· Fachbeitrag · Chefarztvergütung
Dürfen Krankenhäuser anstelle von Chefärzten privat liquidieren? - Replik zu Dr. Axel Paeger
von RA und FA für Medizin- und Arbeitsrecht Dr. Tilman Clausen,Kanzlei Schroeder-Printzen, Kaufmann & Kollegen, Hannover, www.spkt.de
| Es ist rechtlich durchaus umstritten, ob Krankenhäuser anstelle von Chefärzten die Privatliquidation ausüben dürfen. Zu diesem Ergebnis kommt die Analyse des Verfassers. Er reagiert mit diesem Beitrag auf die Meinung von Dr. Axel Paeger in der vergangenen Ausgabe des „Chefärzte Brief“, wonach die Privatliquidation durch Chefärzte unethisch sei, da sie auf Kosten der GKV-Patienten geschehe (CB 01/2013, Seiten 13-15). |
Privatliquidation: Handeln Chefärzte wirklich unethisch?
Zunächst dürfte etwas, was im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, regelmäßig nicht ethisch falsch sein. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) erstreckt sich die Wahlleistungsvereinbarung, die der Patient mit dem Krankenhausträger abschließt, zum einen auf die angestellten und beamteten Ärzte des Krankenhauses, denen der Krankenhausträger das Liquidationsrecht gewährt hat. Zum anderen ersteckt sie sich auf Leistungen, die von den Klinikärzten veranlasst und von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses erbracht wurden.
Wenn hier jemandem der Vorwurf unethischen Verhaltens gemacht werden kann, dann wohl nur dem Gesetzgeber und nicht Chefärzten, die von einer durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen. Im Übrigen müsste Herr Dr. Paeger - wenn er die Privatliquidation durch Chefärzte für ethisch falsch hält - auch die Frage beantworten, warum es plötzlich ethisch vertretbar sein soll, wenn der Krankenhausträger privat liquidiert?
Krankenhaus wird an Chefarzt-Einnahmen beteiligt
Die Privatliquidation durch Chefärzte dürfte ökonomisch auch nicht unsinnig sein oder zulasten gesetzlich Versicherter gehen, denn der Krankenhausträger ist an den Einnahmen des Chefarztes aus der Privatliquidation beteiligt: Er kann nämlich über die Kostenerstattung und den Vorteilsausgleich zusätzliche Erlöse generieren. Was vor diesem Hintergrund an der Ausübung der Privatliquidation durch den Chefarzt ökonomisch unsinnig sein soll, erschließt sich aus den Ausführungen von Dr. Paeger nicht. Die Privatliquidation durch Chefärzte findet auch nicht auf Kosten von GKV-Patienten statt, da diese hierdurch keine finanziellen Nachteile haben.
Unabhängig von Fragen der Ethik ist es heute in vielen Krankenhäusern und offensichtlich auch in den Ameos-Kliniken Realität, dass das Privatliquidationsrecht vom Krankenhausträger ausgeübt wird. Die Frage bleibt, ob diese Praxis überhaupt rechtlich zulässig ist? Die nachfolgende Auflistung widerstreitender Argumente zeigt den aktuellen Diskussionsstand unter Juristen.
Argumente für das Liquidationsrecht des Krankenhauses
Für die Zulässigkeit der Ausübung des Privatliquidationsrechts durch den Krankenhausträger wird vor allem § 2 Abs. 1 KHEntgG angeführt: Hiernach gehören Wahlleistungen - vor allem Einbettzimmer sowie chefärztliche Behandlung - zu den Krankenhausleistungen, sie sind damit Leistungen des Krankenhausträgers. Dieser müsse somit auch entscheiden können, ob er selbst liquidiert oder dies seinen Chefärzten gewährt.
Weiterhin wird auf § 17 Abs. 3 Satz 7 KHEntgG verwiesen, wonach für die Berechnung wahlärztlicher Leistungen die GOÄ bzw. GOZ entsprechende Anwendung finden, soweit sich die Anwendung nicht bereits aus diesen Gebührenordnungen ergibt. Nachdem GOÄ und GOZ berufliche Leistungen der Ärzte und Zahnärzte regeln, der Krankenhausträger aber weder Arzt noch Zahnarzt ist, habe der Gesetzgeber hier die Variante im Auge gehabt, bei der ein Krankenhausträger das Liquidationsrecht selbst ausübe.
Die Gegenmeinung
Die Gegenmeinung verweist vor allem darauf, dass sich nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG die Vereinbarung einer Wahlleistung nur auf die angestellten und beamteten Ärzte, denen der Krankenhausträger das Liquidationsrecht gewährt, nicht aber auf den Krankenhausträger selbst erstrecke. § 17 Abs. 3 Satz 7 KHEntgG begründe zudem kein Recht der Krankenhausträger, die von ihren Ärzten erbrachten wahlärztlichen Leistungen als eigene abzurechnen.
Satz 7 von § 17 Abs. 3 KHEntgG sei im Zusammenhang mit Satz 2 zu lesen, wonach ein zur gesonderten Berechnung wahlärztlicher Leistungen berechtigter Klinikarzt eine Abrechnungsstelle oder den Krankenhausträger mit der Abrechnung der Vergütung für wahlärztliche Leistungen beauftragen könne, wobei dies eine Forderungsabtretung an die Abrechnungsstelle oder den Krankenhausträger mit einschließe. § 17 Abs. 3 Satz 7 KHEntgG stelle lediglich klar, auf welcher Grundlage der Krankenhausträger oder die Abrechnungsstelle dann abrechnen könne.
Weitere gewichtige Argumente der Gegenmeinung beziehen sich auf Nr. 3 der Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses zur GOÄ sowie auf § 2 Abs. 1 KHEntgG. Die Rechtsprechung hat sich zu der Frage, ob der Krankenhausträger berechtigt ist, das Liquidationsrecht bei wahlärztlichen Leistungen selbst auszuüben, bisher noch nicht eindeutig geäußert.
FAZIT | Wahlleistungen sind nach dem Gesetz „andere“ als allgemeine Krankenhausleistungen - sie dürfen daher nicht mit DRG-Fallpauschalen abgerechnet werden. Wenn ärztliche Wahlleistungen zukünftig aber nicht mehr ausschließlich von besonders qualifizierten leitenden Krankenhausärzten liquidiert werden dürfen, sondern zum Beispiel auch von Krankenhausträgern, wird es schwierig, das Nebeneinander von allgemeinen Krankenhausleistungen und Wahlleistungen gegenüber denjenigen Stimmen der Politik zu legitimieren, die Wahlleistungen ohnehin abschaffen wollen. Unabhängig von ethischen Fragen sprechen auch die erörterten rechtlichen Argumente eher für das Liquidationsrecht des Chefarztes. |