01.11.2003 | Aktuelle Rechtsprechung
Chefarzt gewinnt vor Gericht den Streit um die Mitarbeiterbeteiligung
von Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Fachanwalt für Arbeits- und Steuerrecht, Kanzlei Klostermann, Bochum
Chefärzte müssen nachgeordnete Ärzte, die für sie abrechnungsfähige Leistungen erbringen, nur dann zu einem bestimmten Prozentsatz an ihrem Erlös beteiligen, wenn es auch eine entsprechende Regelung im Kammer-/Heilberufsgesetz gibt. Führt eine Ärztekammer eine solche Regelung ein, ohne dass es eine konkrete gesetzliche Ermächtigung dazu gibt, so ist diese Regelung nichtig. Zu diesem Ergebnis kam nun das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in einem aktuellen Urteil vom 25. September 2003 (Az: 8 K 3109/00 - Abruf-Nr. 032197 ).
Geklagt hatte ein Chefarzt der Chirurgie aus einem niedersächsischen Krankenhaus. Nach § 29 Abs. 3 bis 5 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen müssen Chefärzte andere Ärzte, die für sie abrechnungsfähige Leistungen erbringen, mit mindestens 20 Prozent und "wenn die liquidationsfähigen Leistungen vom Mitarbeiter auf Dauer überwiegend selbst erbracht werden" mit 50 Prozent beteiligen.
Der Chefarzt hielt diese Regelung für rechtswidrig und die OVG-Richter gaben ihm Recht. Denn: Die beanstandete Vorschrift ist nichtig. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass die Ärztekammer Niedersachsen keine Ermächtigungsgrundlage hatte, auf Grund derer sie finanzielle Verpflichtungen für liquidationsberechtigte Ärzte konstituieren durfte. Derartige Bestimmungen setzen - nach den Worten der Richter - eine spezielle Ermächtigung durch den Gesetzgeber voraus, an der es bislang fehle.
Gleichwohl hat das OVG darauf hingewiesen, dass die Art der konkreten Berufsordnung dann nicht zu beanstanden gewesen wäre, wenn eine solche Ermächtigungsgrundlage existieren würde. Fazit: Würde es also eine konkrete Ermächtigungsgrundlage im Heilberufskammergesetz geben, hätte die Ärztekammer die weitgehenden Beteiligungsverpflichtungen auch wirksam regeln können.
Die vom Chefarzt im übrigen vorgebrachten Gegenargumente wie "unzumutbar hohe Belastungen", "Eingriffe in Berufsausübungsfreiheiten" sowie Fragen der Unverhältnismäßigkeit hat das Gericht - wie es ausdrücklich ausführt "zur Vermeidung künftiger Rechtsstreitigkeiten" - ausdrücklich abgelehnt.
Damit sind zukünftig auch die Chefärzte im Bundesland Niedersachsen nicht mehr verpflichtet, auf der Basis dieser Bestimmung in der Berufsordnung die Mitarbeiter zu beteiligen. Die Verpflichtung reduziert sich damit auch in Niedersachsen darauf, die Mitarbeiter angemessen zu beteiligen, wie dies auch vor der "Verschärfung" der Berufsordnung bereits vorgesehen war. Da ferner das Heilberufskammergesetz auch keine weitergehenden Ermächtigungsgrundlagen beinhaltet, ist es somit der Ärztekammer verwehrt, neue konkrete Beteiligungsverpflichtungen prozentual via Berufsordnung zu konstituieren. Ein solche Regelung könnte erst dann eintreten, wenn das Heilberufskammergesetz konkret geändert würde und der Gesetzgeber weitergehende konkrete Ermächtigungsgrundlagen deutlich und ausdrücklich schaffen würde. Selbstverständlich kann nicht beurteilt werden, ob sich nunmehr der Gesetzgeber berufen fühlt, seine bisherigen Ermächtigungsgrundlagen deutlich auszudehnen.
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