04.03.2009 | Aktuelle Rechtsprechung
Grober Behandlungsfehler: Chefarzt verlegt neugeborenes Kind zu spät
Zeigt ein Neugeborenes ein signifikantes Leitsymptom für eine schwere Infektion (hier: Sonnenuntergangsphänomen), so kann ein grober Behandlungsfehler darin liegen, dass die notfallmäßige Verlegung in eine spezialisierte Kinderklinik um 45 Minuten verzögert wird. Zu diesem Ergebnis kommt das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem nun veröffentlichten Urteil vom 30. Oktober 2008 (Az: 5 U 576/07 - Abruf-Nr. 090745; nicht rechtskräftig). Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Sachverhalt
Die üblichen Untersuchungen in der Schwangerschaft der Kindesmutter ergaben keinen auffälligen Befund. Tatsächlich war der Geburtskanal mit Streptokokken besiedelt, was bei der Schwangeren keinerlei Probleme verursachte. Unter der Geburt am 23. Januar 2002 (11.14 Uhr) wurden die Keime auf das Kind übertragen, das demzufolge an einer Meningitis erkrankte.
Die im dritten Jahr der gynäkologischen Facharztausbildung stehende Assistenzärztin untersuchte das Kind am 25. Januar 2002 um 7.05 Uhr und beabsichtigte, es sofort in die Kinderklinik zu verlegen. Diese Entscheidung wurde im Pflegeprotokoll mit dem Hinweis dokumentiert, auch die Oberärztin habe bei dem Kind das Sonnenuntergangsphänomen festgestellt. Um 7.15 Uhr ordnete der Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe dagegen an, das Kind „zur Beruhigung“ der Mutter anzulegen.
Das Kind verklagte nun den Chefarzt auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die Klägerin lastet dem Chefarzt Versäumnisse am Tag der Geburt und den beiden darauffolgenden Tagen an. In der ersten Instanz verlor das Kind. Das OLG Koblenz gab dem inzwischen siebenjährigen Mädchen nun Recht.
Die Entscheidungsgründe
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