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  • · Fachbeitrag · Steuerrecht

    BFH prüft Umfang der Datenzugriffsrechte der Betriebsprüfer bei Apotheken

    von RA/StB/vBP/FAStR Dr. Bernhard Bellinger, Düsseldorf, www.bellinger.de 

    | Zuerst versagte das Hessische Finanzgericht (FG) dem Fiskus das Datenzugriffsrecht auf Kasseneinzeldaten - die sogenannte Kassenauftragszeile - ( Urteil vom 24.4.2013, Az. 4 K 422/12, Urteil unter www.dejure.org ), dann sprach das FG des Landes Sachsen-Anhalt dem Fiskus dieses Recht zu ( Urteil vom 23.5.2013, Az. 1 K 396/12 ). Nun liegt die Sache beim Bundesfinanzhof (BFH, Az. X B 80/13), weil der Fiskus gegen die ihm vom Hessischen FG verweigerte Revision in die Nichtzulassungsbeschwerde ging. Auch der Rechtsstreit vor dem FG Sachsen-Anhalt wird in die Revision gehen. |

     

    Kernfrage: Aufzeichnungspflicht ja oder nein?

    Verkürzt hat die Finanzverwaltung sieben Paragrafen (§ 145 Abgabenordnung, § 238 Handelsgesetzbuch, § 22 Umsatzsteuergesetz, § 22 Apothekenbetriebsordnung und die §§ 13 bis 15 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung) benannt, aus denen sich eine Aufzeichnungspflicht für einzelne Kassendaten im Warenwirtschaftssystem einer Apotheke ergeben soll. Nach dem Urteil des BFH setzt ein Datenzugriffsrecht eine gesetzlich geregelte Aufzeichnungspflicht voraus (BFH, Urteil vom 24.6.2009, Az. VII R 80/06, Abruf-Nr. 093170).Das Hessische FG hatte in seinem Urteil allen sieben Vorschriften die entsprechende Qualität abgesprochen, das FG Sachsen-Anhalt umgekehrt allen sieben Paragrafen diese Wirkung beigemessen.

     

    Datenzugriffsrechte auf sichere Rechtsgrundlage stellen

    Das Urteil des FG Sachsen-Anhalt überzeugt nicht, weil es sich an mehreren Stellen nicht mit den Grundsätzen des BFH und des Verwaltungsrechts in Einklang bringen lässt. Das FG Sachsen-Anhalt missachtet die Wirkung des Gesetzesvorbehalts. Steuerrecht gehört zur Eingriffsverwaltung und jeder Eingriff bedarf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die Frage ist nicht, ob etwas zumutbar ist und sich Daten zur Verprobung eignen, sondern ob genau diese Daten gesetzlich zur Aufzeichnung vorgeschrieben wurden. Die oben genannten apothekenrechtlichen Vorschriften enthalten im Wortlaut keine Passage „… ist aufzuzeichnen“. Damit scheiden sie nach der Rechtsprechung des BFH als aufzeichnungsverpflichtende Normen automatisch aus, sodass keine generelle Aufzeichnungspflicht konstruiert werden kann.

     

    Dass die Finanzverwaltung ihre eigene Position intern selbst sehr kritisch sieht, kann man auch daran erkennen, dass die Oberfinanzdirektion Münster das Bundesfinanzministerium angeschrieben und aufgefordert hat, die Abgabenordnung zu ändern, um die Datenzugriffsrechte auf eine sichere Plattform zu stellen. Das entspricht der Empfehlung des Autors, sich ein Vorbild an Österreich zu nehmen, wo genau diese Änderung umgesetzt wurde.

     

    Die Entscheidung des BFH wird im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wohl bis Anfang 2014 fallen. Eine Empfehlung des BFH an den Gesetzgeber für eine eindeutige Regelung wäre wünschenswert.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 13 | ID 42210313