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  • 01.07.2006 | Sachverständigengutachten, Teil 1

    Der Chefarzt als ärztlicher Sachverständiger im Honorarprozess

    von Dr. Tilman Clausen, Fachanwalt für Medizinrecht, RAe Wronna & Partner GbR, Hannover

    In Streitigkeiten über die Auslegung der GOÄ kommt dem ärztlichen Sachverständigen regelmäßig eine entscheidende Bedeutung zu. Häufig werden Chefärzte als Sachverständige hinzugezogen. In letzter Zeit wird verstärkt versucht, auf die Auswahl des ärztlichen Sachverständigen Einfluss zu nehmen und insbesondere die Begutachtung durch Chefärzte aus der gleichen Fachgruppe des klagenden Arztes zu verhindern. Der nachfolgende Beitrag zeigt Argumente für den Chefarzt auf, dem entgegenzuwirken.  

    Zumeist mangelnde Sachkenntnis bei den Gerichten

    Zuständig bei Streitigkeiten über die Auslegung der GOÄ sind in erster Instanz entweder das Amts- oder das Landgericht am Wohnsitz des Arztes oder des Patienten – je nachdem, von welcher Prozesspartei im Einzelfall die Klage erhoben worden ist.  

     

    Amtsgerichte haben schon von ihrer Größe her grundsätzlich nicht die Möglichkeit, Spezialzuständigkeiten dahingehend zu schaffen, dass ein medizinisch vorgebildeter Richter die Entscheidung solcher Rechtsstreitigkeiten übernehmen kann. Auch an Landgerichten ist die Einrichtung so genannter Medizinrechtskammern mit einer Spezialzuständigkeit für alle Fälle des Medizinrechts bisher eher die Ausnahme. Dies führt in der Praxis dazu, dass sich Gerichte bei ihrer Entscheidungsfindung grundsätzlich immer an den Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen orientieren, sofern dieser seine Auffassung für das Gericht halbwegs nachvollziehbar dargelegt hat.  

    Worüber wird ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt?

    Angesichts dieser großen Bedeutung des Sachverständigen für die Entscheidung des Rechtsstreits besteht bei den Prozessvertretern privater Krankenversicherungen bzw. von deren Versicherungsnehmern die Tendenz, die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens möglichst zu verhindern. Dies wird damit begründet, dass die GOÄ eine Rechtsverordnung ist und die Auslegung der GOÄ somit eine Rechtsfrage darstellt, die allein in die Kompetenz des Gerichts fällt. Das Gericht könne sich seiner Aufgabe – den Rechtsstreit zu entscheiden – nicht dadurch entledigen, dass es sich diese Entscheidung durch einen ärztlichen Sachverständigen abnehmen lässt.