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  • · Fachbeitrag · Private Finanzen

    Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen: Schwierige Bankgespräche souverän meistern!

    von Wirtschaftsjournalist Michael Vetter, Dortmund

    | Dr. Karl-Peter S., Chefarzt in einer Klinik im Ruhrgebiet, ist seit über zehn Jahren Kunde „seiner“ Bank. Ihm wurde bisher jeder Kreditwunsch gewährt - schließlich ist er sehr kreditwürdig und hat seine Zins- und Tilgungsraten bisher stets pünktlich zurückgezahlt. Umso überraschter war Dr. S., als ihm der zuständige Bankmitarbeiter nun mitteilte, dass über die anstehende Verlängerung seines Immobiliendarlehens „noch geredet“ werden müsse. Der Beitrag zeigt, wie es zu einer solchen Situation kommen konnte - und wie Sie sich jetzt auf das Bankgespräch vorbereiten sollten. |

    Verhaltensscoring der Banken - nie gehört?

    Angeblich - so führte der Bankmitarbeiter weiter aus - gebe es beim vertragsgerechten Verhalten von Chefarzt Dr. S. „nennenswerte“ Probleme, über die persönlich gesprochen werden müsse. Mit derartigen Gesprächen sollten auch Chefärzte, die zwar nach wie vor als ausgesprochen beliebte Zielgruppe bei Banken gelten, zukünftig vermehrt rechnen. Kreditinstitute gehen selbst in der Kundengruppe des (solventen) Chefarztes vermehrt dazu über, sogenannte Verhaltensscorings einzusetzen, um bei Krediten Zinssätze und Laufzeiten individuell festzulegen. Auch Kreditverlängerungen werden je nach Kunden-Situation zwar nicht grundsätzlich infrage gestellt, aber mehr als bisher konsequent anhand der Bonität entschieden.

     

    PRAXISHINWEIS |  Je nach Kreditinstitut wird das Verhaltensscoring einmal pro Monat auf der Basis kontobezogener Kundenmerkmale durchgeführt. Dazu gehören Informationen wie zum Beispiel die Anzahl der Monate mit negativem Kontostand, die Zahl der Rücklastschriften sowie die Entwicklung der aktuellen Habenumsätze im Vergleich zu den durchschnittlichen Habenumsätzen einer bestimmten Periode - etwa des vergangenen halben Jahres. Durch die regelmäßige Ermittlung des daraus resultierenden Scorewertes erhält die Bank ein aussagefähiges Bild über das jeweilige Kundenverhalten. Methoden und Ermittlung eines Verhaltensscorings sind sowohl bei Geschäfts- als auch bei Privatkunden üblich.

     

    Chefarzt hatte „Kleingedrucktes“ offenbar nicht gelesen

    Schwerpunkte solcher Kreditbeurteilungen bildet vor allem die „Vertragstreue“ des Kreditkunden - so war es auch bei Dr. S. Diese Vertragstreue geht je nach Bankinstitut über die pünktlichen Zahlungen der Zins- und Tilgungsraten weit hinaus. So wird beispielsweise darauf geachtet, dass Vereinbarungen über die Umsatzverteilung strikt eingehalten werden. Wird im Kreditvertrag also festgelegt, dass „90 Prozent der Klinik- und Privatumsätze über das Girokonto“ der Hausbank geleitet werden müssen, handelt es sich dabei keineswegs um eine unverbindliche Empfehlung.

     

    Der Chefarzt als Kunde übernimmt mit Unterzeichnung des Kreditvertrags vielmehr eine klar definierte Verpflichtung, der er auch nachkommen sollte. Da es der Bank durch eine weitgehende Offenlegung der wirtschaftlichen Unterlagen des Arztes möglich ist, die individuelle Umsatzverteilung nachzuvollziehen, gibt es hier in der Regel auch keine Geheimnisse. Da das Umsatzvolumen häufig unmittelbar mit der Höhe des Kreditzinses verbunden ist, ist es nachvollziehbar, dass der Kreditgeber auf einer entsprechenden Umsatzvereinbarung besteht und diese auch kontrolliert.

    Kreditlimit des Girokontos beachten!

    Chefärzte, die sich ständig am oder über dem Kreditlimit ihres Girokontos bewegen, müssen mit Abstufungen rechnen. Dasselbe gilt bei regelmäßigen Problemen, bei der Vorlage von Lastschriften für eine Kontodeckung zu sorgen. Dieser Bereich wird von Banken zunehmend automatisiert: Fehlt bei Lastschriften die erforderliche Kontodeckung oder bietet der Überziehungskredit keinen weiteren Spielraum, erfolgt keine Einlösung. Der Kunde wird davon meist erst Tage später in Kenntnis gesetzt.

     

    Argumente der Bank sind einleuchtend

    Die Argumentation der Bank: Der Chefarzt müsse im Rahmen seiner Kontodisposition selbst für eine entsprechende Deckung sorgen. Hier kann meist auch der Kundenberater nicht helfen; er erfährt meist nicht, ob die Einlösung einer Lastschrift an der fehlenden Kontodeckung gescheitert ist. Dieser Vorgang wird bei vielen Banken nämlich zentral gesteuert. Die kontoführende Filiale kann hierauf in der Regel keinen Einfluss nehmen.

     

    Die Ergebnisse eines Verhaltensscorings sind daher für die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Chefarzt von großer Bedeutung. Während die Bank als Kreditgeber auf vertragsgerechtem Verhalten bestehen kann, darf der Chefarzt mit angemessenen Kreditkosten und einer insgesamt verlässlichen Geschäftsverbindung rechnen.

     

    Verteilung der Honorarumsätze war vorliegend das Problem

    Chefarzt Dr. S. sollte das bevorstehende Bankgespräch also nutzen, um die dort angesprochenen Mängel zu beheben. In seinem Fall scheint es in der Tat um die vereinbarte Verteilung der Honorarumsätze auf seine Hausbank zu gehen. Dieses Problem kann er lösen, sodass er seinerseits deutlich machen sollte, dass er als Vorgriff darauf von der Verlängerung seines Immobiliendarlehens zu einem angemessenen Zinssatz ausgeht.

     

    Checkliste / Umgang mit der Bank

    • Der Chefarzt sollte seine Bank fragen, wie seine persönliche Kreditwürdigkeit ermittelt wird: mit einem herkömmlichen Rating oder mit einem Scoring? Daraus ergeben sich Hinweise für individuelle Verbesserungsmöglichkeiten.
    • Da das Kreditscoring meist regelmäßig erfolgt, sollte mit der Bank auch regelmäßig über die Entwicklung des individuellen „Scorewertes“ geredet werden.
    • Durch eine schrittweise Verbesserung des Scores ergeben sich für den Chefarzt konkrete Möglichkeiten, seine Kreditkonditionen ebenfalls zu verbessern.
     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 17 | ID 42218967