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Die richtige Abrechnung der „Problemziffern“ 4 und 34 GOÄ
| Regelmäßig werden von einigen Kostenträgern bei der Abrechnung die GOÄ-Ziffern 4 und 34 moniert - und zwar selbst dann, wenn die in CB 11/2013, Seite 19 („Berechnung von Visiten und sogenannten Grundleistungen“) dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind und in der Rechnung die verschiedenen Uhrzeiten für Visiten und den hiervon getrennt erbrachten „Grundleistungen“ angegeben sind. |
1. Die richtige Abrechnung von Nr. 4 GOÄ
Bei erwachsenen Patienten lehnen die Kostenträger die Abrechnung von Nr. 4 GOÄ nur selten ab. Bei Berechnung für kindliche Patienten wird entweder gesagt, die Diagnosen seien nicht schwerwiegend genug, Nr. 4 sei bei ihnen überhaupt nicht berechenbar oder aber die Berechnung von Nr. 4 neben Nr. 1 GOÄ sei nicht möglich.
Leistungslegende begrenzt Abrechnung von Nr. 4 nicht auf schwere Fälle
Eine Einschränkung auf die Berechenbarkeit nur bei schwerwiegenden Diagnosen ist aus der Leistungslegende der Nr. 4 GOÄ nicht ersichtlich. Es liegt auf der Hand, dass eine Fremdanamnese bzw. Unterweisung der Bezugsperson von Kindern etwa bei fieberhaften Infekten oder Allergien nötig ist.
In der amtlichen Begründung aber heißt es „Die Anamnese und Besprechung eines Krankheitsfalles in Zusammenarbeit mit Angehörigen oder anderen Bezugspersonen (zum Beispiel bei behinderten Kindern, bewusstseinsgestörten Patienten oder Unfallpatienten) kann schwierig und aufwendig sein. Dieser Aufwand wird durch die Gebühr nach Nr. 4 entsprechend berücksichtigt.“ Daraus folgern nun einige Kostenträger, dass Nr. 4 nur dann berechnet werden kann, wenn ein Krankheitsbild vorliegt, das einem der genannten Beispiele entspricht. - Leider kam ein Kostenträger mit diesem Argument vor dem LG Karlsruhe durch (Urteil vom 14. März 2001, Az. 1 S 90/98, Abruf-Nr. 140964).
Klage nicht zu empfehlen
Widerspricht der Kostenträger bei weniger schweren Diagnosen der Berechnung der Nr. 4, können wir deshalb nicht zu einer weiteren Auseinandersetzung raten - es sei denn, man hat einen überdurchschnittlichen Beratungsaufwand der Bezugsperson mit Zeitangaben oder inhaltlichen Angaben gut dokumentiert. Ansonsten muss man die Beratung und/oder Anamnese über die Bezugsperson als „mittelbare Beratung“ des kindlichen Patienten auffassen und kann nur die Nrn. 1 oder 3 GOÄ zugrunde legen.
Diese Möglichkeit der „mittelbaren Beratung“ ist der Grund für die Ablehnung von Nr. 4 bei kleineren Kindern. Bei ihnen richtet sich die Beratung zwangsläufig an die Bezugsperson. Größere Kinder jedoch sind verständig genug, um selbst befragt und beraten zu werden. Ist dann zusätzlich eine vertiefende oder ergänzende Fremdanamnese oder eine Unterweisung der Bezugsperson erforderlich, fällt die Leistung nach Nr. 4 GOÄ zusätzlich an.
Altersgrenze von 6 Jahren
Als Altersgrenze wird dabei das 6. Lebensjahr gesehen. Bei kleineren Kindern ist deshalb die Beratung nur als „mittelbar“ mit Nr. 1 oder gegebenenfalls Nr. 3 GOÄ berechenbar, bei älteren Kindern können aber die Nrn. 1 und 4 nebeneinander erbracht und dann auch nebeneinander berechnet werden. Die Berechnung von Nr. 3 GOÄ kommt wegen ihrer Abrechnungsanmerkung („nur neben den Nrn. 5 bis 8, 800 oder 801“) neben Nr. 4 GOÄ nicht infrage.
2. Die richtige Abrechnung von Nr. 34 GOÄ
Ähnlich wie bei Nr. 4 GOÄ wird die Berechnung von Nr. 34 häufig abgelehnt, weil die Erkrankung nicht „schwerwiegend“ genug gewesen sei. Verwiesen wird auf die Leistungslegende der Nr. 34, die eine „nachhaltig lebensverändernde Erkrankung“ fordere. Das ist grundsätzlich richtig, aber ob die Erkrankung „nachhaltig“ lebensverändernd ist, richtet sich nicht nach „Diagnosekatalogen“, sondern den Lebensumständen des betroffenen Patienten.
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Eine medizinisch relativ geringgradige Einschränkung der Funktion einer Hand ist für einen Musiker „nachhaltig lebensverändernd“, ganz gleich ob er Berufs- oder Hobbymusiker ist. Zur Durchsetzbarkeit der Abrechnung empfiehlt sich, den Gesprächsinhalt mit einigen Stichworten festzuhalten. |
Die Berechnung wird auch abgelehnt, weil in Nr. 34 der „unmittelbare Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung“ der Erkrankung gefordert wird. "„Unmittelbar“ ist einerseits als zeitlicher, vor allem aber als sachlicher Zusammenhang zu verstehen. Diese Zusammenhänge lassen sich in der Regel aus der Anamnese bzw. sonstiger Dokumentation begründen. Nur selten gehen Patienten zur Behandlung oder zur OP ins Krankenhaus, wenn die Erkrankung seit Jahren unverändert besteht.
Schließlich wird moniert, Nr. 34 sei für präoperative Aufklärungsgespräche nicht berechenbar. Richtig ist, dass die „Planung eines operativen Eingriffes und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken“ in Nr. 34 nur fakultativer Leistungsbestandteil ist. Ein rein medizinisches Aufklärungsgespräch vor einer OP reicht also nicht - es muss die „Erörterung der Auswirkungen auf die Lebensgestaltung“ stattgefunden haben. Ein offenes Einfallstor für Ablehnungen durch Kostenträger ist es auch, wenn in der Rechnung zu Nr. 34 nur „präoperative Aufklärung“ steht. Besser sind zutreffende Kurzbezeichnungen wie etwa „Erörterung der Krankheitsauswirkungen und Therapieoptionen“. Wird zudem knapp dokumentiert, dass über persönliche, häusliche und/oder berufliche Auswirkungen geredet wurde, lässt sich Auseinandersetzungen gelassen entgegen sehen.