31.05.2010 | Apothekenentwicklung
Lohnen sich Neugründungen heute noch?
von Apotheker und Unternehmensberater Dr. Reinhard Herzog, Tübingen
Nach jahrelang stagnierenden Apothekenzahlen gingen diese letztes Jahr erstmals ganz leicht um knapp 0,3 Prozent zurück. Bundesweit scheint der Apothekenmarkt gesättigt. Dennoch wagten in den letzten Jahren stets etwa 300 bis 350 Apotheker/innen den Schritt einer Neugründung. Dem standen ungefähr ebenso viele Schließungen gegenüber. Gibt es also nicht zu viele Apotheken, sondern nur zu viele am falschen Platz? Und welche sonstigen Fallen drohen bei einer Neugründung?
Standort analysieren
Das A und O einer Neugründung ist heutzutage das Auffinden eines geeigneten Standortes. Angesichts der Tatsache, dass sich die Wege und Einkaufsgewohnheiten der Kunden sowie die Ansiedlung von Ärzten teilweise erheblich verschieben, gibt es immer wieder Neustandorte mit guter Perspektive. Gleichwohl ist der Markt insgesamt weitgehend gesättigt und so muss der Umsatz einer neuen Apotheke letztlich von den anderen Apotheken im Umkreis abgezogen werden. Ausnahmen bestehen nur da, wo tatsächlich neue Umsätze generiert werden - beispielsweise durch ein Ärztehaus mit Ärzten, die vorher noch nicht am Ort vorhanden waren. Somit sind die Keimzellen einer neuen Apotheke heute zumeist:
- neu entstehende bzw. deutlich erweiterte Ärztehäuser oder Medizinische Versorgungszentren (MVZ),
- große Einkaufszentren und Einkaufspassagen,
- beliebte „Fachmarktzentren“ mit Lebensmittelgeschäften, Drogeriemarkt sowie einigen anderen, mittelgroßen Geschäften des Normalbedarfs,
- neu aufblühende Frequenzlagen im Gefolge der Umgestaltung von Stadtteilen, einer neuen Verkehrsführung usw.
Unterhalb einer realistischen Umsatzerwartung von rund zwei Mio. Euro muss eine Neugründung kritisch gesehen werden. Allenfalls in Sondersituationen (sehr günstige Kostenlage, „Nischenstandort“) mögen niedrigere Umsätze tragbar sein. Exakt sollte man - angesichts der sehr unterschiedlich ausfallenden Rohgewinnsätze - sogar nur von einer Rohgewinnerwartung sprechen. Damit ergibt sich eine Rohgewinn-Untergrenze von etwa 500.000 Euro, die ein Projekt interessant werden lässt.
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