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  • · Fachbeitrag · Altersvorsorge

    Anpassung der Betriebsrente im Konzern in wirtschaftlich schwieriger Lage

    | In der Rechtsprechung des BAG zur inflationsbedingten Anpassung einer Betriebsrente hat es in den letzten Monaten eine deutliche Kehrtwende gegeben. Arbeitgeber erhalten damit im Fall einer drohenden Existenzvernichtung ein wenig mehr Spielraum für das Unternehmen. |

    1. Anpassung bei schlechter wirtschaftlicher Lage

    Mit Urteil aus Dezember 2012 hatte das BAG (11.12.12, 3 AZR 615/10, Abruf-Nr. 131903) bereits entscheiden, dass ein Unternehmen die Anpassung aussetzen darf, wenn es dem Unternehmen wirtschaftlich schlecht gehe. Maßgeblich sind u.a. die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalausstattung und -verzinsung des Unternehmens.

     

    1.1 Zulässigkeit einer Anpassungsablehnung

    Das BAG hält die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung vor allem in zwei Fällen für zulässig: 

    • Der Arbeitgeber kann den Teuerungsausgleich bis zum nächsten Anpassungsstichtag wahrscheinlich nicht aus den Unternehmenserträgen und den Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens aufbringen.
    • Die Eigenkapitalausstattung ist ungenügend. Dann geht der Aufbau der verlorenen Vermögenssubstanz vor.  

     

    1.2 Nachweispflicht

    Will der Arbeitgeber die Versorgungsleistungen nicht anpassen, unterliegt er strengen Nachweispflichten. Generell muss er die Anpassung der laufenden betrieblichen Altersversorgungsleistungen alle drei Jahre prüfen und über einen angemessenen Inflationsausgleich entscheiden (§ 16 Abs. 1 BetrAVG). Als Anpassungsmaßstab gilt dabei der Preisindex für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Haushalts von Arbeitnehmern mittleren Einkommens 
(§ 16 Abs. 2 BetrAVG). Die Anpassungskriterien werden in folgender Reihenfolge geprüft (BAG 23.5.00, 3 AZR 146/99, Abruf-Nr. 132409):

     

    • Das Unternehmen muss prognostizieren, ob es den Anpassungsbedarf aufbringen kann, ohne übermäßig belastet zu werden. Grundlage ist die betriebswirtschaftliche Entwicklung über mindestens drei Jahre anhand der Ergebnisse der Handelsbilanzen (BAG 11.10.11, 3 AZR 525/09, 3 AZR 527/09 und 3 AZR 732/09).
    • Außerordentliche Aufwendungen und Erträge bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Erträge aus der Auflösung stiller Reserven erhöhen allerdings das verfügbare Eigenkapital (BAG 23.1.01, 3 AZR 287/00).
    • Unberücksichtigt bleiben auch nicht vorhersehbare neue Rahmenbedingungen und sonstige unerwartete, spätere Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse (BAG 17.10.95, 3 AZR 881/94).
    • Zu berücksichtigen sind zum Anpassungsstichtag absehbare Investitionen.
    • Betriebssteuern sind von den verwendungsfähigen Mitteln abzuziehen, ebenso Verlustvorträge (BAG 23.5.00, 3 AZR 83/99).
    • Für Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH darf eine angemessene, fremdübliche Vergütung abgesetzt werden.
    • Vom verbleibenden Ergebnis ist eine angemessene Kapitalverzinsung nötig, bestehend aus Basiszins (Umlaufrendite öffentlicher Anleihen) und Risikozuschlag von 2 %.

    2. Berechnungsdurchgriff im Konzern

    In einer weiteren Entscheidung (BAG 15.1.13, 3 AZR 638/10) wurde nun über einen möglichen Berechnungsdurchgriff im Konzern geurteilt. Nach Auffassung des Gerichts muss die wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft nicht berücksichtigt werden.

     

    2.1 Sachverhalt des Urteils zum Berechnungsdurchgriff

    Dem Urteil lag die Klage eines Rentners auf Kaufkraftanpassung der Betriebsrente zugrunde. Der ehemalige Arbeitnehmer bezog ab Januar 1999 eine Betriebsrente. Kurz darauf wurde der Betrieb verkauft. Im Jahr 2005 wurde die persönlich haftende Gesellschafterin des früheren Arbeitgebers als übertragender Rechtsträger auf das beklagte Unternehmen verschmolzen. Der Rentner machte die Anpassung der Betriebsrente ab Januar 2005 geltend. Er meinte, dass es aufgrund der Verschmelzung allein auf die finanzielle Situation der Rechtsnachfolgerin und nicht seines früheren Arbeitgebers ankäme. Im Übrigen sei der Anspruch auf Zahlung einer höheren Betriebsrente nach den Grundsätzen des Berechnungsdurchgriffs im Konzern anhand der wirtschaftlichen Lage der Konzernobergesellschaft zu beurteilen.

     

    2.2 Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff

    Das Gericht war in diesem Fall der Auffassung, dass die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers eine Anpassung der Betriebsrente zum 1.1.05 an den Kaufkraftverlust nicht zuließ. Der mögliche Berechnungsdurchgriff kam nicht zur Anwendung, da die Voraussetzungen nicht vorlagen.

     

    Im Fall eines Berechnungsdurchgriffs müsste der Arbeitgeber die Anpassung unter bestimmten Voraussetzungen vornehmen. Zu den Voraussetzungen zählt u.a., dass der Anspruchsteller die strengen und engen Voraussetzungen der Existenzvernichtungshaftung beweisen und ein sittenwidriges insolvenzverursachendes Verhalten des Rechtsnachfolgers darlegen muss. Dies wird nur in wenigen Fällen gelingen.

     

    2.3 Schlussfolgerung

    An einem Berechnungsdurchgriff im Konzern hält das BAG nicht mehr fest. Maßgeblich für die Anpassung der Betriebsrente sind nunmehr die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers. Die wirtschaftliche Lage der Konzernmutter bleibt damit außen vor.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 213 | ID 42262706