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  • · Fachbeitrag · Investitionsabzugsbetrag

    § 7g EStG im Lichte der jüngsten Rechtsprechung und Gesetzgebung

    von StB Dipl.-Bw. (FH) Thorsten Normann, Olsberg

    | Der Investitionsabzugsbetrag ist ein wichtiges steuerliches Gestaltungsmittel, das jedoch recht konfliktanfällig ist, wie die umfangreiche Rechtsprechung zeigt. Grund genug, um sich nach einigen allgemeinen Ausführungen mit den aktuellen (zum Teil günstigen) Rechtsentwicklungen zu beschäftigen. |

    1. Funktionsweise und Tatbestandsvoraussetzungen

    Der Investitionsabzugsbetrag soll Investitionen von kleinen und mittelständischen Betrieben erleichtern. Die begünstigten Unternehmen können daher im Vorgriff auf die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens einen gewinnmindernden Investitionsabzugsbetrag außerhalb der Bilanz bilden. Der Abzugsbetrag beträgt bis zu 40 % der geplanten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

     

    Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung wird der Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell gewinnerhöhend aufgelöst. Gleichzeitig können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd herabgesetzt 
werden, sodass eine erfolgsneutrale Auflösung möglich ist. Wird das Wahlrecht genutzt, verringert sich die Bemessungsgrundlage für die AfA entsprechend.

     

    Hinweis | Der Investitionsabzugsbetrag kann auch beansprucht werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g Abs. 1 S. 3 EStG).

     

    1.1 Begünstigte Unternehmen

    Der Investitionsabzugsbetrag setzt voraus, dass das Unternehmen aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt und eine in diesem Sinne werbende 
Tätigkeit ausübt (BMF 8.5.09, IV C 6 - S 2139 b/07/10002, Tz. 1). Da § 7g EStG speziell die kleinen und mittleren Betriebe fördern soll, sind die in § 7g 
Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG genannten Größenmerkmale zu beachten, die von der jeweiligen Gewinnermittlungsmethode abhängig sind:

     

    • Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG darf das Betriebsvermögen 235.000 EUR nicht überschreiten.

     

    • Wird der Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, kann ein Abzugsbetrag nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gewinn (ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags) 100.000 EUR nicht übersteigt.

     

    1.2 Begünstigte Investitionen

    Der Steuerpflichtige muss das begünstigte Wirtschaftsgut seiner Funktion nach benennen und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angeben (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG). Dabei reicht es aus, die betriebsinterne Bestimmung stichwortartig darzulegen (BMF, a.a.O., Tz. 41).

    Ob das Wirtschaftsgut neu oder gebraucht ist, ist insoweit irrelevant. Tatbestandsmerkmal ist jedoch, dass das Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn es der Steuerpflichtige zu nicht mehr als 10 % privat nutzt (BMF, a.a.O., Tz. 46).

     

    Beachten Sie | Die Summe der am Ende des Wirtschaftsjahrs in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträge darf je Betrieb 200.000 EUR nicht übersteigen. Dieser Betrag vermindert sich um die in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren berücksichtigten Abzugsbeträge, die noch „vorhanden” sind, d.h. nicht wieder hinzugerechnet oder rückgängig gemacht 
wurden(§ 7g Abs. 1 S. 4 EStG; BMF a.a.O., Tz. 49).

     

    Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Wirtschaftsgut bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft oder hergestellt werden muss. Erfolgt keine Investition, ist der Abzugsbetrag im Jahr der Bildung rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 EStG).

     

    1.3 Sonderabschreibungen

    Neben der Bildung von Investitionsabzugsbeträgen regelt § 7g Abs. 5 und Abs. 6 EStG auch die Vornahme von Sonderabschreibungen. Danach können im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren insgesamt bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Sonderabschreibungen geltend gemacht werden.

     

    Die Sonderabschreibungen sind parallel zu den „normalen“ Abschreibungen (§ 7 Abs. 1 EStG) möglich und - analog zur Bildung von Investitionsabzugsbeträgen - betriebs- und nicht personenbezogen zu überprüfen. Da nur kleine und mittlere Unternehmen gefördert werden sollen, sind hier ebenfalls die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG zu beachten.

     

    Hinweis | Die Sonderabschreibung ist als eigenständige Fördermaßnahme ausgestaltet und somit unabhängig von der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags.

    2. Aktuelle Finanzrechtsprechung, Verwaltungssichtweise und Gesetzgebung

    Da zum Investitionsabzugsbetrag eine Vielzahl von finanzgerichtlichen Entscheidungen ergangen sind, können die folgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Vielmehr werden ausgewählte, praxisrelevante Aspekte vorgestellt.

     

    2.1 Investitionsabzugsbetrag nach Abschluss der Investition

    Der Investitionsabzugsbetrag kann grundsätzlich auch nach erfolgter Investition geltend gemacht werden. Ob eine künftige Anschaffung i.S. des § 7g EStG gegeben ist, ist aus der Sicht am Ende des Gewinnermittlungszeitraums zu beurteilen, für den der Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wird (BFH 17.1.12, VIII R 48/10). Die aus dieser Sicht „künftige” Anschaffung kann bei der Abgabe der Steuererklärung für das Abzugsjahr also bereits erfolgt sein.

     

    PRAXISHINWEIS |  In dieser Entscheidung hat der BFH zudem klargestellt, dass das Wahlrecht nach § 7g EStG grundsätzlich bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung (und somit sogar noch im Einspruchsverfahren) ausgeübt werden kann.

     

    2.2 Nachträgliche Aufstockung des Abzugsbetrags

    Entgegen der Auffassung des BMF (a.a.O., Tz. 6) muss der Investitionsabzugsbetrag nicht ausschließlich in einem Wirtschaftsjahr (Abzugsjahr) geltend gemacht werden, sondern kann in einem nachfolgenden Wirtschaftsjahr erhöht werden (FG Niedersachsen 19.12.12, 2 K 189/12).

     

    Hinweis | Sollte der BFH diese Sichtweise in der Revision (BFH, X R 4/13) bestätigen, würde sich insoweit (neues) Gestaltungspotenzial ergeben.

     

    2.3 Nachweispflichten bei Betriebseröffnung

    Bei noch in Gründung befindlichen Betrieben ist nach Auffassung des BFH (20.6.12, X R 42/11) eine strenge Prüfung der Investitionsabsicht erforderlich. Allerdings muss die Investitionsabsicht nicht zwingend durch eine verbindliche Bestellung, wie dies noch bei der Ansparabschreibung der Fall war, nachgewiesen werden.

     

    PRAXISHINWEIS |  Der BFH hat in seinem Urteil jedoch Bedenken geäußert, 
allein die Einholung von Kostenvoranschlägen als Nachweis der erforderlichen Investitionsabsicht ausreichen zu lassen, da deren Einholung für den Steuerpflichtigen grundsätzlich kostenfrei und daher risikolos ist. Demgegenüber sind typische und gewichtige Indizien für eine Investitionsabsicht bei in Gründung befindlichen Betrieben darin zu sehen, dass der Steuerpflichtige z.B. im Rahmen der von ihm in Gang gesetzten Betriebseröffnung bereits selbst und endgültig mit Aufwendungen belastet ist.

     

    2.4 Investitionsabzugsbetrag bei Unterhaltsaufwendungen

    Aufwendungen für den Unterhalt sind nur dann nach § 33a Abs. 1 EStG steuerlich begünstigt, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen. Nach Meinung des FG Niedersachsens (24.4.12, 15 K 234/11) wird durch einen Investitionsabzugsbetrag die tatsächliche Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, sodass ein etwaiger Abzugsbetrag bei der Ermittlung des relevanten Nettoeinkommens nicht zu berücksichtigen ist (andere Auffassung BMF 7.6.10, IV C4 - S 2285/07/0006:001, Tz. 10).

     

    Hinweis | Gegen das Urteil ist die Revision (BFH VI R 34/12) anhängig. In entsprechenden Fällen sollte Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

     

    2.5 Zur Gewinngrenze bei Auflösung einer Ansparabschreibung

    Wird eine in früheren Wirtschaftsjahren gebildete Ansparabschreibung nebst Gewinnzuschlag aufgelöst, stellt sich die Frage, ob diese Gewinnerhöhung bei der Prüfung der Gewinngrenzen für Einnahmen-Überschussrechner berücksichtigt werden muss.

     

    Bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns bleibt ein Investitionsabzugsbetrag nach dem Wortlaut des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. c EStG unberücksichtigt. Nach Auffassung des FG Köln (10.4.13, 4 K 2910/10) muss dies auch für die Auflösung früherer Ansparabschreibungen gelten, um eine vollständige Neutralisierung der auf der steuerlichen Investitionsförderung beruhenden Gewinnkorrekturen zu erreichen.

     

    Hinweis | Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil die Revision eingelegt, die mittlerweile anhängig ist (BFH, VIII R 29/13).

     

    2.6 Vorweggenommene Erbfolge

    Das FG Niedersachsen (11.4.12, 4 K 210/11) hatte zu entscheiden, ob Investitionsabzugsbeträge noch zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden können, zu dem der Steuerpflichtige den Betrieb bereits im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Nachfolger übertragen hat.

     

    In diesem Zusammenhang stellte das FG Niedersachsen klar, dass der Investitionsabzugsbetrag eine noch durchführbare, objektiv mögliche Investition voraussetzt. Daran fehlt es jedoch, wenn der Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben ist oder der Steuerpflichtige bei Abgabe der Steuererklärung für das Kalenderjahr, in dem Investitionsabzugsbeträge geltend gemacht werden, den Entschluss gefasst hat, seinen Betrieb insgesamt zu veräußern oder aufzugeben. Bei einer unentgeltlichen Betriebsübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge kann nichts anderes gelten, so das FG Niedersachsen.

     

    Hinweis | Da die Steuerpflichtigen gegen dieses Urteil die Revision eingelegt haben (anhängig unter BFH, IV R 14/12) wird letztlich der BFH klären müssen, ob der Betriebsübergeber einen Investitionsabzugsbetrag für eine erst vom Betriebsübernehmer durchzuführende Investition beanspruchen kann.

     

    2.7 Keine schädliche Privatnutzung bei Fotovoltaikanlagen

    Der Investitionsabzugsbetrag wird nur gewährt, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt, das Wirtschaftsgut zu mindestens 90 % betrieblich zu nutzen. Gerade bei Fotovoltaikanlagen stellte dies ein Problem dar, da eine private Nutzung von mehr als 10 % eher die Regel als die Ausnahme ist. Nach der neuen Verwaltungssichtweise (R 4.3 Abs. 4 S. 2 EStR 2012) ist der private Verbrauch des Stroms aber keine private Verwendung der Anlage, sondern eine Sachentnahme des produzierten Stroms. Somit ist ein höherer Selbstverbrauch für einen Investitionsabzugsbetrag unschädlich.

     

    2.8 Betriebsbezogene Sichtweise

    Mit der Formulierung der fast ausschließlichen Nutzung „in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs“ (vgl. insofern § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 
Buchst. b EStG) hat der Gesetzgeber den Abzugsbetrag betriebsbezogen und nicht personenbezogen ausgestaltet. Demzufolge liegt eine außerbetriebliche Nutzung auch dann vor, wenn die Nutzung in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erfolgt. Dies hat das FG Niedersachsen (3.11.11, 11 K 435/10) entschieden. Die Revision ist anhängig (BFH, X R 46/11).

     

    PRAXISHINWEIS |  Dem steht nach Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen auch nicht entgegen, dass es unschädlich ist, wenn Wirtschaftsgüter des Besitzunternehmens im Rahmen einer Betriebsaufspaltung nicht von diesem, sondern vom Betriebsunternehmen genutzt werden. Ansonsten wäre der Abzugsbetrag in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung nämlich gänzlich ausgeschlossen.

     

     

    2.9 Beginn des Zinslaufs bei unterlassener Investition

    Bildet der Steuerpflichtige einen Investitionsabzugsbetrag und unterlässt er später die geplante Investition, ist der Abzug im Jahr der Vornahme rückgängig zu machen. Strittig war bis dato die Frage, ob hieraus eine Verzinsung resultiert bzw. wie der Zinslauf zu berechnen ist. Nach Ansicht des BMF (a.a.O., Tz. 72) liegt kein rückwirkendes Ereignis vor, sodass § 233a Abs. 2a AO nicht anwendbar ist. Vielmehr richtet sich der Zinslauf nach § 233a Abs. 2 AO, d.h., der Zinslauf beginnt bereits 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Steuerpflichtige den Abzugsbetrag geltend gemacht hat.

     

    Diese Auffassung hat der BFH (11.7.13, IV R 9/12) in einem aktuellen Urteil aber nicht geteilt, da die rückwirkende Verzinsung lediglich für die rückwirkende Streichung eines Investitionsabzugsbetrags nach durchgeführter Investition wegen Nichteinhaltung bestimmter Nutzungsvoraussetzungen geregelt ist. Nur für diesen Fall bestimmt § 7g Abs. 4 S. 4 EStG, dass § 233a Abs. 2a AO nicht anzuwenden ist. Demgegenüber ist die Aufgabe der Investitionsabsicht ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 233a Abs. 2a AO, sodass der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs beginnt, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist.

     

    Beachten Sie | Durch das AmtshilfeRLUmsG (BGBl I 13, 1809) wurde § 7g Abs. 3 EStG um einen Satz 4 ergänzt, wonach § 233a Abs. 2a AO ab dem 
VZ 2013 nicht anzuwenden ist. Nach Meinung von Lühn (NWB 13, 2608 f.) dürfte der Gesetzgeber sein Ziel der Festschreibung der Verwaltungsauffassung bezüglich des Zinsbeginns bei Aufgabe der Investitionsabsicht allerdings verfehlt haben. § 7g Abs. 3 EStG regele nämlich nur den Fall, dass die Investition innerhalb des Dreijahreszeitraums nicht erfolgt, aber nicht den Fall, dass ein Tatbestandsmerkmal für die Bildung des Investitionsabzugsbetrags rückwirkend ex tunc wegfällt und dies gewinnerhöhend wirkt. Insofern prognostiziert Lühn, dass das nächste Musterverfahren bereits absehbar sei.

     

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    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 253 | ID 42301309