Während die ersten AOK-Verträge nur über einzelne Wirkstoffe mit zahlreichen verschiedenen Anbietern geschlossen worden sind, bietet sich als praktisch sinnvolle Marschrichtung an, dass eine Kasse mit zwei oder drei Unternehmen einen Vertrag über das gesamte Sortiment abschließt. Dies haben zum Beispiel die Techniker Krankenkasse und die Barmer Ersatzkasse realisiert. Damit entschärft sich die Lage deutlich, ohne dass aber die erwähnten Probleme grundsätzlich behoben sind (siehe dazu auch den Beitrag auf S. 7 ff.).
Was können die Apotheker tun?
Für die Hersteller kommt es darauf an, die Rabattverträge – die es an sich schon länger gibt – zum richtigen Zeitpunkt abzuschließen bzw. zu erweitern. Wer sich zu früh aus der Deckung wagt, verliert. Gleiches gilt für den, der zu lange zögert. Apothekern ist jedenfalls vor übereilten Bevorratungsaktionen – egal bei welchem Hersteller – in den nächsten Wochen abzuraten. Der Schuss könnte nach hinten losgehen, weil der Markt zu stark in Bewegung ist.
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