07.07.2010 | Tarifrecht
Kommando zurück! Kein TV-Ärzte/VkA für Chefärzte anstelle des BAT
von Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Kanzlei Klostermann, Dr. Schmidt, Monstadt, Dr. Eisbrecher, www.klostermann-rae.de
Seit „Wegfall“ des BAT Ende 2005 und Inkrafttreten zweier Nachfolgetarifverträge Mitte 2006 - TVöD und TV-Ärzte/VkA - stellte sich die Frage, ob die bisher individual-vertraglich nach BAT I vergüteten Chefärzte ebenso wie die nachgeordneten ärztlichen Mitarbeiter nach dem TV-Ärzte/VkA zu vergüten sind, eine dauerhaft statische Vergütung nach BAT erhalten oder eine Dynamisierung nach TVöD beanspruchen können. Am 9. Juni 2010 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) diese Frage für verschiedene vertragliche Fallkonstellationen entschieden: In sämtlichen Fällen hat das BAG einen Anspruch der Chefärzte auf eine Vergütung nach dem TV-Ärzte/VkA abgelehnt. Jedoch sieht das Gericht einen Anspruch auf eine dynamische Vergütung.
Die BAG-Urteile stehen in Kontrast zu der Mehrheit der Urteile der ersten und zweiten Instanzen: Insbesondere die überwiegende Anzahl der Landesarbeitsgerichte hatte einen Anspruch der Chefärzte auf eine Vergütung nach dem TV-Ärzte/VkA als maßgeblicher Nachfolgeregelung des BAT bejaht.
Äußerungen der Richter in der Verhandlung
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen die Entscheidungsgründe des BAG noch nicht vor. Aus der mündlichen Verhandlung lässt sich aber eine zu erwartende argumentative Tendenz des BAG ableiten. In der Verhandlung betonte das BAG, dass selbst bei fehlenden sogenannten Ersetzungsklauseln allein aus einer Bezugnahme auf eine Vergütung nach BAT I in der jeweils gültigen Fassung die Dynamisierungsintention der Vertragsparteien ausreichend zum Ausdruck komme und damit die durch „Wegfall“ des BAT entstehende Regelungslücke durch Auslegung zu schließen ist. Damit hat das BAG der Auffassung einzelner Arbeitgeber, die bisher dynamische BAT-Vergütung wandele sich nun in eine statische BAT-Vergütung - sozusagen bis zur Rente - um, eine Absage erteilt. Das BAG sieht sehr wohl eine Dynamisierungsintention der Parteien, die auch ohne ausdrückliche Ersetzungsklausel in nahezu allen Fällen gegeben ist.
Somit musste das BAG die Frage beantworten, was die Parteien des Vertrages - nicht nur der Chefarzt, sondern auch das Krankenhaus - wohl vereinbart hätten, wenn sie bereits bei Vertragsschluss das spätere Entstehen dieser Lücke und damit das Auseinanderfallen der tarifvertragschließenden Parteien auf Arbeitnehmerseite vorausgesehen hätten. Für die Auslegung sind also die heutigen Umstände nicht relevant.
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