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  • 01.04.2007 | Apothekenrecht

    Grenzüberschreitender Versandhandel mit Arzneimitteln und deutsche Preisbindung

    von Rechtsanwältin Dr. Kerstin Brixius, Kanzlei am Ärztehaus, Frehse Mack Vogelsang, Bonn, und Rechtsanwalt Alexander Maur, Bonn

    Bekanntermaßen unterliegen deutsche Apotheken bei der Abgabe von Arzneimitteln den in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) enthaltenen Preisbindungsvorschriften. Die Frage der Anwendbarkeit dieser nationalen Normen auf Geschäfte ausländischer Versandhandelsapotheken mit deutschen Abnehmern ist aufgrund aktueller Entwicklungen wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Hierzu die folgenden Einzelheiten:  

    Sachverhalt

    Die beiden Landgerichte (LG) Hamburg (Urteil vom 17.8.2006, Az: 315 O 340/06, Abruf-Nr: 071037) und Saarbrücken (Urteil vom 31.1.2007, Az: 71 O103/06, Abruf-Nr: 071038) hatten jüngst jeweils über die Rechtmäßigkeit von Werbung zu entscheiden, in der die niederländische Versandhandelsapotheke DocMorris für den Fall einer Rezepteinlösung einen Sofortbonus in Höhe von 50 Prozent der gesetzlichen Zuzahlung bzw. eine Gutschrift von 3 Euro für Privatpatienten versprach. Weichenstellend für die Einordnung der Werbemaßnahme als zulässig bzw. wettbewerbswidrig war dabei erneut die schon dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm vorgelegte Frage, ob Versandhandelsapotheken aus dem europäischen Ausland bei Lieferung nach Deutschland die vorgegebenen Abgabepreise unterschreiten dürfen (Urteil vom 21.9.2004, Az: 4 U 74/04, Abruf-Nr: 071039).  

    Die Entscheidungen der LG Saarbrücken und Hamburg

    Die weitgehend übereinstimmenden Entscheidungen der Saarbrückener und Hamburger Richter verweisen auf § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a Arzneimittelgesetz (AMG), wonach auch ausländische Anbieter die deutschen Vorschriften zum Arzneimittelversandhandel beachten müssen. Zu diesen Vorschriften gehöre auch § 11a Apothekengesetz (ApoG), der seinerseits vorsieht, dass der Versandhandel den allgemeinen apothekenrechtlichen Regelungen und damit auch der Preisbindung unterliegt.  

     

    Die daraus resultierende Marktregulierung tangiere zwar die europarechtlich geschützte Warenverkehrsfreiheit. Der EuGH halte jedoch in der Entscheidung in Sachen DocMorris (Urteil vom 11.12.2003, Az: C-322/01, Abruf-Nr: 071040) Einschränkungen für möglich, falls diese einen integralen Bestandteil des nationalen Gesundheitswesens darstellen. Dies ist nach Ansicht der LG im Fall der deutschen Preisbindungsvorschriften zu bejahen. Niedergelassenen Apothekern seien eine Vielzahl wirtschaftlicher Belastungen auferlegt, die das Ziel verfolgten, eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung dauerhaft zu gewährleisten. Die Verpflichtung, ein Vollsortiment zu führen, gehöre hierzu ebenso wie das Erfordernis, eine Dienstbereitschaft zu gewährleisten. Die Preisbindung kompensiere diese Mehrbelastungen, die Präsenzapotheken wirtschaftlich ungleich stärker belasten als Versandhändler, indem sie die Apotheken vor einem ruinösen Preiswettbewerb schütze. Damit sei die Preisbindung ein wichtiges Instrument zur Sicherung einer flächendeckenden und von Lieferzeiten unabhängigen Arzneimittelversorgung.  

    Die Entscheidung des OLG Hamm

    Demgegenüber verneint das OLG Hamm bereits die Frage, ob die AMPreisV auf grenzüberschreitende Sachverhalte Anwendung findet. Nach Auffassung des OLG sind von der Verweisung in § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a AMG nicht alle nationalen Regeln umfasst, an die deutsche Versandhandelsapotheken gebunden sind, sondern nur versandhandelsspezifische Vorschriften, beispielsweise zur Art und Weise der Versendung.