01.02.2003 | Leserforum
Der GOÄ-Spiegel
von Dr. med. Bernhard Kleinken, PVS-Servicestelle Köln
Es kommt vor, dass wegen der Ausschlussbestimmungen zu Nr. 3 GOÄ eine lang dauernde Beratung nicht mit der Nr. 3 berechnet werden kann, sondern nur mit der Nr. 1 GOÄ. Ärzte, die dann die Nr. 1 mit dem 3,5fachen Steigerungsfaktor berechneten, wurden damit konfrontiert, dass die PKV des Patienten behauptete, dies sei nicht möglich. Als Grund führte die PKV an, es fehle eine patientenbezogene Begründung. Hier irrt die PKV:
Im § 5 GOÄ ist als Grund für die Bemessung eines höheren Steigerungsfaktors auch der Zeitaufwand einer Leistung genannt. Wenn nun die Nr. 3 durch die Nr. 1 ersetzt werden muss, liegt dem ein Zeitaufwand von mindestens 10 Minuten zu Grunde. Dass dies weit über die durchschnittliche Dauer einer Beratung nach Nr. 1 hinausgeht, zeigt eine einfache Betrachtung der Bewertungsrelationen: Da Nr. 3 mit 150 Punkten und einer Mindestdauer von zehn Minuten definiert ist, entspricht einer Minute Beratungsdauer der Gegenwert von 15 Punkten. Diese Bewertung findet sich auch noch an anderen Stellen der GOÄ, zum Beispiel bei der homöopathischen Anamnese nach Nr. 30.
Die 80 Punkte der Nr. 1 entsprechen somit einer Durchschnittsdauer von etwa 5,3 Minuten. Wenn die Beratung aber 10 Minuten oder länger dauerte, so ist dies weit überdurchschnittlich - und somit nicht mehr mit dem 2,3fachen Faktor zu erfassen. Rein rechnerisch entsprechen selbst mit dem 3,5fachen Faktor zur Nr. 1 nur etwa 8 Minuten Beratungsdaue
Im Grunde reicht es hier aus, als Begründung nur "Hoher Zeitaufwand" anzugeben. Sie brauchen weder die tatsächliche Dauer noch den Grund für den hohen Zeitaufwand anzugeben. Allerdings sollten Sie - um bei Nachfragen gewappnet zu sein - die (ungefähre) Dauer der Beratung dokumentiert haben. Um Nachfragen vorzubeugen, schadet es aber auch nicht, die tatsächliche Beratungsdauer in der Rechnung anzugeben.
Häufig müssen Sie sich mit Ablehnungen von privaten Krankenversicherungen wegen Überschreiten der Schwellenwerte der GOÄ (zum Beispiel bei Berechnung des 3,5fachen Faktors) oder bei der Berechnung von neben einer anderen Leistung erbrachten Leistungen herumplagen (zum Beispiel einer Synovektomie bei TEP). Die Vertreter der PKV verweisen dann immer wieder gerne darauf, dass ein Überschreiten des Schwellenwertes nur bei außergewöhnlich schwierigen oder zeitaufwendigen Leistungen möglich sei bzw. die neben der "Zielleistung" erbrachten Leistungen nicht eigenständig berechenbar seien, da dafür die GOÄ den Faktor - gegebenenfalls auch das Überschreiten des Schwellenwertes - vorsehe. Schließlich sehe "die GOÄ für den normalen Verlauf einer Leistung den Steigerungsfaktor 1,0 vor".
Lassen Sie sich davon nicht irreführen: In der GOÄ von 1965 waren "Einfachsätze" in DM-Beträgen ausgewiesen. Die Gebührenspanne betrug das 1,0- bis 6fache. 1982 wurde der Gebührenrahmen auf das 1- bis 3,5fache reduziert, die Begründungsschwelle beim 2,3fachen angelegt (bzw. das 2,5fache und 1,8fache für so genannte "technische Leistungen") und statt der DM-Beträge wurden Punktzahlen und Punktwerte eingeführt. Der gewählte Höchstsatz von 3,5 entsprach dabei dem bisherigen Mittelwert der Abrechnung. Wenn man dies weiß, ist klar, dass das 3,5fache einer überdurchschnittlich schwierigen oder aufwendigen Leistung, das 2,3fache einer "durchschnittlichen" Leistung und das 1,0fache der leichtesten und am wenigsten aufwendigen Leistung entspricht. So sah es auch der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13. Juni 2002 (Az: III ZR 186/01): "Richtig ist, dass der Arzt ... in der Regel das 2,3fache des Gebührensatzes berechnen kann."
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