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  • · Fachbeitrag · Privatliquidation

    Der GOÄ-Spiegel

    von Dr. med. Bernhard Kleinken, Pulheim

    | In diesem Beitrag befassen wir uns wieder mit Fragen der Abrechnung - diesmal aus dem Bereich der Anästhesie. |

     

    Was ist neben Anästhesien eigenständig berechenbar?

    Ausgehend von der nachfolgenden Leserfrage stellen wir die Berechenbarkeit von Leistungen dar, die im Rahmen einer Anästhesie bzw. Narkose (nachfolgend einheitlich als „Anästhesie“ bezeichnet) erbracht werden: „Die Berechnung der Nr. 650 GOÄ für das EKG wurde von der privaten Krankenversicherung abgelehnt. Nach der Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 8. Oktober 1999 sei eine EKG zur Monitorüberwachung weder vom Operateur, noch vom Anästhesisten berechnungsfähig. Die Berechnung setzt eine entsprechende Indikation, einen EKG-Ausschrieb und dessen Auswertung voraus. Dies solle zur weiteren Prüfung vorgelegt werden. Ist das richtig?“ 

     

    Zielleistungsprinzip beachten

    Nach § 4 Abs. 2a GOÄ sind Leistungen, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis sind, nicht gesondert berechnungsfähig. Nicht nur der Passus „Leistung nach dem Gebührenverzeichnis“, sondern auch die Rechtsprechung geht davon aus, dass als „andere Leistung“ das gilt, was Inhalt der zur Gebührenposition für die Anästhesie angeführten Leistungslegende ist.

     

    Was zur Erbringung dieser Leistung methodisch notwendig ist - zum Beispiel zu den Nrn. 462 und 463 GOÄ die Einführung des Tubus - oder lediglich eine „besondere Ausführung“ der Leistung ist - etwa eine Lagekontrolle durch Kapnographie statt bloßer Auskultation-, darf nicht mit einer eigenständigen Gebühr neben der Anästhesie berechnet werden.

     

    In Anästhesieleistung enthalten oder eigenständig berechenbar?

    Bestandteil der anästhesiologischen Gebührenpositionen und somit keine eigenständig berechenbaren Leistungen sind - etwas vereinfacht darge-stellt:

     

    • die Lagerung des Patienten,
    • die Einleitung der Anästhesie,
    • die Durchführung der entsprechenden Anästhesie,
    • die Gabe von Anästhetika, Anästhesieadjuvantien und Antidoten,
    • die Überwachung und
    • die Sicherstellung der Vitalfunktionen des Patienten,
    • die Ausleitung und
    • die Dokumentation (Protokoll).

     

    Die medikamentöse Prämedikation ist gemäß der allgemeinen Bestimmung vor Abschnitt D der GOÄ nicht eigenständig berechenbar.

     

    Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Maßnahmen (Leistungen), die nicht der Erbringung der Anästhesieleistung dienen, auch neben der Anästhesieleistung eigenständig berechenbar sind.

     

    Ein deutlicher Hinweis darauf ist die Anmerkung zu den Nrn. 261 und 273 GOÄ, wonach zur eigenständigen Berechenbarkeit das Medikament anzugeben ist. Daraus lässt sich dann erschließen, dass das Medikament eben nicht der Durchführung der Anästhesie bzw. Narkose diente.

     

    Eigenständige Indikation

    Damit ist ebenfalls erkennbar, dass meist die eigenständige Indikation der entscheidende Prüfpunkt ist. Diese grenzt vor allem diagnostische Leistungen von dem ab, was dem Anästhesie-Monitoring dient. Ob die Leistung vor, nach oder während der Anästhesie erfolgt, ist unerheblich, denn es geht hier nicht um medizinische Notwendigkeiten, sondern um die Abgrenzung von Gebührentatbeständen hinsichtlich der eigenständigen Berechenbarkeit. Selbstverständlich setzt die Berechenbarkeit der entsprechenden Maßnahme voraus, dass deren Leistungsinhalt vollständig erbracht wurde.

     

    Steigerungsfaktor richtig verwenden

    Wenn eine Maßnahme - hierunter auch solche, für die die GOÄ einen eigenen Gebührentatbestand vorsieht - nicht eigenständig berechenbar ist, dadurch aber der durchschnittliche Schwierigkeitsgrad und/oder Zeitaufwand der Anästhesieleistung deutlich überschritten wird, kann die „Anästhesieziffer“ mit einem höheren Faktor berechnet werden.

     

    Als Begründung kann zum Beispiel auf die zusätzliche, aber nicht berechenbaren Leistung hingewiesen oder - (meist sinnvoller) - die Besonderheit des Einzelfalls angeführt werden, zum Beispiel:

     

    • die vorliegenden Grunderkrankungen,
    • einen auch anamnestischen Narkosezwischenfall,
    • eine Erschwernis bei einer OP in Bauchlage oder im abgedunkelten Raum,
    • besonders enge Platzverhältnisse oder
    • eine erhöhte Aspirationsgefahr bei einer Notfallversorgung.

     

    Diagnoseangaben nicht zu knapp fassen

    Solche Umstände des Einzelfalles sind es aber auch, die die eigenständige Berechenbarkeit der zusätzlich berechneten Leistung begründen können. Man sollte deshalb die Diagnoseangaben in der Rechnung nicht zu knapp fassen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Diagnosen angeführt sind, die die zusätzlich berechneten Leistungen indizieren.

     

    PRAXISHINWEIS | Wie gezeigt ist das „Zielleistungsprinzip“ der GOÄ entscheidend. Einzelne anderslautende Urteile - insbesondere von Amtsgerichten - sind nur für den entschiedenen Fall verbindlich; sie schaffen keine Rechtsansprüche in anderen Fällen. Ebenso ist die häufige Aussage „Mit der Abrechnung hatte ich noch nie Probleme“ kein zulässiges gebührenrechtliches Kriterium.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 19 | ID 42701929