22.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186728
Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 01.10.2014 – 5 U 463/14
1. Die Einwilligungsfähigkeit ist beim erwachsenen Menschen die Regel. Stellt der Patient sie in Abrede, muss er sein Vorbringen beweisen, sofern die Gesamtschau der unstreitigen medizinischen Fakten die fehlende Einwilligungsfähigkeit nicht eindeutig indiziert. Einen Erfahrungssatz, dass starke Schmerzen die Einwilligungsfähigkeit immer einschränken oder gar aufheben gibt es nicht.
2. Auch im Arzthaftungsprozess ist nur über den vom Kläger unterbreiteten Streitstoff zu entscheiden. Führt das Gericht seinerseits einen neuen Aspekt ein, den der Patient sich zu eigen macht, ist insoweit eine besonders kritische Beweiswürdigung unter wertender Gesamtschau aller Umstände des Behandlungs- und Prozessverlaufs geboten.
Oberlandesgericht Koblenz
Urt. v. 01.10.2014
Az.: 5 U 463/14
In dem Rechtsstreit
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
wegen Arzthaftung
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach,
die Richterin am Oberlandesgericht Schleiffer
und den Richter am Oberlandesgericht Weller
auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2014
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. März 2014 teilweise geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
I.
1. Die 1946 geborene Klägerin hat in erster Instanz vom beklagten Krankenhaus ein Schmerzensgeld von 10.000 € wegen einer am 14. April 2008 durchgeführten Gallenblasenoperation verlangt. Dazu hat die Patientin ursprünglich vorgetragen, über die Gefahr der (unstreitig erfolgten) Verletzung der arteria hapatica dextra sei sie beim Aufklärungsgespräch am 10. April 2008 nicht informiert worden. Gegebenenfalls hätte sie den Eingriff abgelehnt. Die Verletzung habe zum Absterben der rechten Seite der Leber geführt.
2. Die Beklagte hat erwidert, wegen einer äußerst seltenen anatomischen Besonderheit habe der operierende Arzt einen Ast der Arterie in der Annahme durchtrennt, es handele sich um die arteria cystica. Dass es sich um einen Ast der arteria hepatica dextra gehandelt habe, sei nicht erkennbar gewesen. Auch liege kein Aufklärungsversäumnis vor, weil auf die Gefahr von Gefäßverletzungen hingewiesen worden sei. Sehe man insoweit gleichwohl ein Defizit, müsse von einer hypothetischen Einwilligung ausgegangen werden.
3. Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz ebenso Bezug genommen wird wie auf die beigezogenen Krankenunterlagen, hat Sachverständigenbeweis erhoben (Bl. 62 - 71 GA mit mündlicher Anhörung Bl. 182 - 185 GA) und neben dem operierenden Arzt (Bl. 106 - 108 und 111 GA) auch den Ehemann der Klägerin (Bl. 110 GA) als Zeugen zum Inhalt des Aufklärungsgesprächs befragt. Außerdem ist die Klägerin mehrmals nach § 141 ZPO angehört worden (Bl. 108/109 und 181 ff GA).
Sodann hat die Einzelrichterin darauf hingewiesen, sie halte die Operationseinwilligung der Klägerin für unwirksam, weil die Patientin am 10. April 2008 durch starke Schmerzen derart beeinträchtigt gewesen sei, dass ihr die Einwilligungsfähigkeit gefehlt habe (Hinweis- und Beweisbeschluss vom 26. März 2013 - Bl. 118 - 122 GA). Der Eingriff vom 14. April 2008 sei daher rechtswidrig.
Nach ergänzender Beweiserhebung zu den Operationsfolgen hat die Einzelrichterin der Klägerin unter Klageabweisung im Übrigen ein Schmerzensgeld von 4.000 € zuerkannt. Eine wirksame Einwilligung gemäß § 630 d BGB liege nicht vor, weil die Klägerin beim Aufklärungsgespräch am 10. April 2008 wegen starker Schmerzen nicht einwilligungsfähig gewesen sei. Das erschließe sich auch daraus, dass die Unterschrift der Klägerin auf der Einverständniserklärung "zittrig" sei. Der Eingriff sei auch nicht durch eine mutmaßliche Einwilligung gerechtfertigt.
4. Mit der Berufung beantragt die Beklagte die umfassende Abweisung der Klage. Mangelnde Einwilligungsfähigkeit habe die Klägerin ursprünglich nicht behauptet. Einen derartigen Vorwurf habe erst die Einzelrichterin mit ihrem Hinweisbeschluss vom 26. März 2013 in das Verfahren eingeführt. Einwilligungsfähigkeit sei bei einem erwachsenen Menschen die Regel; behaupte der Patient etwas anderes, sei er dafür beweispflichtig. Fehlende Einwilligungsfähigkeit sei nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen. Mit der These von der fehlenden Einwilligungsfähigkeit habe die Einzelrichterin sich ex post nach Aktenlage eine medizinische Fachkompetenz angemaßt, die nur einem fachkundig geschulten medizinischen Sachverständigen zukomme. Letztlich hätte das Landgericht der Frage nachgehen müssen, ob sich dem aufklärenden Arzt Dr. N. die vermeintlich fehlende Einwilligungsfähigkeit der Klägerin erschlossen habe oder hätte erschließen müssen.
5. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 30. Juni 2014, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet und führt zu umfassenden Abweisung der Klage.
Ein vertraglicher (§§ 253, 280, 611 BGB) oder gesetzlicher (§ 823 BGB) Schadensersatzanspruch steht der Klägerin nicht zu. Der Beklagten ist kein schuldhaftes Aufklärungsversäumnis und auch kein vorwerfbarer Behandlungsfehler anzulasten.
1. Der Berufung kann allerdings nicht darin gefolgt werden, das Landgericht habe prozessordnungswidrig einen von der Patientin gar nicht erhobenen Vorwurf, nämlich die umfassende Unwirksamkeit der Operationseinwilligung mangels Einwilligungsfähigkeit, zur Urteilsgrundlage gemacht.
Im Ausgangspunkt trifft es zwar zu, dass die Klägerin fehlende Einwilligungsfähigkeit mit der Klage gar nicht behauptet, sondern lediglich ein Aufklärungsdefizit darin gesehen hatte, dass man sie über die Gefahr einer Verletzung der arteria hapatica dextra und die daraus resultierenden Folgen nicht informiert habe.
Vor diesem Hintergrund beanstandet die Berufung im Ausgangspunkt zu Recht, dass das Landgericht ohne eine dahin zielende Prozessbehauptung aus der bei der Parteianhörung geschilderten starken Schmerzhaftigkeit der Gallenkoliken gefolgert hat, die Klägerin sei schmerzbedingt nicht einwilligungsfähig gewesen.
Das ändert aber nichts daran, dass die Klägerin bereits in erster Instanz nach dem gerichtlichen Hinweis vom 26. März 2013 sich diese Sicht der Dinge zu Eigen gemacht und die Klage auch hierauf gestützt hat. Das verdeutlicht auch die Berufungserwiderung, mit der die Klägerin das angefochtene Urteil und seine Begründung verteidigt.
2. Erfolg hat die Berufung, weil dem Senat bereits die These nicht hinreichend tragfähig erscheint, wegen starker Schmerzen bei der notfallmäßigen Krankenhausaufnahme am 10. April 2008 sei die Klägerin nicht einwilligungsfähig gewesen.
a. Dass Patienten wegen eines akuten Gesundheitsproblems mit starker Schmerz- symptomatik zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus kommen, ist Klinikalltag.
Einen Erfahrungssatz dahin, dass Schmerzen, die in ihrem Schwergrad und dem Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten des Patienten schon objektiv nicht verlässlich einschätzbar sind, jenseits der auch subjektiv kaum fassbaren Schwellen zwischen "einfachem", "starkem" und "unerträglichem" Schmerz die Einwilligungsfähigkeit des Patienten immer einschränken und letztendlich sogar völlig aufheben, gibt es nicht.
Auch der von starken Schmerzen gepeinigte Patient kann im Einzelfall noch derart aufnahmefähig, bewusstseins- und entscheidungsklar sein, dass er die ärztlichen Sachinformationen bei der Aufklärung verstehen, autonom verarbeiten und auf dieser Grundlage eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann, ob er in den Eingriff einwilligt.
Auf der anderen Seite ist an einen psychisch besonders labilen Patient zu denken, der die medizinisch belanglose Bedeutung geringer Schmerzen fehlinterpretiert und sich dadurch in einen Angst- oder Erregungszustand hineinsteigert, der seine Ein-willigungsfähigkeit einschränkt oder sogar aufhebt, ohne dass dafür äußere, dem Arzt erkennbare Anzeichen bestehen.
Daneben stellt sich auf der Verschuldensebene die Frage, ob dem Arzt, der das Aufklärungsgespräch geführt hat, bewusst geworden ist oder hätte bewusst werden müssen, dass die Schmerzen oder die schmerzveranlasste psychische Beeinträchtigung des Patienten einen Grad erreicht hatte, der die Einwilligungsfähigkeit ausschloss. Dem Senat erscheint zweifelhaft, ob der für fehlendes Verschulden beweispflichtigen Behandlungsseite (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) damit nicht eine im Nachhinein kaum verifizierbare Rekonstruktion der Wahrnehmung oder Wahrnehmbarkeit des Grades der jeweiligen Beeinträchtigung und ihrer konkreten Auswirkungen für die Einwilligungsfähigkeit des Patienten auferlegt wird.
Die Verlässlichkeit der insoweit in einem Arzthaftungsprozess im Nachhinein mög-lichen Erkenntnisse kann auch dadurch beeinträchtigt sein, dass nicht ausge- schlossen werden kann, dass ein Patient, der in der konkreten Behandlungssituation "die Zähne zusammengebissen" und über das konkrete Ausmaß seiner Schmerzbeeinträchtigung nichts verlautbart hat, im Nachhinein infolge geschwundener Erinnerung glaubt, das nur von ihm selbst subjektiv Wahrgenommene dem behandelnden Arzt auch mitgeteilt zu haben.
b. Diese nur oberflächlich skizzierten Fragen fehlender Einwilligungsfähigkeit infolge krankheits- oder unfallbedingter Schmerzen (Kern hat insoweit bereits in NJW 1994, 757 unter lit. f von einem "gerichtlich ungeklärten Problem" gesprochen) bedürfen im vorliegenden Fall keiner Klärung.
Denn aufgrund der allein maßgeblichen Besonderheiten des konkreten Behandlungsgeschehens kann der Senat sicher ausschließen (§ 286 ZPO), dass die Klägerin schmerzbedingt nicht einwilligungsfähig war.
Insoweit ist zu sehen und zu würdigen:
Die Klägerin kam am 10. April 2008 mit "kolikartigen Schmerzen im rechten Oberbauch" zur stationären Aufnahme. Unter der Diagnose "Gallenblasensteine" sah man zunächst zeitnahen operativen Handlungsbedarf und klärte die Klägerin noch am selben Tag über die Risiken eines vermeintlich alsbald durchzuführenden Eingriffs auf.
Aufgrund dieses Aufnahmebefundes am 10. April 2008 und der alsbaldigen Aufklärung durch den Chirurg könnte allenfalls erwogen werden, ob ein noch am selben Tag durchgeführter Eingriff deshalb rechtswidrig gewesen wäre, weil der Klägerin keine hinreichende Zeit blieb, das Für und Wider der geplanten Operation, die tatsächlich nicht derart dringlich war, gegeneinander abzuwägen. Da diese dann jedoch immerhin 4 Tage bis zum 14. April 2008 aufgeschoben wurde, steht eine Haftung der Beklagten unter diesem Aspekt nicht zur Diskussion.
Am 11. April 2008, zu einem Zeitpunkt als man die Schmerzen der Klägerin durch eine entsprechende Medikation unterdrückt hatte, erfolgte die Risikoaufklärung durch den Anästhesist. Die möglichen Komplikationen, die er der Patientin offenbarte, sind mit den am Vortag aufgezeigten chirurgischen Komplikationen zwar nicht kongruent, aber im Gewicht ihrer möglichen Folgen zumindest vergleichbar.
Mithin wurde der am 11. April 2008 bewusstseinsklaren und auch nicht mehr schmerzbeeinträchtigten Patientin erneut verdeutlicht, dass ein Eingriff mit nicht unerheblichen Risiken anstand.
Angesichts dieses tatsächlichen Ablaufs der Dinge, ist die vom Landgericht angenommene schmerzbedingt fehlende Einwilligungsfähigkeit am 10. April 2008 nicht damit zu vereinbaren, dass es in der Klageschrift vom 2. Januar 2012 (auszugsweise) heißt:
"Vor der Durchführung der Operation wurde die Klägerin allgemein über verschiedene Risiken des Eingriffs aufgeklärt und willigte sodann in die Durchführung der Operation und der notwendigen Narkose ein. ...
Nicht aufgeklärt wurde die Klägerin jedoch über die häufig vorkommenden möglichen anatomischen Varianten im Operationsgebiet, das Gallengangsystem und das Blutgefäßsystem betreffend. ...
Trotz der Tatsache, dass grundsätzlich eine Aufklärung stattgefunden hat und auch dokumentiert wurde, wurde über ein ganz entscheidendes und keineswegs allzu seltenes Risiko der Operation nicht aufgeklärt, nämlich die Tatsache, dass grundsätzlich bei jedem Menschen Abweichungen im Gefäßsystem denkbar sind, die zu dessen unbeabsichtigter Verletzung während der Operation führen können".
Ein derartiger Parteivortrag besagt einerseits, dass der Patient das Aufklärungsgespräch mitverfolgt, aufgenommen und verstanden hat, und andererseits, dass er erinnert, dass es nur die beanstandeten Lücken, im Übrigen jedoch eine ausreichende Aufklärung gab.
Das ist nicht mit der im Rechtsstreit erst sehr viel später aufgestellten Behauptung vereinbar, die ärztlichen Informationen am 10. April 2008 habe man insgesamt überhaupt nicht aufnehmen können, weil man durch starke Schmerzen beeinträchtigt gewesen sei.
Die Grundlage für eine derartige Beeinträchtigung ist erstmals im Beweisaufnahmetermin am 5. März 2013 zutage getreten ist, als die Klägerin bei ihrer Parteianhörung (§ 141 ZPO) von starken Schmerzen am 10. April 2008 berichtete. Anschließend ist zum Beweisergebnis mündlich verhandelt worden (Bl. 111 GA), ohne dass die Klägerin oder ihr Prozessbevollmächtigter aus den Schmerzschilderungen irgendetwas hergeleitet hätten.
Das änderte sich, als die Einzelrichterin mit ihrem Hinweisbeschluss vom 26. März 2013 erstmals und für alle Beteiligten überraschend verlautbarte, die Schmerzschilderung der Klägerin habe dem Gericht die Überzeugung vermittelt, das die Patientin am 10. April 2008 nicht einwilligungsfähig gewesen sei.
Das widersprach grundlegenden Regeln des Zivilprozesses. Dort gilt der Beibringungsgrundsatz. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, eigenständig neuen Streitstoff in das Verfahren einzuführen. Wie eingangs dargestellt, ist das hier nur deshalb unschädlich, weil die Klägerin den gerichtlichen Hinweis aufgegriffen und nunmehr ihrerseits behauptet hat, schmerzbedingt nicht einwilligungsfähig gewesen zu sein. Tragfähig ist das aus den bereits dargestellten Gründen nicht.
Die Einzelrichterin hat ihre abweichende Würdigung auch darauf gestützt, dass die Unterschrift der Klägerin auf der Einverständniserklärung vom 10. April 2008 "zittrig" sei.
Das trifft zwar zu, geht aber daran vorbei, dass die Unterschrift geleistet wurde, als die Klägerin noch auf der Untersuchungsliege lag oder saß. Eine feste Schreibunterlage war nicht vorhanden. In einem derartigen Fall kann eine Unterschrift aus Gründen "zittrig" werden, die mit dem Ausmaß der Schmerzbeeinträchtigung nichts zu tun haben. Das zentrale Indiz der Beweiswürdigung des Landgerichts ist demnach für die Frage der Einwilligungsfähigkeit belanglos.
Die Einwilligungsfähigkeit ist beim erwachsenen Menschen die Regel. Deshalb muss derjenige, der sie in Abrede stellt, sein Vorbringen beweisen (vgl. zur gleichgelagerten Problematik bei der Geschäftsfähigkeit Ellenberger in Palandt, BGB 73. Auflage, Randnummer 8 zu § 104 BGB m.w.N.), sofern die Gesamtschau der unstreitigen medizinischen Fakten nicht eindeutig fehlende Einwilligungsfähigkeit belegt.
Nach Auffassung des Senats besteht im Streitfall keinerlei Anhalt für fehlende Einwilligungsfähigkeit der Klägerin (im Ergebnis ähnlich OLG Frankfurt in VersR 1984, 289 mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 24.1.1984 - VI ZR 140/83).
Der Einwand ist der Patientin vom Landgericht in den Mund gelegt worden. Darauf darf eine Verurteilung nicht gestützt werden, zumal die Behandlungsseite zutreffend darauf hinweist, dass sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass die Einschätzung des Landgerichts von der erforderlichen medizinischen Sachkunde getragen ist.
c. Dementsprechend ist auch weder dargetan noch ersichtlich, aufgrund welcher tragfähigen medizinischen Indizien sich dem aufklärenden Arzt am 10. April 2008 die fehlende Einwilligungsfähigkeit erschlossen haben soll oder hätte erschließen müssen, die der Patientin selbst erst bei weit fortgeschrittenem Prozess aufgrund eines gerichtlichen Hinweis in das Bewusstsein gerückt worden ist.
Bei dieser Sachlage fehlt es ersichtlich auch am Verschulden der Behandlungsseite.
3. Dass die Risikoaufklärung hinsichtlich der bedauerlicherweise erfolgten Gefäßverletzung ausreichend war und diese Verletzung auch keinen ärztlichen Fehler des Chirurgen belegt, hat das Landgericht überzeugend dargelegt. Darauf wird statt Wiederholung verwiesen.
4. Die Klage musste mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abgewiesen werden. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 4.000 €.
Verkündet am 1. Oktober 2014
Urt. v. 01.10.2014
Az.: 5 U 463/14
In dem Rechtsstreit
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
wegen Arzthaftung
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach,
die Richterin am Oberlandesgericht Schleiffer
und den Richter am Oberlandesgericht Weller
auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2014
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. März 2014 teilweise geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
I.
1. Die 1946 geborene Klägerin hat in erster Instanz vom beklagten Krankenhaus ein Schmerzensgeld von 10.000 € wegen einer am 14. April 2008 durchgeführten Gallenblasenoperation verlangt. Dazu hat die Patientin ursprünglich vorgetragen, über die Gefahr der (unstreitig erfolgten) Verletzung der arteria hapatica dextra sei sie beim Aufklärungsgespräch am 10. April 2008 nicht informiert worden. Gegebenenfalls hätte sie den Eingriff abgelehnt. Die Verletzung habe zum Absterben der rechten Seite der Leber geführt.
2. Die Beklagte hat erwidert, wegen einer äußerst seltenen anatomischen Besonderheit habe der operierende Arzt einen Ast der Arterie in der Annahme durchtrennt, es handele sich um die arteria cystica. Dass es sich um einen Ast der arteria hepatica dextra gehandelt habe, sei nicht erkennbar gewesen. Auch liege kein Aufklärungsversäumnis vor, weil auf die Gefahr von Gefäßverletzungen hingewiesen worden sei. Sehe man insoweit gleichwohl ein Defizit, müsse von einer hypothetischen Einwilligung ausgegangen werden.
3. Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz ebenso Bezug genommen wird wie auf die beigezogenen Krankenunterlagen, hat Sachverständigenbeweis erhoben (Bl. 62 - 71 GA mit mündlicher Anhörung Bl. 182 - 185 GA) und neben dem operierenden Arzt (Bl. 106 - 108 und 111 GA) auch den Ehemann der Klägerin (Bl. 110 GA) als Zeugen zum Inhalt des Aufklärungsgesprächs befragt. Außerdem ist die Klägerin mehrmals nach § 141 ZPO angehört worden (Bl. 108/109 und 181 ff GA).
Sodann hat die Einzelrichterin darauf hingewiesen, sie halte die Operationseinwilligung der Klägerin für unwirksam, weil die Patientin am 10. April 2008 durch starke Schmerzen derart beeinträchtigt gewesen sei, dass ihr die Einwilligungsfähigkeit gefehlt habe (Hinweis- und Beweisbeschluss vom 26. März 2013 - Bl. 118 - 122 GA). Der Eingriff vom 14. April 2008 sei daher rechtswidrig.
Nach ergänzender Beweiserhebung zu den Operationsfolgen hat die Einzelrichterin der Klägerin unter Klageabweisung im Übrigen ein Schmerzensgeld von 4.000 € zuerkannt. Eine wirksame Einwilligung gemäß § 630 d BGB liege nicht vor, weil die Klägerin beim Aufklärungsgespräch am 10. April 2008 wegen starker Schmerzen nicht einwilligungsfähig gewesen sei. Das erschließe sich auch daraus, dass die Unterschrift der Klägerin auf der Einverständniserklärung "zittrig" sei. Der Eingriff sei auch nicht durch eine mutmaßliche Einwilligung gerechtfertigt.
4. Mit der Berufung beantragt die Beklagte die umfassende Abweisung der Klage. Mangelnde Einwilligungsfähigkeit habe die Klägerin ursprünglich nicht behauptet. Einen derartigen Vorwurf habe erst die Einzelrichterin mit ihrem Hinweisbeschluss vom 26. März 2013 in das Verfahren eingeführt. Einwilligungsfähigkeit sei bei einem erwachsenen Menschen die Regel; behaupte der Patient etwas anderes, sei er dafür beweispflichtig. Fehlende Einwilligungsfähigkeit sei nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen. Mit der These von der fehlenden Einwilligungsfähigkeit habe die Einzelrichterin sich ex post nach Aktenlage eine medizinische Fachkompetenz angemaßt, die nur einem fachkundig geschulten medizinischen Sachverständigen zukomme. Letztlich hätte das Landgericht der Frage nachgehen müssen, ob sich dem aufklärenden Arzt Dr. N. die vermeintlich fehlende Einwilligungsfähigkeit der Klägerin erschlossen habe oder hätte erschließen müssen.
5. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 30. Juni 2014, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet und führt zu umfassenden Abweisung der Klage.
Ein vertraglicher (§§ 253, 280, 611 BGB) oder gesetzlicher (§ 823 BGB) Schadensersatzanspruch steht der Klägerin nicht zu. Der Beklagten ist kein schuldhaftes Aufklärungsversäumnis und auch kein vorwerfbarer Behandlungsfehler anzulasten.
1. Der Berufung kann allerdings nicht darin gefolgt werden, das Landgericht habe prozessordnungswidrig einen von der Patientin gar nicht erhobenen Vorwurf, nämlich die umfassende Unwirksamkeit der Operationseinwilligung mangels Einwilligungsfähigkeit, zur Urteilsgrundlage gemacht.
Im Ausgangspunkt trifft es zwar zu, dass die Klägerin fehlende Einwilligungsfähigkeit mit der Klage gar nicht behauptet, sondern lediglich ein Aufklärungsdefizit darin gesehen hatte, dass man sie über die Gefahr einer Verletzung der arteria hapatica dextra und die daraus resultierenden Folgen nicht informiert habe.
Vor diesem Hintergrund beanstandet die Berufung im Ausgangspunkt zu Recht, dass das Landgericht ohne eine dahin zielende Prozessbehauptung aus der bei der Parteianhörung geschilderten starken Schmerzhaftigkeit der Gallenkoliken gefolgert hat, die Klägerin sei schmerzbedingt nicht einwilligungsfähig gewesen.
Das ändert aber nichts daran, dass die Klägerin bereits in erster Instanz nach dem gerichtlichen Hinweis vom 26. März 2013 sich diese Sicht der Dinge zu Eigen gemacht und die Klage auch hierauf gestützt hat. Das verdeutlicht auch die Berufungserwiderung, mit der die Klägerin das angefochtene Urteil und seine Begründung verteidigt.
2. Erfolg hat die Berufung, weil dem Senat bereits die These nicht hinreichend tragfähig erscheint, wegen starker Schmerzen bei der notfallmäßigen Krankenhausaufnahme am 10. April 2008 sei die Klägerin nicht einwilligungsfähig gewesen.
a. Dass Patienten wegen eines akuten Gesundheitsproblems mit starker Schmerz- symptomatik zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus kommen, ist Klinikalltag.
Einen Erfahrungssatz dahin, dass Schmerzen, die in ihrem Schwergrad und dem Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten des Patienten schon objektiv nicht verlässlich einschätzbar sind, jenseits der auch subjektiv kaum fassbaren Schwellen zwischen "einfachem", "starkem" und "unerträglichem" Schmerz die Einwilligungsfähigkeit des Patienten immer einschränken und letztendlich sogar völlig aufheben, gibt es nicht.
Auch der von starken Schmerzen gepeinigte Patient kann im Einzelfall noch derart aufnahmefähig, bewusstseins- und entscheidungsklar sein, dass er die ärztlichen Sachinformationen bei der Aufklärung verstehen, autonom verarbeiten und auf dieser Grundlage eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann, ob er in den Eingriff einwilligt.
Auf der anderen Seite ist an einen psychisch besonders labilen Patient zu denken, der die medizinisch belanglose Bedeutung geringer Schmerzen fehlinterpretiert und sich dadurch in einen Angst- oder Erregungszustand hineinsteigert, der seine Ein-willigungsfähigkeit einschränkt oder sogar aufhebt, ohne dass dafür äußere, dem Arzt erkennbare Anzeichen bestehen.
Daneben stellt sich auf der Verschuldensebene die Frage, ob dem Arzt, der das Aufklärungsgespräch geführt hat, bewusst geworden ist oder hätte bewusst werden müssen, dass die Schmerzen oder die schmerzveranlasste psychische Beeinträchtigung des Patienten einen Grad erreicht hatte, der die Einwilligungsfähigkeit ausschloss. Dem Senat erscheint zweifelhaft, ob der für fehlendes Verschulden beweispflichtigen Behandlungsseite (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) damit nicht eine im Nachhinein kaum verifizierbare Rekonstruktion der Wahrnehmung oder Wahrnehmbarkeit des Grades der jeweiligen Beeinträchtigung und ihrer konkreten Auswirkungen für die Einwilligungsfähigkeit des Patienten auferlegt wird.
Die Verlässlichkeit der insoweit in einem Arzthaftungsprozess im Nachhinein mög-lichen Erkenntnisse kann auch dadurch beeinträchtigt sein, dass nicht ausge- schlossen werden kann, dass ein Patient, der in der konkreten Behandlungssituation "die Zähne zusammengebissen" und über das konkrete Ausmaß seiner Schmerzbeeinträchtigung nichts verlautbart hat, im Nachhinein infolge geschwundener Erinnerung glaubt, das nur von ihm selbst subjektiv Wahrgenommene dem behandelnden Arzt auch mitgeteilt zu haben.
b. Diese nur oberflächlich skizzierten Fragen fehlender Einwilligungsfähigkeit infolge krankheits- oder unfallbedingter Schmerzen (Kern hat insoweit bereits in NJW 1994, 757 unter lit. f von einem "gerichtlich ungeklärten Problem" gesprochen) bedürfen im vorliegenden Fall keiner Klärung.
Denn aufgrund der allein maßgeblichen Besonderheiten des konkreten Behandlungsgeschehens kann der Senat sicher ausschließen (§ 286 ZPO), dass die Klägerin schmerzbedingt nicht einwilligungsfähig war.
Insoweit ist zu sehen und zu würdigen:
Die Klägerin kam am 10. April 2008 mit "kolikartigen Schmerzen im rechten Oberbauch" zur stationären Aufnahme. Unter der Diagnose "Gallenblasensteine" sah man zunächst zeitnahen operativen Handlungsbedarf und klärte die Klägerin noch am selben Tag über die Risiken eines vermeintlich alsbald durchzuführenden Eingriffs auf.
Aufgrund dieses Aufnahmebefundes am 10. April 2008 und der alsbaldigen Aufklärung durch den Chirurg könnte allenfalls erwogen werden, ob ein noch am selben Tag durchgeführter Eingriff deshalb rechtswidrig gewesen wäre, weil der Klägerin keine hinreichende Zeit blieb, das Für und Wider der geplanten Operation, die tatsächlich nicht derart dringlich war, gegeneinander abzuwägen. Da diese dann jedoch immerhin 4 Tage bis zum 14. April 2008 aufgeschoben wurde, steht eine Haftung der Beklagten unter diesem Aspekt nicht zur Diskussion.
Am 11. April 2008, zu einem Zeitpunkt als man die Schmerzen der Klägerin durch eine entsprechende Medikation unterdrückt hatte, erfolgte die Risikoaufklärung durch den Anästhesist. Die möglichen Komplikationen, die er der Patientin offenbarte, sind mit den am Vortag aufgezeigten chirurgischen Komplikationen zwar nicht kongruent, aber im Gewicht ihrer möglichen Folgen zumindest vergleichbar.
Mithin wurde der am 11. April 2008 bewusstseinsklaren und auch nicht mehr schmerzbeeinträchtigten Patientin erneut verdeutlicht, dass ein Eingriff mit nicht unerheblichen Risiken anstand.
Angesichts dieses tatsächlichen Ablaufs der Dinge, ist die vom Landgericht angenommene schmerzbedingt fehlende Einwilligungsfähigkeit am 10. April 2008 nicht damit zu vereinbaren, dass es in der Klageschrift vom 2. Januar 2012 (auszugsweise) heißt:
"Vor der Durchführung der Operation wurde die Klägerin allgemein über verschiedene Risiken des Eingriffs aufgeklärt und willigte sodann in die Durchführung der Operation und der notwendigen Narkose ein. ...
Nicht aufgeklärt wurde die Klägerin jedoch über die häufig vorkommenden möglichen anatomischen Varianten im Operationsgebiet, das Gallengangsystem und das Blutgefäßsystem betreffend. ...
Trotz der Tatsache, dass grundsätzlich eine Aufklärung stattgefunden hat und auch dokumentiert wurde, wurde über ein ganz entscheidendes und keineswegs allzu seltenes Risiko der Operation nicht aufgeklärt, nämlich die Tatsache, dass grundsätzlich bei jedem Menschen Abweichungen im Gefäßsystem denkbar sind, die zu dessen unbeabsichtigter Verletzung während der Operation führen können".
Ein derartiger Parteivortrag besagt einerseits, dass der Patient das Aufklärungsgespräch mitverfolgt, aufgenommen und verstanden hat, und andererseits, dass er erinnert, dass es nur die beanstandeten Lücken, im Übrigen jedoch eine ausreichende Aufklärung gab.
Das ist nicht mit der im Rechtsstreit erst sehr viel später aufgestellten Behauptung vereinbar, die ärztlichen Informationen am 10. April 2008 habe man insgesamt überhaupt nicht aufnehmen können, weil man durch starke Schmerzen beeinträchtigt gewesen sei.
Die Grundlage für eine derartige Beeinträchtigung ist erstmals im Beweisaufnahmetermin am 5. März 2013 zutage getreten ist, als die Klägerin bei ihrer Parteianhörung (§ 141 ZPO) von starken Schmerzen am 10. April 2008 berichtete. Anschließend ist zum Beweisergebnis mündlich verhandelt worden (Bl. 111 GA), ohne dass die Klägerin oder ihr Prozessbevollmächtigter aus den Schmerzschilderungen irgendetwas hergeleitet hätten.
Das änderte sich, als die Einzelrichterin mit ihrem Hinweisbeschluss vom 26. März 2013 erstmals und für alle Beteiligten überraschend verlautbarte, die Schmerzschilderung der Klägerin habe dem Gericht die Überzeugung vermittelt, das die Patientin am 10. April 2008 nicht einwilligungsfähig gewesen sei.
Das widersprach grundlegenden Regeln des Zivilprozesses. Dort gilt der Beibringungsgrundsatz. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, eigenständig neuen Streitstoff in das Verfahren einzuführen. Wie eingangs dargestellt, ist das hier nur deshalb unschädlich, weil die Klägerin den gerichtlichen Hinweis aufgegriffen und nunmehr ihrerseits behauptet hat, schmerzbedingt nicht einwilligungsfähig gewesen zu sein. Tragfähig ist das aus den bereits dargestellten Gründen nicht.
Die Einzelrichterin hat ihre abweichende Würdigung auch darauf gestützt, dass die Unterschrift der Klägerin auf der Einverständniserklärung vom 10. April 2008 "zittrig" sei.
Das trifft zwar zu, geht aber daran vorbei, dass die Unterschrift geleistet wurde, als die Klägerin noch auf der Untersuchungsliege lag oder saß. Eine feste Schreibunterlage war nicht vorhanden. In einem derartigen Fall kann eine Unterschrift aus Gründen "zittrig" werden, die mit dem Ausmaß der Schmerzbeeinträchtigung nichts zu tun haben. Das zentrale Indiz der Beweiswürdigung des Landgerichts ist demnach für die Frage der Einwilligungsfähigkeit belanglos.
Die Einwilligungsfähigkeit ist beim erwachsenen Menschen die Regel. Deshalb muss derjenige, der sie in Abrede stellt, sein Vorbringen beweisen (vgl. zur gleichgelagerten Problematik bei der Geschäftsfähigkeit Ellenberger in Palandt, BGB 73. Auflage, Randnummer 8 zu § 104 BGB m.w.N.), sofern die Gesamtschau der unstreitigen medizinischen Fakten nicht eindeutig fehlende Einwilligungsfähigkeit belegt.
Nach Auffassung des Senats besteht im Streitfall keinerlei Anhalt für fehlende Einwilligungsfähigkeit der Klägerin (im Ergebnis ähnlich OLG Frankfurt in VersR 1984, 289 mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 24.1.1984 - VI ZR 140/83).
Der Einwand ist der Patientin vom Landgericht in den Mund gelegt worden. Darauf darf eine Verurteilung nicht gestützt werden, zumal die Behandlungsseite zutreffend darauf hinweist, dass sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass die Einschätzung des Landgerichts von der erforderlichen medizinischen Sachkunde getragen ist.
c. Dementsprechend ist auch weder dargetan noch ersichtlich, aufgrund welcher tragfähigen medizinischen Indizien sich dem aufklärenden Arzt am 10. April 2008 die fehlende Einwilligungsfähigkeit erschlossen haben soll oder hätte erschließen müssen, die der Patientin selbst erst bei weit fortgeschrittenem Prozess aufgrund eines gerichtlichen Hinweis in das Bewusstsein gerückt worden ist.
Bei dieser Sachlage fehlt es ersichtlich auch am Verschulden der Behandlungsseite.
3. Dass die Risikoaufklärung hinsichtlich der bedauerlicherweise erfolgten Gefäßverletzung ausreichend war und diese Verletzung auch keinen ärztlichen Fehler des Chirurgen belegt, hat das Landgericht überzeugend dargelegt. Darauf wird statt Wiederholung verwiesen.
4. Die Klage musste mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abgewiesen werden. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 4.000 €.
Verkündet am 1. Oktober 2014