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  • 03.03.2020 · IWW-Abrufnummer 214531

    Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 23.10.2019 – 3 K 276/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern

    Urteil vom 23.10.2019


    In dem Rechtsstreit
    1. ...
    2. ...
    Proz.-Bev.:
    zu 1. - 2.: ...
    - Kläger -
    gegen
    Finanzamt ...
    - Beklagter -

    wegen Einkommensteuer 2013

    hat der 3. Senat des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2019 durch ... für Recht erkannt:

    Tenor:

    Abweichend von dem geänderten Einkommensteuerbescheid 2013 vom 25. Juni 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2015 sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Verluste in Höhe von 9.104,00 € zu berücksichtigen.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

    Die Revision wird zugelassen.

    Der Streitwert beträgt 2.585,00 €.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob Verluste aus der Vermietung einer Ferienwohnung anzuerkennen sind.

    Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2013 erklärten die Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. -9.104,00 € aus der Vermietung einer Ferienwohnung. Die Ferienwohnung befindet sich im selbstgenutzten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 200 m2, wovon 155 m2 auf den selbstgenutzten Teil und 65 m2 auf die Ferienwohnung entfallen. Die Ferienwohnung wurde in den Jahren 2006 bis 2015wie folgt vermietet:

    Jahr Tage
    2005 61
    2006 77
    2007 81
    2008 13
    2009 82
    2010 86
    2011 92
    2012 66
    2013 75
    2014 124
    2015 104

    Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht an und setzte mit Bescheid vom 25. Juni 2014 die Einkommensteuer auf 9.407,00 € fest.

    Dagegen richtete sich der am 30. Juni 2014 beim Finanzamt eingegangene Einspruch.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2015 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wies das Finanzamt darauf hin, dass die Kläger zwar eine ausschließliche Vermietung der Ferienwohnung nachgewiesen hätten. So böten sie die Ferienwohnung über Vermittler an und es stünde ihnen genügend Wohnfläche für die Unterbringung von eigenen Gästen zur Verfügung. Nach der Rechtsprechung des BFH sei dennoch die Einkünfteerzielungsabsicht immer dann anhand einer Prognose zu überprüfen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen - ohne dass Vermietungshemmnisse gegeben seien - erheblich, d. h. mindestens um 25 % unterschreitet.

    Im Streitfall sei die ortsübliche Vermietungszeit unterschritten. Nach den Erhebungen des statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern habe die durchschnittliche Auslastung der Stadt A 35,5 % (alle Unterkünfte) betragen. Für die Region Vorpommern/Rügen läge sie bei 29,3 % (alle Unterkünfte) und bei 23,6 % (nur Ferienunterkünfte und Campingplätze). Dies ergebe ins Verhältnis gesetzt eine durchschnittliche Vermietung von 104 Tagen für die Stadt A für das Jahr 2013.

    Die von den Klägern vorgelegte Statistik der Stadt A sage lediglich aus, dass es im Jahr 2013 226.520 Übernachtungen bei 2.800 Betten gegeben habe. Diese Statistik enthalte jedoch nur die Gesamtzahl der Übernachtungen und unterscheide nicht zwischen Hotels und Pensionen sowie Ferienwohnungen. Auffällig sei zudem, dass sich in den Jahren 2010 bis 2014 die Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten nicht geändert habe, obwohl diese einer gewissen Schwankung zum Beispiel durch Neubau, Schließung, Renovierung etc. unterlägen. Demgegenüber seien die statistisch ermittelten Zahlen genauer. Sie berücksichtigten die Veränderungen im Bettenbestand und differenzierten zwischen den einzelnen Übernachtungsarten sowie Orten.

    Somit sei davon auszugehen, dass die Zahlen der Stadt A aufgrund der vorstehend angeführten Ungenauigkeiten nicht geeignet seien, um die durchschnittlichen Vermietungstage bei Ferienwohnungen in der Stadt A zu ermitteln. Lege man die Zahlen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern zugrunde, so ergebe sich für die Kläger nur eine Auslastung von 72,12 % (75 Tage/104 Tage) gegenüber den ortsüblichen Vermietungszeiten. Damit würden 75 % der ortsüblichen Auslastung nicht erreicht.

    In diesen Fällen sei die Vermietungstätigkeit mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar, sodass die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose zu überprüfen sei, denn es fehle die Basis aufgrund derer § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- die Einkünfteerzielungsabsicht typisiere. Aufgrund der Prognoseberechnung ergebe sich im Prognosezeitraum von 2006 bis 2035 ein Gesamtverlust von 154.198,00 €, der sich wie folgt errechnet:

    Prognosezeitraum von 2006 bis 2035

    Davon abgelaufene Jahre 2006 bis 2013 (8)

    Davon künftige Jahre 2014 bis 2035 (22)


    Durchschnitt letzte 5 JahreGesamt künftige Jahre (22)
    Einnahmen künftige Jahre:4.100 €90.200 €
    + Sicherheitszuschlag 10 %410 €9.020 €
    Summe Einnahmen4.510 €99.220 €
    Werbungskosten

    AfA § 7 Abs. 4 EStG1.169 €25.718 €
    Schuldzinsen laut Nachweis995 €21.890 €
    Erhaltung1.370 €30.140 €
    Einrichtung2.179 €47.938 €
    Werbung1.179 €25.938 €
    Nebenkosten (Müll, Wasser etc.)1.927 €42.394 €
    Sonstiges521 €11.462 €
    Summe9.340 €205.480 €
    -10 % Sicherheitsabschlag934 €20.548 €
    Summe Werbungskosten8.406 €184.932 €
    Verlust3.896 €85.712 €
    Altverluste bis 2013
    68.473 €
    Gesamtverlust bis 2035
    154.185 €

    Anhand der Prognoseberechnung sei ersichtlich, dass ein Totalüberschuss innerhalb des Prognosezeitraumes mit der Ferienwohnung nicht erzielt werden könne. Besonders auffällig an der Prognose sei, dass bereits die Kosten, auf die die Kläger kaum Einfluss hätten, fast doppelt so hoch seien wie die Einnahmen. Es sei demnach denklogisch ausgeschlossen, dass es sich um eine Unternehmung mit Überschusserzielungschancen handele. Selbst, wenn man davon ausgehe, dass die Einnahmen in den künftigen Jahren gesteigert werden könnten und die von den Klägern in ihrer Prognoseberechnung angegebenen Einnahmen von 5.000,00 € jährlich zugrunde gelegt werden könnten, ergebe sich kein Gewinn.

    Die Kläger haben am 24. Juli 2015 Klage erhoben.

    Zur Begründung tragen sie vor, nach ihrer Auffassung sei eine Totalgewinnprognose für die Ferienwohnungsvermietung nicht aufzustellen, da die tatsächlich erzielte Vermietungszeit die ortsübliche Vermietungszeit nach der Auswertung des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern nicht um mehr als 25 % unterschreite.

    Für das Jahr 2013 ergäben die Erhebungen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern für die Stadt A für Ferienwohnungen und Ferienhäuser eine Auslastung von 27 %. Daraus ergäben sich 99 Vermietungstage (27 % × 365 Tage).

    Da sie im Jahr 2013 an 75 Tagen die Ferienwohnung vermietet hätten und nach der statistischen Erhebung 99 Tage für die Stadt A und die Kategorie Ferienwohnungen und Ferienhäuser ortsüblich gewesen seien, liege die Auslastung ihrer Ferienwohnung bei 75,75 % der ortsüblichen Auslastung.

    Auf Nachfrage bei dem Statistischen Amt Mecklenburg-Vorpommern habe die dortige Mitarbeiterin Frau B mitgeteilt, dass es möglich sei, die vorhandenen Datensätze der Statistik so auszuwerten, dass auch Einzeldaten für die Stadt A für die Betriebsart Ferienwohnungen und Ferienhäuser dargestellt werden könnten.

    Es handele sich bei den konkreten Daten nicht um eine besondere statistische Erhebung, sondern um Daten, die in die Auswertung des Statistischen Amtes eingeflossen seien. Es handele sich aber immer noch um dieselbe statistische Auswertung, die auch vom Finanzamt verwendet werde, jedoch nur in einer "Feinjustierung". Es könne auch nicht darauf ankommen, welche Tabellenform veröffentlicht worden sei, sondern nur, was tatsächlicher Inhalt der statistischen Erhebung sei. Diese Daten seien auch für jedermann zugänglich.

    Zudem könne auch der von der Stadt A erfasste Wert der durchschnittlichen Bettenauslastung von 22,16 % zugrunde gelegt werden, da darin alle Betreiber und Vermieter sowie auch die Kleinvermieter erfasst seien.

    Dann würden sich 81 Vermietungstage ergeben (22,16 % * 365 Tage). Sie erreichten mit 75 Vermietungstagen eine Vermietungsquote von 92 %, sodass ein Unterschreiten von 25 % nicht vorliege.

    Würden von den Bettenzahlen der Stadt A die bei dem Statistischen Amt Mecklenburg-Vorpommern vorliegenden Zahlen für Schlafgelegenheiten abgezogen, ergeben sich die Zahlen für die Kleinvermieter von Ferienwohnungen.

    Der Leiter der Touristik der Stadt A habe mitgeteilt, dass keine statistische Unterteilung zwischen meldepflichtigem Vermietungsgewerbe ab neun Betten und Kleinvermietern bis acht Betten vorgenommen werde. Er habe erklärt, dass seine Aufstellung präziser und aussagekräftiger sei als die vom Statistischen Amt Mecklenburg-Vorpommern. Zwar würden dadurch die Auslastungszahlen gegenüber den Kleinvermietern enorm in die Höhe getrieben, aber man könne diese Auslastungszahlen für Kleinvermieter um 1/3 herunterrechnen.

    Im Übrigen sei der Prognoserechnung des Finanzamtes hinsichtlich der erzielbaren Erträge als auch hinsichtlich der angesetzten Aufwendungen nicht zu folgen. Sie (die Kläger) gingen davon aus, dass aufgrund des modernen Standards ihrer Ferienwohnung eine Mieterhöhung für die Ferienwohnung möglich sein werde.

    Die Kläger beantragen,

    abweichend von dem geänderten Einkommensteuerbescheid 2013 vom 25. Juni 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2015 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Verluste in Höhe von 9.104,00 € zu berücksichtigen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist er auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, es gebe nach den Erhebungen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern für die Stadt A keine veröffentlichten Zahlen nur für die Auslastung der Ferienunterkünfte und Campingplätze. Es sei lediglich die durchschnittliche Auslastung aller Unterkünfte veröffentlicht worden, die in A bei 35,5 % liege.

    Dem Finanzamt seien veröffentlichte Erhebungen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern, die sich ausschließlich auf die Auslastung von Ferienunterkünften und Campingplätzen der Stadt A bezögen, nicht bekannt.

    Sollte es tatsächlich Erhebungen des Statistischen Amtes für einzelne Städte und Gemeinden nur für Ferienunterkünfte und Campingplätze geben, so stelle sich die Frage, wie diese Zahlen ermittelt worden seien und warum diese nicht öffentlich zugänglich seien und ob es sich um solche handele, die im Sinne der Rechtsprechung des BFH einschlägig seien. Daran bestünden Zweifel.

    Der 3. Senat des Finanzgerichtes Mecklenburg-Vorpommern habe in seinen Urteilen die veröffentlichten Zahlen des statistischen Landesamtes für die Überprüfung der Auslastung zugrunde gelegt (zum Beispiel 3 K 113/13 oder 3 K 29/13). Nach dieser Lesart verfahre die Finanzverwaltung Mecklenburg-Vorpommern seitdem. Danach seien weder individuell ermittelte "Gegenzahlen" noch konkrete Anfragen beim Statistischen Amt Mecklenburg-Vorpommern zu berücksichtigen.

    Auch die weiteren von den Klägern vorgelegten Zahlen der Stadt A seien nicht der Berechnung zugrunde zu legen, weil sie zum einen nicht auf öffentlichen statistischen Erhebungen beruhten und die Zahlen zudem unter verschiedenen Mängeln leiden würden. So sei nicht ersichtlich, ob in den Zahlen der Stadt A tatsächlich alle Übernachtungen enthalten seien. Dies sei von den Klägern bisher nur unterstellt worden. Nach den Werten des Statistischen Amtes ergeben sich für das gesamte Jahr 2013 insgesamt 231.485 Übernachtungen für die Stadt A. Anhand dieser Werte sei erkennbar, dass in den von den Klägern vorgelegten Zahlen nicht alle Übernachtungen enthalten sein könnten. Die Anzahl der Übernachtungen laut statistischem Landesamt sei ohne die Ferienunterkünfte unter zehn Personen höher als die von den Klägern vorgelegten Zahlen.

    Die Bemessungsgrundlage für die Auslastung (Anzahl der Betten) sei über die Jahre immer gleich geblieben. Dies deute darauf hin, dass die Zahlen nicht jährlich ermittelt worden seien, da in einer Stadt wie A jedes Jahr Schwankungen in der Anzahl auftreten würden.

    Nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes -BFH- sei eine typisierte Betrachtung der Übernachtungszahlen anhand amtlicher Werte für die Beurteilung der ortsüblichen Vermietungszeiten vorzunehmen.

    Sofern die ortsüblichen Vermietungszeit nicht festgestellt werden könnte, sei von der Rechtsprechung des BFH bestätigt worden, dass die Einkünfteerzielungsabsicht dann ebenfalls durch eine Prognose überprüft werden müsse (BFH-Urteil vom 14. Januar 2010, BFH/NV 2010, 869 [BFH 13.01.2010 - IX B 110/09] m. w. N.).

    Diese Fälle seien nach Auffassung des Finanzamtes gleichzusetzen mit den Fällen, in denen Streit darüber bestehe, welche Zahlen zur Beurteilung der ortsüblichen Vermietungszeiten zugrunde zu legen seien.

    Selbst wenn man den Ausführungen der Kläger zu den Einnahmen und Ausgaben der Prognoserechnung ohne weitere Überprüfung folgen würde, ergäbe sich daraus kein Totalgewinn. Vielmehr würde sich bis 2015 ein Gesamtverlust von 110.387,00 € ergeben, der sich wie folgt berechne:



    Werte laut KlägerGesamt künftige Jahre (22)
    Einnahmen künftige Jahre:5.000 €110.000 €
    + Sicherheitszuschlag 10 %500 €11.000 €
    Summe Einnahmen5.500 €121.000 €
    Werbungskosten

    AfA § 7 Abs. 4 EStG1.169 €
    Schuldzinsen laut Nachweis995 €20.951,59 €
    Erhaltung634 €13.948 €
    Einrichtung960 €21.120 €
    Werbung600 €13.200 €
    Nebenkosten (Müll, Wasser etc.)1.853 €40.766 €
    Sonstiges521 €11.462 €
    Summe6.732 €148.104 €
    -10 % Sicherheitsabschlag673,20 €14.810 €
    Summe Werbungskosten7.405,20 €162.914 €
    Verlust1.905 €41.914 €
    Altverluste bis 2013
    68.473 €
    Gesamtverlust bis 2035
    110.387 €


    Dem Gericht lagen zur Entscheidung ein Band Rechtsbehelfsakten sowie zwei Bände Einkommensteuerakten vor.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Absatz 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

    1.

    Die Kläger haben Anspruch auf Berücksichtigung des von ihnen geltend gemachten Werbungskostenüberschusses aus der Vermietung ihrer Ferienwohnung.

    Die Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger ist im Streitfall nicht anhand einer Prognoserechnung, die auch unter Berücksichtigung der von den Klägern selbst angegebenen Zahlen zu einem Gesamtverlust führen würde, zu überprüfen.

    1.1

    Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, dass die ihnen zugrundeliegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (vgl. z. B. Urteil des BFH vom 06. November 2001 IX R 97/00, BStBl II 2002, 726).

    Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z. B. BFH-Urteil vom 05. September 2000 IX R 33/97, BStBl II 2000, 676). Nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (BFH-Urteil vom 06. November 2001 IX R 97/00, BStBl II 2002, 726).

    Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch bei in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen: Auch in diesen Fällen ist grundsätzlich und ohne weitere Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen auszugehen (vgl. BFH-Urteile vom 15. Februar 2005 IX R 53/03, BFH/NV 2005, 1059, vom 05. November 2002 IX R 18/02, BStBl II 2003, 914).

    Diese Rechtsprechung hat der BFH dahin fortentwickelt, dass (auch) beim ausschließlichen Vermieten von Ferienwohnungen - in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten - die Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen immer dann anhand einer Prognose nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 06. November 2001 (IX R 97/00, BStBl II 2002, 726) zu überprüfen ist, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen - ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind - erheblich, d. h. mindestens um 25 % unterschreitet (st. Rspr. vgl. Urteile vom 26. Oktober 2004 IX R 57/02, BStBl II 2005, 388; vom 24. August 2006 IX R 15/06, BStBl II 2007, 256 m. w. N.). Das Vermieten einer Ferienwohnung sei einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr - bis auf ortsübliche Leerstandszeiten - an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Ist dies nicht der Fall, fehle die Basis (= auf Dauer ausgerichtete Vermietungszeit) auf Grund derer das Gesetz die Einkünfterzielungsabsicht typisiert.

    Wird eine Ferienwohnung nicht durchweg im ganzen Jahr an wechselnde Feriengäste vermietet und liegt die zusätzliche Voraussetzung einer ortsüblichen Vermietungszeit nicht vor oder können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist die Vermietung mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung nicht vergleichbar. Die Einkünfteerzielungsabsicht muss dann durch eine Prognose überprüft werden, die den Anforderungen des BFH-Urteil vom 06. November 2001 (a. a. O.) entspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Januar 2010 IX B 146/09 BFH/NV 2010, 869 [BFH 13.01.2010 - IX B 110/09] m. w. N.).

    Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte zu Unrecht eine Prognoserechnung vorgenommen. Die Kläger haben im Streitjahr und in den beiden Folgejahren 75 % der ortsüblichen Vermietungszeit für Ferienwohnungen in A erreicht (Pkt. 1.2). Bei der Ermittlung des Vergleichsmaßstabes ist auf die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen, nicht jedoch auf diejenige von sämtlichen Beherbergungsbetrieben in der Stadt A abzustellen (1.3).

    1.2

    Seit dem Jahr 2011 existieren - zwar nicht veröffentlichte aber auf Anforderungen erhältliche - Auslastungszahlen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern für Ferienwohnungen sowie Ferienhäusern in A. In die Statistik sind lediglich Ferienwohnungsbetriebe mit zehn und mehr Betten eingeflossen. Die Auslastung dieser Ferienwohnungsbetriebe in A zwischen 2011 und 2015 stellt sich wie folgt dar:

    Statistisches Landesamt M-V





    20112012201320142015
    Ferienwohnungen und Ferienhäuser in A Auslastung in %28,125,327,230,229,5
    Auslastung in Tagen1029299110107

    Gemessen an den oben dargelegten Zahlen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern haben die Kläger mit der Vermietung ihrer Ferienwohnung eine Auslastung erreicht, die mit Ausnahme des Jahres 2012 oberhalb von 75 % des ortsüblichen Wertes lag. Dies zeigt die nachfolgende Übersicht:

    20112012201320142015
    Ferienwohnung der Kläger-Auslastung in Tagen926675124104
    Ortsübliche Vermietung von Ferienwohnungen in Tagen1029299110107
    Über- bzw. Unterschreitung der 75 %-Grenze90,19 %71,73 %75,75 %112,72 %97,19 %

    1.3

    Nach Auffassung des Senates sind entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Berechnung der ortsüblichen Belegungstage die vom Statistischen Amt Mecklenburg-Vorpommern ermittelten Auslastungszahlen betr. Ferienwohnungen in A zugrunde zu legen. Danach sind bei der Ermittlung der ortsüblichen Vermietungszeit die individuellen Vermietungszeiten mit denen zu vergleichen, die bezogen auf den gesamten Ort im Durchschnitt erzielt werden (BFH-Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 12/07, BFH/NV 2008, 1484; vgl. auch BFH-Urteil vom 17. August 2005 IX R 10/05, BStBl II 2006, 71; BFH-Beschluss vom 11. September 2007 IX B 4/07, BFH/NV 2007, 2291 zum örtlichen Mietspiegel). Als Vergleichsmaßstab ist dabei auf die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen, nicht hingegen auf die ortsübliche Auslastung der insgesamt angebotenen Betten/Schlafgelegenheiten in A (Hotels, Gasthöfe, Pensionen, Ferienunterkunft und sonstige Unterkünfte) abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 2005 IX R 53/03, BFH/NV 2005, 1059). Die Auslastungszahlen von Hotels sowie Gasthöfen sind mit denjenigen von Ferienwohnungen nicht vergleichbar. So ergibt sich aus den Erhebungen des Statistischen Amtes Mecklenburg Vorpommern, dass Hotels in A im Streitjahr 2013 eine Auslastungsquote von 45,6 %, Hotels garni von 35,9 % und Gasthöfe eine Auslastung von 49,8 % erreicht haben. Demgegenüber erzielten Ferienhäuser und Ferienwohnungen (ab zehn Betten) lediglich Auslastungszahlen von 27,2 %.

    Gegen die Verwendung der Auslastungszahlen für Ferienwohnungen spricht ebenfalls nicht, dass in die Erhebung des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern lediglich Ferienwohnungsbetriebe mit mehr als zehn Betten eingestellt worden sind und für sogenannte Kleinvermieter von Ferienwohnungen (bis zehn Betten) keine Statistik existiert. Hieraus ist, jedenfalls nach Auffassung des Senates, nicht der Schluss zu ziehen, dass mangels Statistik für Kleinvermieter von Ferienwohnungen die Einkünfteerzielungsabsicht stets anhand einer Prognose zu überprüfen ist. Die im Streitfall herangezogene Statistik behandelt denselben Typus von Übernachtungsgelegenheit und differenziert lediglich nach der Größe der Einheit. Dem Senat ist kein Erfahrungssatz bekannt, dass sog. Kleinvermieter i. d. R. eine höhere Auslastung ihrer Ferienwohnung erreichen als größere Ferienwohnungsbetriebe und somit die zugrunde gelegten Auslastungszahlen nicht verwertbar sind. Dem Senat sind auch keine Statistiken bekannt, wonach die ortsübliche Auslastung von Ferienwohnungen sog. Kleinvermieter in A den Auslastungsgrad von Hotels und Gasthöfen erreicht.

    Entscheidend ist für den Senat, dass die Erhebungen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern ausschließlich für Ferienwohnungen und Ferienhäuser in der Stadt A erstellt worden sind und nicht sonstige Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Gasthöfe und Pensionen betreffen, die den Gästen zusätzliche Angebote bereitstellen und daher generell eine höhere Auslastung haben dürften als Ferienwohnungen.

    Gegen eine Verwendung der vom Statistischen Amt Mecklenburg-Vorpommern für Ferienwohnungen in A ermittelten Auslastungszahlen spricht ebenfalls nicht, dass diese Zahlen nur auf Anforderung bekanntgegeben werden, aber nicht veröffentlicht werden. Für die Verwendung der ortsüblichen Auslastungszahlen reicht es aus, dass diese grundsätzlich auf Nachfrage vom Statistischen Amt erhältlich sind, ob diese in den Berichten des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht werden, ist nicht erheblich.

    Schließlich hält der Senat die Auslastungszahlen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern für Ferienwohnungen auch nicht deswegen für nicht aussagekräftig und daher unverwertbar, weil in diese Erhebung lediglich die Auslastungszahlen von 18 Betrieben eingeflossen sind. Zwar ist zutreffend, dass die Zahl der Kleinvermieter von Ferienwohnungen unter zehn Betten in A die Zahl der in die Statistik eingeflossenen Ferienwohnungen um ein Vielfaches übersteigt, dies ändert aber nichts daran, dass die für größere Ferienwohnungsbetriebe erstellte Statistik sich dennoch als Vergleichsmaßstab geeigneter darstellt, als eine Statistik, die die Auslastungszahl sämtlicher Übernachtungsbetriebe einschließlich von Hotels und Gasthöfen wiedergibt.

    Der von der Klägerin geltend gemachte Verlust aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr i. H. v. 9.104,00 € ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird auch vom Senat nicht angezweifelt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 und § 155 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 und 709 Satz 2 Zivilprozessordnung -ZPO-.

    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 115 Abs. 2 FGO.

    Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-.