29.06.2006 · IWW-Abrufnummer 061871
Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 10.03.2006 – 20 S 215/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10.03.2006
Landgericht Düsseldorf
Berufungszivilkammer Urteil
20 S 215/05
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15.09.2005 - 50 C 15464/02 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 320,80 ? nebst Zinsen in Höhe Von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2001 sowie 3,00 ? vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 60% und der Beklagte zu 40%. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 51 % und dem Beklagten zu 49% auferlegt.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Erstattung von ärztlichen Behandlungskosten in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat die zunächst auf eine Vergütung von 806,93 ? und nunmehr (nach teilweiser Antragsrücknahme) noch auf Zahlung von 657,04 ? gerichtete Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 657,04 ? weiterverfolgt.
II.
Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie lediglich teilweise Erfolg.
1.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung weiterer 320,80 ? aus dem zwischen Herrn Dr. XXX und dem Beklagten geschlossenen Behandlungsvertrag zu, §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 2, 398 BGB in Verbindung mit Ziffer 2113 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann die GOÄ-Gebührenziffer 2113 (Synovektomie am Hüftgelenk) im vorliegenden Fall neben der Ziffer 2151 (Endoprothetischer Totalersatz von Hüftpfanne und Hüftkopf, sog. Alloarthroplastik) abgerechnet werden. § 4 Abs. 2a GOÄ, wonach der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen darf, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet (sog. "Zielleistungsprinzip"), steht dem nicht entgegen. Insbesondere stellt die Synovektomie im Streitfall keinen methodisch notwendigen operativen Einzelschritt zur Erbringung der mit der Ziffer 2151 GOA abgerechneten "Zielleistung" dar. Zwar war die Entfernung der chronisch entzündeten Gelenkschleimhaut sowie der Gelenkkapsel medizinisch indiziert und wohl auch zur Sicherung des (Gesamt-) Operationserfolges erforderlich, insbesondere um eine Schmerzfreiheit des Patienten zu gewährleisten. Gleichwohl lag bei der gebotenen wertenden Betrachtung insoweit ein eigenständiges Behandlungsziel vor. Zum einen ist eine derartige Maßnahme, wie der Sachverständige XXX nachvollziehbar ausgeführt hat, zur Durchführung einer Totalendoprothese im Hüftgelenk nicht grundsätzlich, sondern nur im Einzelfall (aufgrund anatomischer Besonderheiten) erforderlich. Zum anderen erfolgte die Synovektomie aufgrund einer eigenständigen medizinischen Indikation, nämlich zur Behandlung einer entzündlichen rheumatischen Grunderkrankung (sog. Coxarthrose). Leistungsziel der abgerechneten GOÄ-Ziffer 2151 ist aber lediglich die Alloarthroplastik als solche, nicht aber die umfassende Behandlung des gesamten Krankheitsbildes im Hüftgelenk. Unter Berücksichtigung des Abschlages für Gebühren bei stationärer Behandlung gemäß § 6a GOÄ waren der Klägerin daher weitere 320,80 ? zuzusprechen (377,41 ? abzüglich 15%).
2.
Die weitergehende Berufung der Klägerin ist hingegen unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die Abrechnungsfähigkeit der Ziffern 2254 und 2258 GOÄ im Streitfall verneint.
Zwar sind auch die Implantation von Knochen (GOÄ-Ziffer 2254) und die Knochenaufmeißelung am Becken (Ziffer 2258 GOÄ) nach den Ausführungen des Sachverständigen zur Durchführung einer Hüftgelenk-Totalendoprothese nicht in jedem Falle erforderlich. Zu beachten ist jedoch, dass diese Maßnahmen im Streitfall - wie sich aus der sachverständigen Begutachtung ergibt - allein deshalb durchgeführt worden sind, um langfristig eine größere Stabilität und damit eine längere Haltbarkeit der Prothese zu erreichen bzw. um eine postoperative Luxationstendenz zu verringern und eine Funktionsbehinderung der implantierten Prothese zu vermeiden. Dies rückt beide Leistungen so sehr in die Nähe der für die erfolgreiche Implantation der Prothese zwingend notwendigen Vorschritte, dass sie bei einer wertenden Betrachtung den methodisch notwendigen operativen Einzelschritten zugeordnet werden müssen (vgl. insoweit auch LG Karlsruhe, Urteil vom 28.03.2003, Az. 1 S 106/02).
3.
Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB, § 286 Abs. 1, Abs. 3 BGB a.F.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1,97 Abs. 1,269 Abs. 3 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 657,04 ?.