01.03.2004 | Privatliquidation
Der GOÄ-Spiegel
von Dr. med. Bernhard Kleinken, PVS Consult, Köln
01.03.2004 | Operative Fachgebiete
Abzug der Eröffnungsleistung
Beim Abzug der Eröffnungsleistung - der in den Präambeln vor den Abschnitten H, K und L der GOÄ geregelt ist - ist die überwiegende Rechtsmeinung, dass grundsätzlich immer dann abzuziehen ist, wenn mehrere operative Eingriffe von einer Schnittführung aus durchgeführt werden. Nun hat die neuere GOÄ-Kommentierung zu dieser Regelung zu Unsicherheiten geführt. Um hier Klarheit herzustellen und zusätzliche Verwirrungen zu vermeiden, geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über die richtige Anwendungsweise; dabei nennen wir zur Transparenz auch die Quellen. Angesichts der umfangreichen Werke und der nicht in jeder Aktualisierung möglichen Änderungen an allen inhaltlich korrespondierenden Stellen der Kommentare ist es verständlich, dass Sie in Kommentaren Redundanzen und Widersprüche finden.
Sinn der oben genannten Regelung ist es, durch den Abzug überschneidende Leistungsbestandteile - gemeinsamer Zugang und Verlassen des Op-Gebietes bei beiden Leistungen - zu berücksichtigen. Dabei ist die Regelung aber nicht schematisch und in jedem Fall anzuwenden. Wie alle Regeln erfordert auch diese Bestimmung, zu prüfen, ob und wie sie im Einzelfall anzuwenden ist.
Grundsätzlich ist der Abzug so durchzuführen, dass nur das Produkt der verbleibenden Differenz der Punktzahlen mit dem Punktwert - also der verbleibende Einfachsatz - gesteigert werden kann. Konkret bedeutet dies: Leistung und Abzugsleistung sind in der Regel mit dem gleichen Steigerungsfaktor anzusetzen. Es macht aber nicht immer Sinn, den Abzug so buchstabengetreu vorzunehmen. In Fällen, in denen durch den Abzug der Punktzahlen das verbleibende Honorar für den Zweiteingriff unangemessen gering oder gar aufgehoben wird, ist es nicht sinnvoll, den Abzug so vorzunehmen. In solchen Ausnahmefällen ist die Berechnung des zweiten Eingriffs mit dem normalen Multiplikator und der Abzug der Eröffnungsleistung mit dem Einfachsatz der GOÄ sachgerecht.
In früheren Ausgaben (siehe Januar 2002) wurde dieses Vorgehen auch vom GOÄ-Kommentar ("Brück") des Deutschen Ärzteverlages empfohlen. In neueren Ausgaben (siehe Januar 2003) ist diese Ausführung in der Kommentierung vor dem Abschnitt L entfallen. Sie ist aber weiterhin sinnvoll, wie auch der GOÄ-Kommentar ("Hoffmann") des Kohlhammer-Verlages mit dem Stand von Oktober 2003 ausführt.
Überschneidende Leistungsinhalte können auch dann gegeben sein, wenn Eingriffe nicht im Bauchraum oder der Brusthöhle stattfinden. Einige Zeit konnte oft erfolgreich der Abzug verhindert werden, indem man den Brust- oder Bauchraum mit den anatomischen Räumen intrathorakal und intraabdominal gleichsetzte und argumentierte, dass der Abzug nicht vorzunehmen sei, wenn Eingriffe außerhalb der in den Präambeln genannten Gebiete erfolgen (zum Beispiel retroperitoneal). Das meinte zeitweise auch der Kommentar von Brück. Diese enge und medizinisch geprägte Textauslegung hat sich aber angesichts des oben genannten Sinns der Bestimmung nicht halten können.
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