02.03.2011 | Berufsrecht
Neue BVerfG-Entscheidung: Fallen jetzt die Fachgebietsgrenzen bei Privatliquidation?
von Rechtsanwalt Rainer Hellweg, Kanzlei Schroeder-Printzen, Kaufmann & Kollegen, Hannover, www.spkt.de
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Kammerbeschluss vom 1. Februar 2011 (Az: 1 BvR 2383/10, Abruf-Nr. 110731) eine Entscheidung getroffen, die zunächst dem Berufsrecht zuzuordnen ist, jedoch Auswirkungen auf den gesamten Bereich der privatärztlichen Tätigkeit und Liquidation entfalten könnte. Es hat klargestellt, dass ein Arzt grundsätzlich berechtigt ist, auch über seine Spezialisierung hinaus Patienten in allen ärztlichen Gebieten zu behandeln, solange der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit in seinem Fachgebiet liegt.
Der Fall
In dem vom BVerfG entschiedenen Fall ging es um einen Facharzt für MKG-Chirurgie, der neben seiner Praxis in deutlich geringerem Umfang auch Schönheitsoperationen durchführte - und zwar hauptsächlich Brustoperationen sowie Bauch- und Oberarmstraffungen. Die Ärztekammer Hamburg sah hierin einen berufsrechtlichen Verstoß wegen „Fachfremdheit“ der Leistungen, die dem Facharztgebiet der ästhetisch-plastischen Chirurgie zuzuordnen seien. Das Vertrauen der Patienten in die fachärztliche Qualifikation werde getäuscht, wenn ein Facharzt für MKG-Chirurgie solche Leistungen systematisch anbietet und gezielt bewerbe.
Vom Hamburgischen Berufsgericht wurde dem Arzt ein Verweis erteilt und eine Geldbuße von 1.500 Euro verhängt. Dies bestätigte der Hamburgische Berufsgerichtshof für Heilberufe in zweiter Instanz.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Das BVerfG hob die vorhergehenden Urteile auf. Begründung: Der Patientenschutz erfordere es nicht, einem bestimmten Fachgebiet zugeordnete Behandlungen nur durch Ärzte dieses Fachgebiets durchführen zu lassen. Vielmehr sei ein Arzt unabhängig von Spezialisierungen grundsätzlich aufgrund seiner Approbation berechtigt, Patienten auf allen ärztlichen Gebieten zu behandeln.
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