30.04.2008 | Apothekenrecht
Hohe Maßstäbe an Prüfungspflichten von Apothekern bei gefälschten Rezepten
Die Einlösung von Rezepten ist für Apotheken ein Massengeschäft, bei dem regelmäßig die Ordnungsmäßigkeit des vorgelegten Rezepts unterstellt wird. Wenn aber ein Apotheker ein gefälschtes Rezept bedient, droht ihm der Verlust des gesamten Vergütungsanspruchs gegenüber der Krankenkasse. Dieser Verlust unterliegt nicht zwangsläufig der kurzen Verjährungsfrist des Arzneimittellieferungsvertrages (Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.9.2007, Az: L 4 KR 242/05, Abruf-Nr: 081094).
Sachverhalt
Ein HIV-Patient täuschte seinen Arzt über eine vermeintliche Therapie und erwirkte so die Ausschreibung von Rezepten für ein hochpreisiges Medikament (Einzelpackung über 6.000 DM). Diese Rezepte leitete er an einen Dritten weiter, der diese mit dem Zusatz „4x“ ergänzte und anschließend in einer Apotheke einlöste. Die Medikamente verkaufte er anschließend an eine Großhandelsfirma. In der Folge wurden auf diesem Weg knapp 350.000 DM in der Apotheke umgesetzt. Nachdem dieser Betrug aufgeflogen war, wurden die beiden Täter strafrechtlich belangt und die Krankenkasse verlangte von der Apotheke die Erstattung des Kaufpreises für die Medikamente.
Entscheidungsgründe
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Apotheker die Rezepte nicht hätte einlösen dürfen:
- Bereits aus dem Arzneimittellieferungsvertrag ergäbe sich die Verpflichtung, keine Rezepte einzulösen, bei welchen begründete Zweifel an der Richtigkeit vorliegen. Insbesondere sei bei handschriftlichen Ergänzungen der Verordnungsmenge eine Unterschrift des Arztes nebst Datum zwingend erforderlich. Daran fehlte es hier.
- Auch könne sich der Apotheker nicht auf die Verjährungsvorschrift des Arzneimittellieferungsvertrages (hier: 18 Monate) berufen. In diesem Fall würde die längere gesetzliche Verjährung greifen (hier: drei Jahre), da es sich weder um eine sachliche oder rechnerische Beanstandung, eine Taxbeanstandung oder eine Beanstandung wegen fehlender Verordnungsblätter handelte. Vielmehr läge ein Fall der sogenannten positiven Vertragsverletzung vor.
Praxishinweise
Bemerkenswert ist zunächst die Begründung der Haftung dem Grunde nach. Das Gericht verweist zunächst auf eine Verpflichtung des Apothekers, handschriftliche Ergänzungen auf einem Rezept zu überprüfen. Das ist ein Fall, der in der Praxis häufiger vorkommt.
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