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  • 01.11.2004 | Vorteilsannahme und Bestechlichkeit

    Erneut Verdacht gegen Ärzte: Worum geht es, wie ist die Rechtslage, was ist zu tun?

    von Rechtsanwalt Sören Kleinke, Kanzlei Kleinke, Osnabrück, www.kanzlei-kleinke.de

    Erneut macht ein angeblicher Bestechungsskandal große Schlagzeilen. Danach wird bundesweit gegen 350 Klinikärzte wegen Bestechlichkeit ermittelt. Den Ärzten wird vorgeworfen, von einem Medizintechnikhersteller Zuwendungen in Form von Geld und teuren Reisen erhalten zu haben, damit sie dessen Produkte einsetzten. Von den 350 Fällen sollen allerdings bereits 250 verjährt sein.

    Finanzierung von Reisen, die als Kongresse getarnt waren

    Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft soll es sich dabei überwiegend um die Finanzierung von Reisen gehandelt haben, die als Kongresse getarnt gewesen sein sollen. Die Ärzte hätten dabei teurere Hotels als üblich buchen, ihre Familie mitnehmen und den Aufenthalt um mehrere Tage verlängern können. In mehreren Beiträgen ("Chefärzte Brief" Nrn. 5 und 6/2002, Nr.  7/2003) wurde bereits ausführlich zu den Grundlagen von Vorteilsnahme und Bestechlichkeit, zur aktuellen Rechtsprechung und zu Vermeidungsstrategien Stellung genommen. Deswegen soll hier nur in aller Kürze zu den neuen Vorwürfen Stellung genommen werden - einschließlich der Frage, wann derartige Vorwürfe verjähren und wie man darauf reagieren kann.

    Wann liegt eine strafbare Vorteilsannahme vor?

    Vereinfacht gesprochen liegt dann eine strafbare Vorteilsannahme gemäß Â§  331 Strafgesetzbuch vor, wenn der Arzt vom Hersteller (Medizinprodukte- oder Arzneimittelhersteller) einen Vorteil erhält und als Gegenleistung dafür - auch nur indirekt - erkennen lässt, dass er dafür ein bestimmtes dienstliches Verhalten an den Tag legt, insbesondere die Bestellung von Produkten dieses Herstellers.

    Die Problematik in der Praxis ergibt sich daraus, dass die Staatsanwaltschaften und auch die Gerichte eine derartige Vereinbarung bereits dann unterstellen, wenn sich aus den Unterlagen des Herstellers ergibt, dass die Zuwendungen in einer gewissen Abhängigkeit zum Absatz seiner Produkte in dem jeweiligen Krankenhaus gesetzt werden. Dies ist leider bei den Herstellern häufig der Fall, ohne dass es diesen Ärzten bewusst ist, so dass der Vorwurf der Vorteilsannahme schnell erhoben wird.

    Für den Straftatbestand der Vorteilsannahme ist es unerheblich, ob das Produkt ohnehin aus fachlichen Gründen wegen besonders guter Wirksamkeit oder wegen des günstigsten Preises bestellt worden wäre. Eine Bestechlichkeit gemäß Â§  332 Strafgesetzbuch liegt dann vor, wenn der Arzt durch seine Diensthandlung gegen eine Dienstpflicht verstößt. Eine Verletzung seiner Dienstpflicht liegt dabei nicht erst dann vor, wenn er ein Produkt bestellt, das normalerweise nicht bestellt worden wäre. Es reicht vielmehr bereits aus, dass der Arzt sich in seiner Entscheidung, welches Medizinprodukt bestellt wird, von dem Vorteil hat beeinflussen lassen, auch wenn die Entscheidung nachher im Ergebnis vertretbar gewesen ist.

    "Gemeinsamer Standpunkt" für Zusammenarbeit entwickelt

    Daraus ergibt sich, dass Krankenhausärzte relativ schnell in den Fokus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geraten können. Verschiedene Verbände des Gesundheitswesens haben deshalb in einem "Gemeinsamen Standpunkt zur strafrechtlichen Bewertung der Zusammenarbeit zwischen der Industrie, medizinischen Einrichtungen und deren Mitarbeitern" wichtige Orientierungspunkte herausgearbeitet, wie eine Zusammenarbeit künftig aussehen kann (siehe "Chefärzte Brief" Nr.  5/2002, S.  2 ff. und Nr.  7/2003, S. 11 ff. ). Der "Gemeinsame Standpunkt" ist zwar nicht rechtsverbindlich, aber er liefert gute Ansatzpunkte für die Überprüfung, welche Formen der Zusammenarbeit zulässig sind.

    Zulässig oder nicht: Wo sind die Grenzen?