28.02.2008 · IWW-Abrufnummer 080620
Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 08.11.2007 – C-374/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
URTEIL DES GERICHTSHOFS
(Zweite Kammer)
8. November 2007(*)
„Vorabentscheidungsersuchen – Richtlinien 2001/83/EG und 92/28/EWG – Nationale Rechtsvorschriften, nach denen es verboten ist, mit Äußerungen Dritter oder mit Auslosungen für Arzneimittel zu werben – Verwendung der pauschal positiven Ergebnisse einer Verbraucherbefragung und einer monatlichen Auslosung, bei der man eine Packung des Produkts gewinnen kann“
In der Rechtssache C‑374/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. Juli 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Oktober 2005, in dem Verfahren
Gintec International Import-Export GmbH
gegen
Verband Sozialer Wettbewerb e. V.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter L. Bay Larsen, K. Schiemann (Berichterstatter), P. Kūris und J.‑C. Bonichot,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Gintec International Import-Export GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt R. Nirk,
– des Verbands Sozialer Wettbewerb e. V., vertreten durch Rechtsanwalt M. Burchert,
– der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze‑Bahr als Bevollmächtigte,
– der polnischen Regierung, vertreten durch J. Pietras, T. Kozek, M. Wiśniewski und P. Dąbrowski als Bevollmächtigte,
– der slowenischen Regierung, vertreten durch M. Remic als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Stromsky und B. Schima als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Februar 2007
folgendes
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. L 136, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83) sowie der durch die Richtlinie 2001/83 aufgehobenen Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. L 113, S. 13).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gintec International Import‑Export GmbH (im Folgenden: Gintec) und dem Verband Sozialer Wettbewerb e. V. (im Folgenden: Verband Sozialer Wettbewerb), einem deutschen Wettbewerbsverein, wegen einer von Gintec verbreiteten Werbung für auf Ginseng basierende Arzneimittel, die sie in Deutschland vertreibt.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Die Erwägungsgründe 2 bis 5, 42, 43, 45 und 46 der Richtlinie 2001/83 lauten:
„(2) Alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs oder der Verwendung von Arzneimitteln müssen in erster Linie einen wirksamen Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten
(3) Dieses Ziel muss jedoch mit Mitteln erreicht werden, die die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie und den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft nicht hemmen können
(4) Die Unterschiede zwischen einigen einzelstaatlichen Vorschriften, namentlich zwischen den Vorschriften über Arzneimittel – mit Ausnahme solcher Stoffe und Stoffzusammensetzungen, die Lebensmittel, Futtermittel oder Körperpflegemittel sind –, behindern den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft und wirken sich somit unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes aus.
(5) Diese Hindernisse müssen folglich beseitigt werden; zu diesem Zweck ist eine Angleichung der einschlägigen Rechtsvorschriften erforderlich.
…
(42) Die Anwendung der aufgrund der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung [(ABl. L 250, S. 17)] getroffenen Maßnahmen darf durch die vorliegende Richtlinie nicht berührt werden.
(43) Ferner haben alle Mitgliedstaaten spezifische Maßnahmen auf dem Gebiet der Arzneimittelwerbung ergriffen. Diese Maßnahmen sind unterschiedlich, und diese Unterschiede wirken sich auf das Funktionieren des Binnenmarktes aus, da sich eine in einem Mitgliedstaat verbreitete Werbung auch auf die übrigen Mitgliedstaaten auswirken kann.
…
(45) Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel, die ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden können, könnte sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken, wenn sie übertrieben und unvernünftig ist. Die Werbung muss, wenn sie erlaubt wird, bestimmten Anforderungen genügen, die festgelegt werden müssen.
(46) Ferner ist die Abgabe von Gratismustern zum Zwecke der Verkaufsförderung zu untersagen.“
Die Bestimmungen der Richtlinie 2001/83 über die Werbung für Arzneimittel finden sich in den Titeln VIII, „Werbung“ (Art. 86 bis 88), und VIIIa, „Information und Werbung“ (Art. 88a bis 100).
Art. 87 dieser Richtlinie bestimmt:
„…
(2) Alle Elemente der Arzneimittelwerbung müssen mit den Angaben in der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels vereinbar sein.
(3) Die Arzneimittelwerbung
– muss einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt;
– darf nicht irreführend sein.“
Art. 88 Abs. 6 der Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten untersagen die direkte Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit durch die Industrie zum Zwecke der Verkaufsförderung.“
Art. 90 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:
„Die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel darf keine Elemente enthalten, die
a) eine ärztliche Untersuchung oder einen chirurgischen Eingriff als überflüssig erscheinen lassen, insbesondere dadurch, dass sie eine Diagnose anbieten oder eine Behandlung auf dem Korrespondenzwege empfehlen;
b) nahe legen, dass die Wirkung des Arzneimittels ohne Nebenwirkungen garantiert wird oder einer anderen Behandlung oder einem anderen Arzneimittel entspricht oder überlegen ist;
c) nahe legen, dass die normale gute Gesundheit des Patienten durch die Verwendung des Arzneimittels verbessert werden könnte;
d) nahe legen, dass die normale gute Gesundheit des Patienten im Falle der Nichtverwendung des Arzneimittels beeinträchtigt werden könnte; dieses Verbot gilt nicht für Impfkampagnen im Sinne von Artikel 88 Absatz 4;
e) ausschließlich oder hauptsächlich für Kinder gelten;
f) sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen oder von Personen beziehen, die weder Wissenschaftler noch im Gesundheitswesen tätige Personen sind, die aber aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können;
g) das Arzneimittel einem Lebensmittel, einem kosmetischen Mittel oder anderen Gebrauchsgütern gleichsetzen;
h) nahe legen, die Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels sei darauf zurückzuführen, dass es sich um ein Naturprodukt handle;
i) durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung der Anamnese zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten könnten;
j) sich in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise auf Genesungsbescheinigungen beziehen;
k) in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen oder der Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwenden“.
Art. 96 der Richtlinie 2001/83 sieht vor:
„(1) Gratismuster dürfen nur ausnahmsweise unter folgenden Voraussetzungen an die zur Verschreibung berechtigten Personen abgegeben werden:
…
(2) Ferner können die Mitgliedstaaten die Abgabe von Mustern bestimmter Arzneimittel weiter einschränken.“
Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/27, mit der die Richtlinie 2001/83 geändert wurde, heißt es:
„Das bisher erlassene Gemeinschaftsrecht stellt einen wichtigen Schritt zur Verwirklichung des freien und sicheren Verkehrs mit Humanarzneimitteln und des Abbaus von Hemmnissen beim Handel mit diesen Arzneimitteln dar. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um die noch bestehenden Hemmnisse für den freien Handel zu beseitigen.“
Die Richtlinie 84/450 in der durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. L 290, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 84/450) sieht in ihrem Art. 7 vor:
„(1) Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder zu erlassen, die bei irreführender Werbung einen weiterreichenden Schutz der Verbraucher, der einen Handel, ein Gewerbe, ein Handwerk oder einen freien Beruf ausübenden Personen sowie der Allgemeinheit vorsehen.
…
(3) Diese Richtlinie gilt unbeschadet der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die auf die Werbung für bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen anwendbar sind, sowie unbeschadet der Beschränkungen oder Verbote für die Werbung in bestimmten Medien.
…“
Deutsches Recht
§ 11 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz, im Folgenden: HWG) in der Fassung vom 19. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I S. 3068) bestimmt:
„(1) Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden
…
11. mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, oder mit Hinweisen auf solche Äußerungen,
…
13. mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist,
…“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Dem Ausgangsrechtsstreit liegt die vom Mai 2000 stammende Werbung von Gintec für verschiedene Ginseng‑Präparate zugrunde, die von ihr vertrieben werden und in Deutschland als frei verkäufliche Arzneimittel registriert sind. Dieser Werbung war folgende „Auswertung Konsumentenbefragung“ beigefügt:
„Roter Ginseng von Gintec ®
Hohe Anwendungsintensität von Rotem Ginseng von Gintec
41 % der Kunden verwenden Roten Ginseng von Gintec regelmäßig seit 5 Jahren und länger. Ein weiteres Drittel wenden Roten Ginseng von Gintec seit 3 bis 4 Jahren an und rund ein Viertel entscheidet sich zu der Anwendung über 1 bis 2 Jahre.
…
Lange Medikationsdauer und Kundentreue von Rotem Ginseng von Gintec
Fast die Hälfte aller Anwender hat sich zu einer Dauermedikation entschieden, weil ihnen das Produkt gut tut, und nimmt Roten Ginseng von Gintec immer, d. h. täglich ein. Ungefähr ein Drittel macht eine Ginsengkur über 12 Monate und nur 10 % entscheiden sich zu einer Kurzzeitmedikation von 3 bis 6 Monaten und 6 % von 1 bis 3 Monaten und wiederholen ihre Ginsengkur in bestimmten Abständen.
…
Grund der Einnahme von Rotem Ginseng von Gintec
Zwei Drittel der Befragten verwenden Roten Ginseng von Gintec zur Unterstützung des allgemeinen Wohlbefindens an. Darüber hinaus wurden individuelle Beschwerden wie Herz- und Kreislaufbeschwerden von der Hälfte aller Befragten angegeben. Jeweils ein Drittel gab an, dass sie Roten Ginseng von Gintec zur Förderung der Konzentration, zum Abbau von Stress, zur Stärkung des Immunsystems oder zur Vorbeugung vor Altersbeschwerden, wie bspw. Arterienverkalkung einnehmen. Rund ein Viertel verwenden Roten Ginseng von Gintec zur Unterstützung bei körperlicher Belastung und 10 % in der Rekonvaleszenz. Weitere 9 % empfinden eine gute Unterstützung während der Wechseljahre durch die Einnahme des Produktes.
…
Gesamtbeurteilung von Rotem Ginseng von Gintec
Die Hälfte aller Kunden sind ‚sehr zufrieden‘ mit dem Produkt und ein weiteres Drittel beurteilt das Produkt mit ‚gut‘. Nur 2 % gaben an, keine Besserung verspürt zu haben und 17 % müssen aus finanziellen Gründen auf eine weitere Einnahme verzichten. Über 90 % waren zum Zeitpunkt der Befragung noch Anwender des Produktes und nahezu alle sind an weiterem Informationsmaterial immer sehr interessiert. 85 % entscheiden sich langfristig für die 100er Kapselpackung Roter Ginseng und nur 15 % für die 30er Kapselpackung Roter Ginseng von Gintec.“
Außerdem kündigte Gintec am 28. Mai 2000 auf ihrer Internetseite eine monatliche Auslosung an, an der man durch Ausfüllen eines Formulars teilnehmen konnte und bei der man eine Packung „Roter Imperial Ginseng von Gintec Extraktpulver“ gewinnen konnte.
Der Verband Sozialer Wettbewerb, dessen Hauptaufgabe die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist und in dem eine große Zahl von Unternehmen des pharmazeutischen Sektors zusammengeschlossen sind, beanstandete beide Werbemaßnahmen von Gintec wegen Verstoßes gegen deutsches Recht. Die Werbung mit der „Auswertung Konsumentenbefragung“ enthalte verbotene Hinweise auf Äußerungen Dritter im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG. Die auf der Internetseite von Gintec angekündigte Auslosung verstoße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG.
Nachdem das Oberlandesgericht Frankfurt der vom Verband Sozialer Wettbewerb erhobenen Unterlassungsklage gegen die streitigen Werbemaßnahmen stattgegeben hatte, legte Gintec Revision beim vorlegenden Gericht ein.
Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Setzen die Vorschriften der Richtlinie 2001/83/EG, welche die Bezugnahme auf Äußerungen fachunkundiger Dritter und die Werbung mit Auslosungen betreffen, nicht nur einen Mindest-, sondern einen abschließenden Höchststandard für die Verbote der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel?
2. Im Falle der Bejahung von Frage 1:
a) Liegt eine missbräuchliche oder irreführende Bezugnahme auf eine „Genesungsbescheinigung“ im Sinne des Art. 90 Buchst. j der Richtlinie 2001/83 vor, wenn der Werbende das Ergebnis einer Umfrage bei fachunkundigen Dritten mit einer pauschal positiven Gesamtbewertung des beworbenen Arzneimittels wiedergibt, ohne die Bewertung bestimmten Anwendungsgebieten zuzuordnen?
b) Führt das Fehlen eines ausdrücklichen Verbots der Werbung mit Auslosungen in der Richtlinie 2001/83 dazu, dass diese grundsätzlich erlaubt sind, oder enthält Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83 einen Auffangtatbestand, der das Verbot einer Internetwerbung mit der monatlichen Auslosung eines Preises von geringem Wert begründen kann?
3. Sind die vorgestellten Fragen für die Richtlinie 92/28/EWG entsprechend zu beantworten?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage fragt das vorlegende Gericht nach dem Grad der mit der Richtlinie 2001/83 im Bereich der Arzneimittelwerbung erreichten Harmonisierung, um eine Regelung wie § 11 Abs. 1 Nrn. 11 und 13 HWG beurteilen zu können, nach der mit Hinweisen auf Äußerungen Dritter und mit Verlosungen nicht geworben werden darf.
Der Vorlageentscheidung zufolge befürwortet das nationale Gericht die Auslegung, dass mit den Bestimmungen der Richtlinie 2001/83 über die Arzneimittelwerbung eine Vollharmonisierung erfolgt ist, sofern nicht einzelne Vorschriften ausdrücklich nur Mindestanforderungen beinhalten. Gintec, die slowenische Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften teilen diese Auffassung im Wesentlichen, während der Kläger des Ausgangsverfahrens, die deutsche und die polnische Regierung von einer Mindestharmonisierung ausgehen, so dass die Mitgliedstaaten berechtigt seien, strengere als die in dieser Richtlinie vorgesehenen Regeln aufzustellen.
Die Richtlinie 2001/83 ist auf der Grundlage des Art. 95 EG erlassen worden, nach dessen Abs. 1 – abweichend von Art. 94 EG und soweit im EG-Vertrag nichts anderes bestimmt ist – Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten erlassen werden können, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben. Im vierten und im fünften Erwägungsgrund dieser Richtlinie wird daher ausgeführt, dass mit ihr die Hindernisse für den Handel mit Arzneimitteln beseitigt werden sollen, die die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Vorschriften über Arzneimittel bilden können; diese wirken sich somit unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarkts aus. Im 45. Erwägungsgrund wird ausdrücklich die Arzneimittelwerbung angesprochen und festgestellt, dass sich die Unterschiede der von den Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet ergriffenen Maßnahmen auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken.
Die Analyse der Titel VIII und VIIIa der Richtlinie 2001/83, die die gemeinsamen Vorschriften über die Arzneimittelwerbung enthalten, erlaubt den Schluss, dass mit dieser Richtlinie eine vollständige Harmonisierung dieses Bereichs erfolgt ist, wobei die Fälle, in denen die Mitgliedstaaten befugt sind, Bestimmungen zu erlassen, die von der in der Richtlinie getroffenen Regelung abweichen, ausdrücklich aufgeführt sind.
Als Beispiel ist zunächst Art. 88 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83 zu nennen, nach dem die Mitgliedstaaten berechtigt sind, in ihrem Gebiet die Öffentlichkeitswerbung für erstattungsfähige Arzneimittel zu untersagen.
Sodann führt Art. 89 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie nicht abschließend auf, welche Angaben die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel enthalten muss, und lässt somit den Mitgliedstaaten insoweit einen Spielraum. Außerdem erlaubt es Art. 89 Abs. 2, von Abs. 1 abzuweichen, indem er bestimmt, dass die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel nur den Namen des Arzneimittels oder gegebenenfalls seinen internationalen Freinamen oder das Warenzeichen enthalten muss, wenn ihr Zweck ausschließlich darin besteht, an diese zu erinnern.
Eine entsprechende Befugnis, im Zusammenhang mit Werbung bei den zur Verschreibung von Arzneimitteln berechtigten Personen von den Vorgaben der Richtlinie 2001/83 abzuweichen, enthält Art. 91 der Richtlinie.
Schließlich sieht Art. 96 der Richtlinie 2001/83, nach dessen Abs. 1 Gratismuster von Arzneimitteln nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen an die zur Verschreibung berechtigten Personen abgegeben werden dürfen, in Abs. 2 vor, dass die Mitgliedstaaten die Abgabe von Mustern bestimmter Arzneimittel weiter einschränken dürfen.
Wird den Mitgliedstaaten nicht ausdrücklich die Befugnis eingeräumt, andere Regelungen zu treffen, dürfen sie die Arzneimittelwerbung nur den Anforderungen der Richtlinie 2001/83 unterwerfen, wie Gintec, die slowenische Regierung und die Kommission zutreffend vorgetragen haben. Eine vollständige Harmonisierung der Vorschriften über die Werbung trägt nach Art. 95 EG zur Beseitigung von Hemmnissen für den Handel mit Arzneimitteln zwischen den Mitgliedstaaten bei.
Im Urteil vom 11. Dezember 2003, Deutscher Apothekerverband (C‑322/01, Slg. 2003, I‑14887, Randnr. 144), hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 88 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83, der Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel untersagt, einer nationalen Vorschrift entgegensteht, die Werbung für den Versandhandel mit Arzneimitteln, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, verbietet, soweit diese Vorschrift auch Arzneimittel betrifft, die nicht verschreibungspflichtig sind. Da in Art. 88 Abs. 1 der Richtlinie nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine strengere oder auch nur andere Regelung getroffen werden kann, hat der Gerichtshof diese Bestimmung als eine abschließende Norm verstanden.
Gleichwohl ist auf bestimmte dem Gerichtshof vorgetragene Argumente einzugehen, mit denen die These in Frage gestellt werden soll, dass mit der Richtlinie 2001/83 im Bereich der Arzneimittelwerbung eine vollständige Harmonisierung erfolgt sei, sofern nicht ausdrücklich vorgesehen sei, dass abweichende Vorschriften erlassen werden könnten.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat insbesondere auf den zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/27 verwiesen, wonach das bisher erlassene Gemeinschaftsrecht einen wichtigen Schritt zur Verwirklichung des freien Verkehrs mit Humanarzneimitteln und des Abbaus von Hemmnissen beim Handel mit diesen Arzneimitteln darstelle, zur Beseitigung noch bestehender Hemmnisse für den freien Handel jedoch weitere Maßnahmen erforderlich seien. Dass der Gemeinschaftsgesetzgeber weitere Maßnahmen ergreifen wolle, zeige, dass noch keine vollständige Harmonisierung dieses Bereichs erfolgt sei.
Dieses Argument beruht auf der falschen Prämisse, dass die vollständige Harmonisierung eines bestimmten Bereichs mit ihrer Entwicklungsfähigkeit unvereinbar ist. Dass die Richtlinie 2001/83 ein abschließendes System von Vorschriften über die Arzneimittelwerbung vorsieht, bedeutet keineswegs, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber diese Vorschriften nicht ändern oder anpassen oder, falls erforderlich, nicht neue Vorschriften einführen darf, um die Ziele der Beseitigung von Hemmnissen für den innergemeinschaftlichen Handel und des Schutzes der öffentlichen Gesundheit besser zu verfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2007, Antroposana u. a., C‑84/06, Slg. 2007, I‑0000, Randnrn. 40 und 41).
Für die unvollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung durch die Richtlinie 2001/83 wird ferner der 42. Erwägungsgrund der Richtlinie angeführt, wonach die Anwendung der aufgrund der Richtlinie 84/450 über irreführende und vergleichende Werbung getroffenen Maßnahmen durch die Richtlinie 2001/83 nicht berührt werden dürfe. Dass Art. 7 der Richtlinie 84/450 den Mitgliedstaaten gestatte, Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder zu erlassen, die einen weiterreichenden Schutz der Verbraucher als den der Richtlinie 84/450 vorsähen, lasse den Grad der mit der Richtlinie 2001/83 erreichten Harmonisierung erkennen.
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Denn nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 84/450 gilt diese Richtlinie unbeschadet der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die auf die Werbung für bestimmte Waren oder Dienstleistungen anwendbar sind. Die Richtlinie 2001/83, die spezielle Vorschriften über die Arzneimittelwerbung enthält, stellt, wie die slowenische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen vorgetragen hat, eine Sonderregelung gegenüber der in der geänderten Richtlinie 84/450 vorgesehenen allgemeinen Regelung des Schutzes gegen irreführende Werbung dar. Dass die Richtlinie 84/450 nur eine Mindestharmonisierung vornimmt, ist daher für die Frage, wie weit die mit der Richtlinie 2001/83 erfolgte Harmonisierung geht, unerheblich.
Schließlich ist auf das Vorbringen der polnischen Regierung einzugehen, die sich in ihren schriftlichen Erklärungen auf den 45. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/83 bezogen hat, der zeige, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber grundlegende Mindestanforderungen habe festlegen wollen.
Dieser Auslegung kann nicht gefolgt werden. Aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck der Bestimmungen der Richtlinie 2001/83 über die Arzneimittelwerbung ergibt sich nämlich, dass mit dieser Richtlinie die für die Regelung des fraglichen Bereichs verbindlichen substanziellen Anforderungen festgelegt werden sollen.
Zu prüfen bleibt, wie sich die mit der Richtlinie 2001/83 im Bereich der Arzneimittelwerbung erfolgte Vollharmonisierung auf eine innerstaatliche Bestimmung wie Art. 11 Abs. 1 Nrn. 11 und 13 HWG auswirkt, nach der mit Hinweisen auf Äußerungen Dritter und mit Verlosungen nicht geworben werden darf.
Da die Frage der Rechtmäßigkeit einer Arzneimittelwerbung in Form von Auslosungen Gegenstand der Frage 2 Buchst. b ist, ist im Rahmen der Beantwortung der ersten Vorlagefrage lediglich darauf einzugehen, wie die Bestimmungen der Richtlinie 2001/83 im Hinblick auf das Verbot des § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG auszulegen sind.
Insoweit ist vorab festzustellen, dass die Richtlinie 2001/83 nicht derart allgemein und unbedingt wie § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG verbietet, im Rahmen einer Werbeaussage Äußerungen Dritter zu verwenden. Die Grenzen für die Verwendung solcher Äußerungen sind insbesondere in den Art. 87 Abs. 3 und 90 der Richtlinie festgelegt. Nach Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie muss die Werbung einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt, und sie darf nicht irreführend sein. Art. 90 der Richtlinie enthält spezifische Vorgaben zum Inhalt der Arzneimittelwerbung und untersagt konkret die Verwendung bestimmter Elemente.
Die Verwirklichung des Ziels der Richtlinie 2001/83 wäre gefährdet, wenn ein Mitgliedstaat die in der Richtlinie vorgesehenen Pflichten erweitern und ein uneingeschränktes und unbedingtes, in der Richtlinie nicht ausdrücklich vorgesehenes Verbot einführen könnte, in der Arzneimittelwerbung Hinweise auf Äußerungen Dritter zu verwenden, obwohl die Richtlinie deren Verwendung nur verbietet, wenn sie spezifische Elemente enthält oder von Personen mit bestimmten Eigenschaften stammen.
Es ist Sache des nationalen Gerichts, bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der fraglichen Richtlinie auszulegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a., C‑397/01 bis C‑403/01, Slg. 2004, I‑8835, Randnr. 113).
Unter diesen Umständen ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass mit der Richtlinie 2001/83 eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung erfolgt ist, wobei die Fälle, in denen die Mitgliedstaaten befugt sind, Bestimmungen zu erlassen, die von der in dieser Richtlinie getroffenen Regelung abweichen, ausdrücklich aufgeführt sind. Die Richtlinie ist somit dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften kein uneingeschränktes und unbedingtes Verbot vorsehen darf, in der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel Äußerungen Dritter zu verwenden, während deren Verwendung nach der Richtlinie nur wegen ihres konkreten Inhalts oder der Eigenschaft ihres Urhebers eingeschränkt werden darf.
Zur Frage 2 Buchst. a
Mit dieser Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung des Begriffs „Genesungsbescheinigungen“ in Art. 90 Buchst. j der Richtlinie 2001/83, um entscheiden zu können, ob eine Werbung für ein Arzneimittel, die eine pauschal positive Gesamtbewertung dieses Arzneimittels ohne Hinweis auf bestimmte Anwendungsgebiete enthält, als eine missbräuchliche oder irreführende Bezugnahme auf eine solche Bescheinigung anzusehen ist.
Gintec hat in ihren schriftlichen Erklärungen vorgetragen, der Begriff der Genesungsbescheinigung beinhalte, dass ein Dritter, ob fachkundig oder nicht, eine Bestätigung darüber ausstelle, dass die Anwendung eines bestimmten Arzneimittels zu einer Linderung eines konkreten Krankheitsbilds geführt habe.
Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Die Richtlinie 2001/83 geht nämlich nicht näher auf die Art oder die Form oder den etwaigen Ursprung einer solchen Bescheinigung ein.
Als Genesungsbescheinigung sind alle Maßnahmen zur Information, unabhängig von ihrer Darstellung und ihrem Urheber, zu verstehen, in denen angegeben wird, dass die Verwendung des Arzneimittels zu einer Genesung führt, d. h. zur Wiederherstellung der Gesundheit eines an einer bestimmten Krankheit oder an bestimmten Gesundheitsstörungen Leidenden.
Eine positive Gesamtbewertung des Arzneimittels, die lediglich auf die allgemeine Unterstützung des Wohlbefindens einer Person hinweist, entspricht diesen Voraussetzungen grundsätzlich nicht. Wie der Generalanwalt in Nr. 68 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, können solche Hinweise nur dann als Bescheinigungen einer „Genesung“ qualifiziert werden, wenn die therapeutische Wirksamkeit zur Linderung oder Heilung von Leiden und Verletzungen erwähnt wird.
Es ist Sache des nationalen Gerichts, das allein über eine unmittelbare Kenntnis des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens verfügt, zu bewerten, inwieweit in der von Gintec verbreiteten Werbung insgesamt gesehen auf die therapeutische Wirksamkeit der von diesem Unternehmen vertriebenen, auf Ginseng basierenden Arzneimittel im Zusammenhang mit einer bestimmten Krankheit oder bestimmten Gesundheitsstörungen hingewiesen wird. Es hat jedoch zu beachten, dass in der streitigen „Auswertung Konsumentenbefragung“, wie aus den dem Gerichtshof zur Verfügung gestellten Akten hervorgeht, im Abschnitt „Grund der Einnahme von Rotem Ginseng von Gintec“, der in Randnr. 12 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, Herz- und Kreislaufbeschwerden sowie Arterienverkalkung und die Wechseljahre erwähnt werden.
Sollte das vorlegende Gericht tatsächlich feststellen, dass in der streitigen Werbung auf die therapeutische Wirksamkeit der im Ausgangsverfahren fraglichen Arzneimittel im Zusammenhang mit der Linderung oder Heilung einer Krankheit oder von Gesundheitsstörungen hingewiesen wird und dass sie somit „Genesungsbescheinigungen“ enthält, muss dieser Hinweis jedenfalls darüber hinaus in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen, damit es sich um Werbung im Sinne des Art. 90 Buchst. j der Richtlinie 2001/83 handeln kann.
Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die heilenden Wirkungen dieser Arzneimittel übertrieben dargestellt würden, so dass zu ihrem Verbrauch angeregt werden könnte, oder so, dass Angst vor den Folgen ihrer Nichtverwendung geweckt werden k önnte, oder auch, wenn ihnen Merkmale zugesprochen würden, die sie nicht besitzen, und der Verbraucher dadurch in Bezug auf ihre Wirkweise und ihre therapeutischen Wirkungen in die Irre geführt würde. Nach Art. 87 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83 muss gewährleistet sein, dass alle Elemente der Arzneimittelwerbung mit den Angaben in der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels vereinbar sind.
Schließlich ist, um dem nationalen Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, die ihm die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits ermöglicht, auf Art. 90 Buchst. c der Richtlinie 2001/83 hinzuweisen, den die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen als möglicherweise einschlägig angeführt hat. Es ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof veranlasst sein kann, gemeinschaftsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen, auf die sich das nationale Gericht in seiner Frage nicht bezogen hat (vgl. Urteil vom 9. März 2006, Matratzen Concord, C‑421/04, Slg. 2006, I‑2303, Randnr. 18).
Nach Art. 90 Buchst. c der Richtlinie 2001/83 darf die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel keine Elemente enthalten, die nahe legen, dass die normale gute Gesundheit des Patienten durch die Verwendung des Arzneimittels verbessert werden könnte. Damit soll verhindert werden, dass die Verbraucher dazu ermutigt werden, sich ein Arzneimittel zu verschaffen, dessen Verwendung objektiv nicht erforderlich ist, weil keine konkrete Gesundheitsstörung vorliegt.
Dies scheint bei der streitigen „Auswertung Konsumentenbefragung“ der Fall zu sein, die im Abschnitt „Grund der Einnahme von Rotem Ginseng von Gintec“, der in Randnr. 12 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, zu verstehen gibt, dass die Verwendung der fraglichen auf Ginseng basierenden Arzneimittel das „allgemeine Wohlbefinden“ unterstützt. Es ist Sache des nationalen Gerichts, dies zu prüfen.
Im 45. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/83 wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, übertriebene und unvernünftige Werbung, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnte, zu verhindern. Dieses Gebot spiegelt sich in Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie wider, nach dem die Arzneimittelwerbung einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern muss.
Nach alledem ist auf die Frage 2 Buchst. a zu antworten, dass die Richtlinie 2001/83 die Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihren nationalen Rechtsvorschriften ein Verbot vorzusehen, in der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel Äußerungen Dritter zu verwenden, wenn diese sich in willkürlicher, abstoßender oder irreführender Weise auf Genesungsbescheinigungen im Sinne des Art. 90 Buchst. j der Richtlinie 2001/83 beziehen, wobei der Begriff „Genesungsbescheinigung“ dahin auszulegen ist, dass er Hinweise auf die Unterstützung des Wohlbefindens der Person nicht erfasst, sofern nicht die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels in Bezug auf die Beseitigung einer bestimmten Krankheit erw ähnt wird. Art. 90 Buchst. c der Richtlinie 2001/83 verpflichtet die Mitgliedstaaten ferner, in ihren nationalen Rechtsvorschriften ein Verbot vorzusehen, in der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel Äußerungen Dritter zu verwenden, wenn diese zu verstehen geben, dass die Verwendung des Arzneimittels zur Unterstützung des allgemeinen Wohlbefindens beiträgt.
Zur Frage 2 Buchst. b
Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Arzneimittelwerbung mit Auslosungen in Ermangelung eines ausdrücklichen Verbots in der Richtlinie 2001/83 nach Art. 87 Abs. 3 dieser Richtlinie zulässig oder aber untersagt ist.
Der Vorlageentscheidung zufolge hat Gintec auf ihrer Internetseite eine monatliche Auslosung angek ündigt, bei der die Teilnehmer eine Packung Roter Imperial Ginseng Extraktpulver gewinnen konnten.
Die Richtlinie 2001/83 enthält zwar keine besonderen Vorschriften über Arzneimittelwerbung in Form von Auslosungen, eine solche Werbung ist jedoch angesichts der im 45. Erwägungsgrund dieser Richtlinie angeführten Notwendigkeit, übertriebene und unvernünftige Werbung, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnte, zu verhindern, kaum hinnehmbar. Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie wiederholt diese Notwendigkeit, wenn er fordert, dass die Werbung für Arzneimittel deren zweckmäßigen Einsatz fördert.
Wie die deutsche und die slowenische Regierung zutreffend vorgetragen haben, wird bei der Werbung für ein Arzneimittel in Form von Verlosungen der unzweckmäßigen und übermäßigen Verwendung dieses Arzneimittels Vorschub geleistet, indem es als Preis oder Geschenk dargestellt wird und der Verbraucher so von einer sachlichen Prüfung der Frage, ob die Einnahme des Arzneimittels erforderlich ist, abgelenkt wird.
Gintec macht geltend, ein solcher „geringwertiger“ Gewinn bezwecke, den Kunden zur Teilnahme an einer Meinungsumfrage zu motivieren. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden, weil eine solche Umfrage ebenso gut organisiert werden kann, ohne auf Maßnahmen zurückzugreifen, die die unzweckmäßige Verwendung eines Arzneimittels – ein Phänomen, das mit der Richtlinie 2001/83 bekämpft werden soll – fördern.
Darüber hinaus kann die Möglichkeit, bei einer Auslosung ein Arzneimittel zu gewinnen, einer kostenlosen Abgabe gleichgestellt werden. Insoweit ist daran zu erinnern, dass Art. 88 Abs. 6 der Richtlinie 2001/83 die direkte Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit durch die pharmazeutische Industrie zum Zwecke der Verkaufsförderung untersagt. Ferner dürfen nach Art. 96 Abs. 1 dieser Richtlinie Gratismuster nur ausnahmsweise unter den in dieser Bestimmung aufgeführten Voraussetzungen an die zur Verschreibung von Arzneimitteln berechtigten Personen abgegeben werden.
Nach alledem ist auf die Frage 2 Buchst. b zu antworten, dass die Art. 87 Abs. 3, 88 Abs. 6 und 96 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 die Werbung für ein Arzneimittel in Form einer im Internet angekündigten Auslosung verbieten, weil sie die unzweckmäßige Verwendung dieses Arzneimittels fördert und zu seiner direkten Abgabe an die Öffentlichkeit sowie zur Abgabe von Gratismustern führt.
Zur dritten Frage
Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die erste und die zweite Vorlagefrage genauso zu beantworten wären, wenn die Richtlinie 92/28 Anwendung fände.
Da die Richtlinie 2001/83 die Bestimmungen der Richtlinie 92/28 ohne inhaltliche Änderung übernommen hat und die im vorliegenden Fall anwendbaren Bestimmungen durch die Richtlinie 2004/27 nicht nennenswert geändert worden sind, ist diese Frage zu bejahen.
Die erste und die zweite Vorlagefrage wären daher genauso zu beantworten, wenn die Bestimmungen der Richtlinie 92/28 Anwendung fänden.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1. Mit der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung erfolgt, wobei die Fälle, in denen die Mitgliedstaaten befugt sind, Bestimmungen zu erlassen, die von der in dieser Richtlinie getroffenen Regelung abweichen, ausdrücklich aufgeführt sind. Die Richtlinie ist somit dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften kein uneingeschränktes und unbedingtes Verbot vorsehen darf, in der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel Äußerungen Dritter zu verwenden, während deren Verwendung nach der Richtlinie nur wegen ihres konkreten Inhalts oder der Eigenschaft ihres Urhebers eingeschränkt werden darf.
2) a) Die Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung verpflichtet die Mitgliedstaaten, in ihren nationalen Rechtsvorschriften ein Verbot vorzusehen, in der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel Äußerungen Dritter zu verwenden, wenn diese sich in willkürlicher, abstoßender oder irreführender Weise auf Genesungsbescheinigungen im Sinne des Art. 90 Buchst. j der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung beziehen, wobei der Begriff „Genesungsbescheinigungen“ dahin auszulegen ist, dass er Hinweise auf die Unterstützung des Wohlbefindens der Person nicht erfasst, sofern nicht die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels in Bezug auf die Beseitigung einer bestimmten Krankheit erwähnt wird. Art. 90 Buchst. c der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung verpflichtet die Mitgliedstaaten ferner, in ihren nationalen Rechtsvorschriften ein Verbot vorzusehen, in der Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel Äußerungen Dritter zu verwenden, wenn diese zu verstehen geben, dass die Verwendung des Arzneimittels zur Unterstützung des allgemeinen Wohlbefindens beiträgt.
b) Die Art. 87 Abs. 3, 88 Abs. 6 und 96 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung verbieten die Werbung für ein Arzneimittel in Form einer im Internet angekündigten Auslosung, weil sie die unzweckmäßige Verwendung dieses Arzneimittels fördert und zu seiner direkten Abgabe an die Öffentlichkeit sowie zur Abgabe von Gratismustern führt.
3) Die erste und die zweite Vorlagefrage wären genauso zu beantworten, wenn die Bestimmungen der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel Anwendung fänden.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg