01.04.2007 | Aktuelle Rechtsprechung
BGH: Kein Rückzahlungsanspruch trotz Verstoß gegen Unterrichtungspflicht
Die Frage, welche Anforderungen an eine ausreichende Unterrichtung des Patienten vor der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen nach § 22 Abs. 2 S. 1 Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu stellen sind, wurde in einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1. Februar 2007 (Az: III ZR 126/06 – Abruf-Nr. 070800) erneut beantwortet. Allerdings haben die Karlsruher Richter auch entschieden: Bei einem Verstoß gegen diese Unterrichtungspflicht kann ein Rückzahlungsanspruch des Patienten von Entgelten für Chefarztbehandlungen verneint werden – zum Beispiel dann, wenn trotz unwirksamer Wahlleistungsvereinbarungen die Rechnungen über einen längeren Zeitraum anstandslos gezahlt wurden.
Der BGH hat in seinem neuen Urteil die Kriterien wiederholt, die die Anforderungen abgrenzen und die für die Wirksamkeit von Wahlleistungsvereinbarungen maßgeblich sind. Eine ausreichende Unterrichtung nach § 22 Abs. 2 S. 1 BPflV soll demnach die folgenden Informationen enthalten.
1. Der Inhalt der wahlärztlichen Leistung wird kurz charakterisiert, wobei zum Ausdruck kommt, dass durch die wahlärztliche Leistung ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkrankung die persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Ärzte sichergestellt werden soll. 2. Der Patient erhält auch ohne Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hin-reichend qualifizierte Ärzte. 3. Es erfolgt eine kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der GOÄ. Darin wird erklärt, dass die Leistungsbeschreibung anhand der Nummer des Gebührenverzeichnisses vorgenommen wird, welche Bedeutung die Punktzahl und der Punktwert haben und dass es die Möglichkeit gibt, den Gebührensatz je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen. 4. Die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen kann eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung für den Patienten zur Folge haben. 5. Es wird auf eine Gebührenminderung nach § 6a GOÄ hingewiesen, die bei stationären – und teilstationären sowie vor- und nachstationären – privatärztlichen Leistungen nach dieser Verordnung um 25 Prozent vorgenommen werden muss. Abweichend davon beträgt die Minderung für Leistungen und Zuschläge nach Satz 1 von Belegärzten oder niedergelassenen anderen Ärzten 15 Prozent. 6. Bei der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen erstreckt sich die Vereinbarung zwingend auf alle an der Behandlung beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte, also die sogenannte Wahlleistungsbehandlungskette (so § 22 Abs. 3 S. 1 BPflV). 7. Die GOÄ kann auf Wunsch eingesehen werden. Die ungefragte Vorlage der Gesetzestexte ist nach Ansicht des BGH entbehrlich, weil diesen für sich genommen kein besonderer Informationswert zukommt. Auch hier ist auf den durchschnittlichen Wahlleistungspatienten abzustellen, der nicht annähernd in der Lage ist, sich selbst anhand des Studiums dieser umfänglichen und komplizierten Regelungswerke einen Überblick über die Höhe der auf ihn zukommenden Arztkosten zu verschaffen. |
Früher galt die BPflV für alle Bereiche der stationären Versorgung – heute nur noch für die, die nicht über DRGs vergütet werden (Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin). Für alle anderen und damit die meisten Bereiche gilt das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), das allerdings in vielen Paragrafen wortgleich der alten Bundespflegesatzverordnung entspricht. Dem alten § 22 Abs. 2 BPflV entspricht nahezu wortgleich § 17 Abs. 2 KHEntgG – mit einer Ausnahme: Die Formulierungen im KHEntgG beinhalten eine Verschärfung. Danach ist der Patient vor Abschluss der Vereinbarung schriftlich über die Entgelte der Wahlleistungen zu informieren. Die Ausführungen des BGH-Urteils können daher auch auf den Geltungsbereich des KHEntgG angewendet werden.
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