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  • · Nachricht · Gesetzgebung

    GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG): Umsetzung Krankenhaus-Entlassmanagement in der Praxis

    | Im Rahmen des Übergangs von der stationären Krankenhausbehandlung in die ambulante Behandlung soll vor allem das Entlassmanagement, das weiterhin als von der Krankenhausbehandlung umfasst angesehen wird, mit seiner Schnittstellenproblematik durch das GKV-VSG vereinfacht werden. Es geht um die Antwort auf die Frage, was niedergelassene Ärzte und Apotheker von einem den Patienten entlassenden Krankenhaus benötigen, um eine optimale Weiterbehandlung für diesen zu garantieren. |

    Neu: § 39 Abs. 1a Sozialgesetzbuch (SGB) V

    Die Frage, was niedergelassene Ärzte und Apotheker von einem den Patienten entlassenden Krankenhaus benötigen, um eine optimale Weiterbehandlung für diesen zu garantieren, wird durch Einfügen des neuen § 39 Abs. 1a SGB V geregelt. Im Zuge dessen erhalten die Krankenhäuser ein auf die Erfordernisse des Entlassmanagements eingeschränktes Recht zur Verordnung ambulanter Leistungen (Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel, häusliche Krankenpflege und Soziotherapie; vgl. § 39 Abs. 1a S. 6 und 7 i.V. mit § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V). Patienten, die nach ihrer Entlassung Medikamente brauchen, soll auf diese Weise der sofortige Weg zum Arzt erspart werden.

    Ziel ist der zeitgerechte Einsatz ambulanter Leistungen

    Ziel ist es, stets für den zeitgerechten Einsatz ambulanter Leistungen zu sorgen. Insoweit dürfen diese Leistungen bis zu sieben Tagen verordnet werden bzw. genauso lange darf die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 39 Abs. 1a S. 6 und 7 i.V. mit § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB V). Das Verordnungsrecht der Krankenhäuser für Arzneimittel bezieht sich weiterhin lediglich auf die Sicherstellung einer - falls erforderlich - durchgehenden Versorgung mit Arzneimitteln im Rahmen der Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus. Auch die Klinikärzte sollen an eine wirtschaftliche Verordnungsweise gebunden sein. Deshalb ist die Verordnung auf die kleinste Packungsgröße zu beschränken (§ 39 Abs. 1a S. 7 SGB V). Im Anschluss daran fällt das Verordnungsrecht wieder in den Verantwortungsbereich der niedergelassenen Vertragsärzte.

     

    Um die Umsetzung dieses Vorhabens zu gewährleisten, haben gesetzlich Versicherte gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf ein Versorgungsmanagement (vgl. § 39 Abs. 1a S. 5 SGB V). Dieses umfasst unter anderem eine sachgerechte Anschlussversorgung sowie ein Entlassmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die Versorgung nach der Krankenhausbehandlung, sofern der Versicherte einwilligt.

    Freie Apothekenwahl wird nicht beeinträchtigt

    Von diesem neu geregelten Verordnungsrecht unberührt bleibt das in § 14 Abs. 7 S. 3 Apothekengesetz (ApoG) normierte Recht der Krankenhausapotheken, Arzneimittel lediglich zur Überbrückung eines bestimmten Zeitraums - sofern nach der Entlassung ein Wochenende oder Feiertag folgt - auszugeben. Die Ausgabe der von Krankenhäusern verordneten Arzneimittel erfolgt weiterhin in öffentlichen Apotheken. Die versicherte Person kann das Rezept in einer öffentlichen Apotheke ihrer Wahl einlösen. Die freie Apothekenwahl gemäß § 31 Abs. 1 S. 5 SGB V wird folglich nicht beeinträchtigt.

    Kooperation zwischen Krankenhaus und Apotheke kann zulässig sein

    Im Bereich der Umsetzung des Entlassmanagements ist schon länger die Bildung unterschiedlicher, auch privatrechtlicher Strukturen zu beobachten, die die Übergangszeit von der stationären in die ambulante Behandlung gestalten. Das zuständige Krankenhaus kann Aufgaben des Entlassmanagements an Leistungserbringer gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V übertragen (vgl. § 39 Abs. 1a S. 3 SGB V).

     

    Vor diesem Hintergrund war es zum Streit zweier Apotheker bezüglich des Verständnisses von § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG gekommen, den der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden hat (Urteil vom 13.3.2014, Az. I ZR 120/13, Abruf-Nr. 141636). Der beklagte Apothekeninhaber kooperierte mit der Patientenring GmbH, an der unter anderem die örtliche Universitätsklinik beteiligt war. Dieses Unternehmen verfolgte das Ziel, Patienten der Klinik, deren Entlassung bevorstand, über ihre weitere Behandlung und Versorgung zu unterrichten, ihnen die nötige Ausstattung zu beschaffen, sie bei der Benutzung von Hilfsmitteln anzuleiten und ihnen weitere Organisationshilfe zu gewähren.

     

    Der BGH hat hier auf einer strikt einschränkenden Auslegung des § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG bestanden, wonach Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen dürfen, die die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand haben.

     

    Diese Regelung soll gewährleisten, dass der Arzt sich bei der Auswahl der Arzneimittel ausschließlich von fachlich-medizinischen Gesichtspunkten und seinem ärztlichen Gewissen leiten lässt und der Apotheker die ihm zugewiesene Kontrollfunktion bei der Belieferung von Verschreibungen eigenverantwortlich wahrnimmt (§ 17 ApBetrO).

     

    Dies gelte auch für das Entlassmanagement als speziellen Teil des Gesamtversorgungssystems. Das Zuweisungsverbot ist daher in § 39 Abs. 1a S. 4 SGB V ausdrücklich, wenn auch schlicht formuliert: „§ 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt.“ Unter anderem werden dadurch korruptionsanfällige Formen der Zusammenarbeit und unzulässige Einflussnahmen auf die eigenverantwortliche Leitung einer Apotheke durch die Apothekeninhaberin oder den Apothekeninhaber auch im Rahmen des Entlassmanagements verhindert (so ausdrücklich BT-Drs. 18/5123, Seite 119).

     

    Gleichermaßen dürfe - so der BGH - nicht außer Acht gelassen werden, dass Patienten einen Anspruch auf Entlassmanagement hätten, wodurch Lücken im Versorgungssystem geschlossen werden sollen. Eine Handhabung dessen in Kooperation mit privaten Dritten sei - bei Einverständnis des Patienten - mit dem Gebot der freien Apothekenwahl vereinbar. Hiervon umfasst sei auch die Koordinierung der weiteren Versorgung mit Medikamenten. Der neueren und spezielleren Regelung des SGB V sei ein größeres Gewicht und damit gegenüber § 11 Abs. 1 S. 1 Fall 3 ApoG der Vorrang einzuräumen.

    Praktische Umsetzung im Klinikalltag

    Das eigentlich Interessante ist die praktische Umsetzung im Klinikalltag. Die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts der Kliniken soll vom G-BA nach dessen Richtlinien vorgenommen werden. Der Unterausschuss Arzneimittel des G-BA hat nun einen Entwurf zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) vorgelegt. Danach muss das Krankenhaus vor der Verordnung zunächst prüfen, ob überhaupt ein Rezept erforderlich ist. Falls der Patient an einem Freitag oder vor einem Feiertag entlassen wird, könnten die Kliniken die Arzneimittel weiter für bis zu drei Tage mitgeben. Diese Lösung soll Vorrang haben. Das Krankenhaus soll den weiterbehandelnden Arzt rechtzeitig über die Entlassung informieren. Diese Meldung soll auch Angaben über die medikamentöse Therapie, die Dosierung und die verordneten Arzneimittel enthalten.

     

    Die Verordnung von Arzneimitteln in Krankenhäusern soll auf den Muster 16-Rezepten erfolgen. Änderungen und Ergänzungen auf den ausgestellten Rezepten sind mit Datum und Unterschrift zu bestätigen. Rezepte aus Krankenhäusern sollten als solche gekennzeichnet sein. Anders als „normale“ Verordnungen sind sie nicht einen Monat lang gültig, sondern dürfen nur innerhalb von drei Werktagen beliefert werden.

    Quelle: ID 43894474