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  • 26.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189543

    Oberlandesgericht Saarbrücken: Urteil vom 18.05.2016 – 1 U 121/15

    1. Zur Frage der Verjährung im Arzthaftungsrecht.

    2. Kennt der Patient den gesamten Behandlungsverlauf einschließlich der Bedeutung von Kontrolluntersuchungen und äußert sich ein qualifizierter Nachbehandler eindeutig zum Vorgehen des Vorbehandlers - "dem gehört in den Arsch getreten" - liegt Kenntnis i.S.v. § 199 Abs. 2 BGB vor.


    Oberlandesgericht Saarbrücken

    Urt. v. 18.05.2016

    Az.: 1 U 121/15

    In dem Rechtsstreit
    C. E.
    - Klägerin und Berufungsklägerin -
    - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt -
    gegen
    Dr. M. K.
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -
    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin

    wegen Arzthaftung

    hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts
    auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2016
    durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H.-P. Schmidt, die Richterin am Oberlandesgericht Feltes sowie den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. Schmidt
    für R e c h t erkannt:

    Tenor:
    1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. September 2015 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, 16 O 72/15, wird zurückgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
    3. Das Urteil ist, ebenso wie das angegriffene Urteil, vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der auf Grund der Urteile vollstreckbaren Beträge abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
    4. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin macht Ansprüche aufgrund eines behaupteten ärztlichen Fehlverhaltens geltend.

    Sie begab sich im November 2009 in die Behandlung des Beklagten, eines niedergelassenen Augenarztes. Dieser stellte eine Netzhautprominenz fest und überwies die Klägerin zur weiteren Diagnostik an die Augenklinik im Knappschaftskrankenhaus Sulzbach. Nach entsprechenden Untersuchungen, insbesondere einer Fluoreszenzangiographie wurden die Diagnose Hämangiom gestellt und regelmäßige Kontrollen im Hinblick auf eine etwaige Größenzunahme empfohlen. Eine erste Kontrolluntersuchung beim Beklagten fand im Januar 2010 statt.

    Da die Klägerin befürchtete, die Erkrankung könne vom Kopf her kommen, ließ sie eine MRT-Untersuchung durchführen. Den Befund legte sie dem Beklagten bei der weiteren Kontrolluntersuchung am 25. Mai 2010 vor. In diesem ist eine 9 x 4 mm große hypointense Formation der linken lateralen Retina beschrieben.

    Die weitere Kontrolluntersuchung am 9. September 2010 konnte nicht unter Weitstellung der Pupille - getropftes Auge - erfolgen, da die Klägerin mit dem eigenen PKW angereist war.

    Im Rahmen der nächsten Folgeuntersuchung am 4. November 2010 äußerte der Beklagte den Verdacht auf das Vorliegen eines Aderhauttumors und verwies die Klägerin zur weiteren Diagnostik an die Augenklinik in Sulzbach. Da die Klägerin dort kurzfristig keinen Termin bekam stellte sie sich am 12. November 2010 in der Augenklinik des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg vor. Dort wurde der Verdacht auf einen bösartigen Netzhauttumor gestellt und die Klägerin in das Universitätsklinikum Essen überwiesen, wo sie sich am 17. November 2010 vorstellte. Dort erfolgte eine sog. Brachy-Therapie mit Ruthenium zur Behandlung des Tumors. Das Augenlicht des linken Auges der Klägerin konnte nicht mehr erhalten werden.

    Auf Veranlassung der Krankenkasse der Klägerin wurde im Sommer 2012 ein augenfachärztliches Gutachten eingeholt, bezüglich dessen Inhalts auf Bl. 23 ff. d.A. Bezug genommen wird.

    Die Klägerin, die ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro für gerechtfertigt hält, hat behauptet, bei ordnungsgemäßer Untersuchung im Mai 2010 hätte bereits eine deutliche Vergrößerung des Tumors festgestellt werden können. Bei einer danach gebotenen rechtzeitigen Überweisung in eine Augenklinik hätte es bessere Behandlungsmöglichkeiten gegeben und wäre es nicht zu einem vollständigen Verlust des Augenlichts gekommen. Vor dem Termin am 9. September 2010 habe sie der Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass sie nicht mit dem eigenen PKW anreisen dürfe, da die Augen getropft würden. Die Dringlichkeit der Nachholung dieser Untersuchung sei nicht erläutert worden.
    Die Klägerin ist weiter der Ansicht, der Beklagte habe sich nicht auf die Verdachtsdiagnose der Augenklinik in Sulzbach - Hämangiom - verlassen dürfen.

    Mit der im April 2015 eingegangenen Klage hat die Klägerin beantragt,

    1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB ab dem 18.01.2014 zu zahlen;

    2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen künftigen Schaden zu ersetzen, soweit er nicht auf gesetzliche Versicherungsträger übergegangen ist.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte hat Behandlungsfehler in Rede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben. Insoweit ist er der Ansicht, dass die erforderliche Kenntnis auf Seiten der Klägerin bereits Ende 2010 vorgelegen habe.

    Mit am 30. September 2015 verkündetem Urteil (Bl. 75 ff. d.A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Saarbrücken, das die Klägerin zuvor informatorisch gehört hat (Bl. 65 f. d.A.), die Klage abgewiesen, da der Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche die Verjährungseinrede entgegenstehe.

    Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt.

    Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, die den Lauf der Verjährungsfrist auslösende Kenntnis sei erst mit Vorlage des im Auftrag der Krankenkasse eingeholten Gutachtens, mithin im Juni bzw. September 2012, gegeben gewesen. Vor Erhalt des Gutachtens habe sie keine Kenntnis davon gehabt, welche Untersuchungsmöglichkeiten zu einem früheren Zeitpunkt bestanden hätten. Die Ärzte des Universitätsklinikums Essen hätten lediglich den Misserfolg mitgeteilt und keine medizinisch fundierten Auskünfte erteilt. Erst durch das Ergänzungsgutachten des außergerichtlich tätigen Gutachters vom 23. September 2012 habe sie erfahren, dass der Beklagte sich nicht einfach der Diagnose des Knappschaftskrankenhauses Sulzbach habe anschließen dürfen. Der Klägerin sei auch nicht bereits im November 2010 bekannt gewesen, wann genau die richtige Diagnose hätte gestellt werden können. Die lediglich pauschalen Äußerungen der Ärzte in Essen änderten daran nichts.

    Die Klägerin beantragt,

    1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 30.09.2015, Az: 16 O 72/15 den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB ab dem 18.01.2014 zu zahlen;

    2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen künftigen Schaden zu ersetzen, soweit er nicht auf gesetzliche Versicherungsträger übergegangen ist.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, bei der Klägerin habe bereits infolge der ersten Überweisung in die Klinik nach Sulzbach Kenntnis von alternativen Untersuchungsmethoden bestanden.

    Die Akten des Senats, 1 U 122/15 (10 O 3/15, Landgericht Saarbrücken) waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift des Landgerichts Saarbrücken vom 5. August 2015 (Bl. 69 ff. d.A.), des Senats vom 27. April 2016 (Bl. 142 ff. d.A.) sowie das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. September 2015 (Bl. 75 ff. d.A.) Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

    Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO noch rechtfertigen die von dem Senat nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

    Der Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche der Klägerin aus §§ 280 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB, jetzt § 630a BGB, bzw. aus, § 823 Abs. 1 BGB, §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223 Abs. 1, 229 StGB, steht die Verjährungseinrede entgegen, § 214 BGB. Die Ansprüche der Klägerin verjähren gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB in drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die hiernach maßgebende Kenntnis lag bereits Ende 2010 vor, so dass mit Ablauf des Jahres 2013 Verjährung eintrat (1.). Selbst wenn man dies anders beurteilt, lag zumindest im Jahr 2011 eine grob fahrlässige Unkenntnis vor (2.). Vor Eingang der Klage am 10. April 2015 wurden verjährungshemmende oder unterbrechende Maßnahmen nicht angestrengt (3.).

    1. Auf Seiten der Klägerin lag Ende 2010 die maßgebende Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen vor.

    a. Im Arzthaftungsrecht sind an die maßgebende Kenntnis durchaus hohe Anforderungen zu stellen. Sie kann nicht schon dann bejaht werden, wenn dem Patienten lediglich der negative Ausgang der ärztlichen Behandlung bekannt ist. Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen kann in der Eigenart der Erkrankung oder in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben. Deshalb gehört zur Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen das Wissen, dass sich in dem Misslingen der ärztlichen Tätigkeit das Behandlungs- und nicht das Krankheitsrisiko verwirklicht hat. Hierzu genügt es nicht schon, dass der Patient Einzelheiten des ärztlichen Tuns oder Unterlassens kennt. Vielmehr muss ihm aus seiner Laiensicht der Stellenwert des ärztlichen Vorgehens für den Behandlungserfolg bewusst sein. Deshalb beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen, bevor nicht der Patient als medizinischer Laie Kenntnis von Tatsachen erlangt hatte, aus denen sich ergab, dass der Arzt von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen war oder Maßnahmen nicht getroffen hatte, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich gewesen wären. Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn die dem Anspruchsteller bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners und auf die Ursache dieses Verhaltens für den Schaden bzw. die erforderliche Folgebehandlung als naheliegend erscheinen zu lassen. Denn nur dann wäre dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 -, juris, Rn. 6, mwN, MDR 2010, S. 81 [BGH 10.11.2009 - VI ZR 247/08]).

    Der Patient muss über den Behandlungsverlauf, eingetretene Komplikationen und dem Abweichen vom ärztlichen Standard dabei so viel wissen, dass bei zutreffender medizinischer und rechtlicher Subsumtion ohne weitere Ermittlung ihm etwa bisher verborgener Fakten eine Einschätzung der Prozessaussichten möglich ist. Wie auch sonst kommt es nicht zusätzlich darauf an, ob der geschädigte Patient selbst zu einer solchen Beurteilung der ihm bekannten Tatsachen in der Lage ist, geschweige denn darauf, dass er subjektiv auch zu der "Erkenntnis", "sicheren Überzeugung" oder auch nur zu einem "Verdacht" gekommen ist, der Arzt habe fehlerhaft gehandelt (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1983 - VI ZR 35/82 -, juris, Rn. 10, NJW 1984, S. 661, 662 [BGH 20.09.1983 - VI ZR 35/82]).

    b. Die hiernach maßgebenden Umstände kannte die Klägerin in dafür hinreichender Form bereits im November 2010, als sie sich im Universitätsklinikum Essen behandeln ließ. Infolge der Äußerung des sie dort behandelnden Arztes wusste sie, dass bei der bisherigen Behandlung durch den Beklagten, deren Ablauf sie in Gänze kannte, vom ärztlichen Standard abgewichen wurde.

    (1.) Aus dem Auftreten bzw. der erst dann erfolgten Diagnose des Karzinoms musste die Klägerin jedoch noch nicht auf das Vorliegen eines Behandlungsfehlers schließen. Dass es zu einer solchen Symptomatik kommen konnte, war ihr bekannt, da gerade deshalb eine engmaschige und regelmäßige Kontrolle stattfinden sollte, um ein etwaiges Karzinom dann frühzeitig behandeln zu können.

    (2.) Das Abweichen vom ärztlichen Standard wurde ihr jedoch hinreichend durch den nachbehandelnden Arzt deutlich gemacht (vgl. zu der Maßgeblichkeit von Äußerungen nachbehandelnder Ärzte, BGH, Urteil vom 20. September 1983 - VI ZR 35/82 -, juris, Rn. 11 und 13, NJW 1984, S. 661, 662 [BGH 20.09.1983 - VI ZR 35/82]; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, Rn. V 26b).

    Im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung vor dem Landgericht Saarbrücken am 5. August 2015 (Bl. 66 d.A.) gab die Klägerin an, man habe ihr in Essen gesagt, dass man nicht mehr so viel machen könne, weil sie so spät komme und der Tumor schon so groß sei. Die Klägerin selbst hat aus dieser Äußerung schon auf ein mögliches Fehlverhalten des Beklagten geschlossen, wenn sie entgegnete, der Beklagte habe "dieses Ding ja ein Jahr lang wachsen lassen". Daraufhin habe "der Professor in Essen" wörtlich gesagt: "Dem gehört in den Arsch getreten."

    Aufgrund dieser Aussage war der Klägerin bekannt, dass aus Sicht des nachbehandelnden Arztes im Rahmen der bisherigen Behandlung ein Abweichen vom ärztlichen Standard erfolgte. Der Klägerin war bereits im vorhergehenden Behandlungsverlauf deutlich gemacht worden, dass es engmaschiger Kontrollen bedurfte, um ggf. zeitnah auf Veränderungen reagieren zu können. Sinn und Zweck der Behandlungen war ihr damit klar. Die vermeintlichen Versäumnisse des Beklagten hat sie selbst erkannt, da sie feststellte, dieser habe den Tumor wachsen lassen.

    Wenn dann der Nachbehandler eine derart eindeutige Aussage macht, hat der Patient die nach Vorstehendem notwendige Tatsachenkenntnis, um einen Schadensersatzprozess erfolgreich, wenn auch nicht risikolos zu führen.

    Zwar ist nach Vorstehendem nur die entsprechende Tatsachenkenntnis relevant, nicht hingegen dessen zutreffende rechtliche und medizinische Einordnung. Jedoch wurde der Klägerin durch die Aussage des Nachbehandlers das mögliche Abweichen vom Facharztstandard deutlich gemacht.

    Bei dem die Äußerung tätigenden Arzt handelte es sich aus Sicht der Klägerin auch um einen mit entsprechender Kenntnis ausgestatteten Facharzt. Sie selbst sprach in ihrer Anhörung von "dem Professor" (Bl. 66 d.A.). Zudem wurde sie bereits durch das Universitätsklinikum des Saarlandes an diese Spezialklinik überwiesen, so dass sie davon ausgehen konnte, dass die Äußerung von einem Arzt stammt, der über spezielle Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügt. Die Klägerin hat dessen Aussage auch nicht als eine gleichsam "ins Blaue hinein" getätigte Bewertung des vormaligen Behandlungsgeschehens verstanden, da diese gerade mit den entsprechenden Fakten untermauert wurde. Bei der Klägerin lag ein Karzinom vor, das umso besser behandelt werden kann, je früher es erkannt wird. Mit seiner Äußerung bewertete der Nachbehandler hinreichend deutlich die bisherige Vorgehensweise als unzulänglich.

    Zwar vermag allein der Hinweis eines Nachbehandlers die gebotene Kenntnis nicht herzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 - VI ZR 41/93 -, juris, Rn. 31, NJW 1994, S. 932 [BGH 11.01.1994 - VI ZR 41/93]). Jedoch kannte die Klägerin dazu noch alle maßgebenden Fakten, d.h. den Behandlungsablauf, so dass sie hieraus in Verbindung mit der Aussage des Nachbehandlers den Schluss ziehen konnte, dass der Beklagte eine frühzeitigere weitere Diagnostik und Behandlung versäumt hatte und dies Ursache für den späteren Gesundheitszustand war. Die Klägerin hatte das erforderliche Wissen von den wesentlichen Umständen des Behandlungsverlaufes (vgl. hierzu, BGH, Urteil vom 23. April 1985 - VI ZR 207/83 -, juris, Rn. 8, MDR 1985, S. 834). Sie war bei allen Untersuchungen zugegen und wusste, was gemacht wurde. Die maßgebende Kenntnis des Abweichens vom üblichen ärztlichen Vorgehen erhielt die Klägerin durch die Äußerung des behandelnden Arztes im Universitätsklinikum Essen.

    Die Klägerin wusste auch, dass es sich bei dem im November 2010 diagnostizierten Zustand nicht um eine schicksalhafte Folge vorhergehenden ärztlichen Vorgehens gehandelt hat, sondern, dass zu lange zugewartet wurde. Es hatte sich bei ihr gerade das Krankheitsrisiko verwirklicht, zu dessen Ausschluss sie den Beklagten aufgesucht hatte. Aus ihrer eigenen Äußerung, dass der Beklagte "dieses Ding ja ein Jahr lang (hat) wachsen lassen" (Bl. 66 d.A.) wird deutlich, dass ihr die Bedeutung des Zeitaspektes bewusst war. Sie wusste, dass eine frühere Diagnose bessere Heilungschancen mit sich gebracht hätte. Damit wusste sie von einem Abweichen vom üblichen ärztlichen Vorgehen und ging selbst nicht davon aus, der im November 2010 diagnostizierte Tumor sei die bloße Realisierung ihres Krankheitsrisikos.

    Der Nachbehandler hat durch seine Aussage, man solle dem vorbehandelnden Arzt "in den Arsch treten" in einer auch für den Laien hinreichend verständlichen Art und Weise deutlich gemacht, dass er eine Abweichung vom Facharztstandard für gegeben erachtet. Der Klägerin war damit der Stellenwert einer frühzeitigeren und weiterführenden Diagnostik klar vor Augen geführt.

    (3.) Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, erst nach Vorlage der vorgerichtlich eingeholten Gutachten die erforderliche Kenntnis gehabt zu haben. Eine Gewissheit, die die Klägerin erst durch die Privatgutachten erlangt haben will, ist für eine Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB gerade nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 -, BGHZ 145, 358-366, juris, Rn. 14). Auch muss der Patient keineswegs hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2008 - XI ZR 319/06 -, juris, Rn. 28; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, Rn. V 19).

    Zudem verlangt § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur eine solche Kenntnis, die es dem Gläubiger ermöglicht aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos, eine Klage zu erheben. Aussichtsreich ist eine solche Klage aber nicht erst, wenn der Patient ein Privatgutachten vorlegt. An die Darlegungsanforderungen eines Patienten im Arzthaftungsprozess sind aufgrund des Wissensgefälles zum Arzt nur maßvolle Anforderungen zu stellen (vgl. BGH Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03-, juris, Rn. 22 = BGHZ 159, 245-254 stRspr; jüngst BGH, Beschluss vom 1. März 2016 - VI ZR 49/15 - juris, Rn. 6, NJW 2016, S. 1328 [BGH 01.03.2016 - VI ZR 49/15]). Damit einhergehend kann sich der Patient dann aber im Rahmen der Verjährungsfrage, gleichsam spiegelbildlich zur eingeschränkten Darlegungslast, nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei zur Erlangung hinreichender Kenntnis auf Feststellungen eines Privatgutachters angewiesen. Einen hinreichenden substantiierten Tatsachenvortrag im Rahmen einer (Feststellungs-) Klage kann er grds. ohne Gutachten halten. Der vorliegende Fall weist keine derartigen Besonderheiten auf, die eine andere Bewertung gebieten würden. Die Klägerin hätte den Behandlungsverlauf sowie dessen für sie negativen Ausgang schildern und durch Benennung des nachbehandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen, Versäumnisse des Beklagten bei den Kontrolluntersuchungen unter Beweis stellen können. Ergänzend hätte sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen können, so dass ihre Klage schlüssig gewesen wäre.

    Zudem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass lediglich der Beginn der Verjährungsfrist festgelegt wird. Hiernach hat der Patient drei Jahre Zeit, sich etwa durch die Kontaktierung weiterer Ärzte, die Einschaltung der Gutachterkommission oder der Beauftragung von Privatgutachtern die gewünschte Sicherheit zu verschaffen.

    (4.) Unbeachtlich ist auch, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag keine Kenntnis davon hatte, welche Untersuchungsmöglichkeiten zu einem früheren Zeitpunkt bestanden hätten. Es ist vielmehr maßgebend, dass sie das Abweichen vom üblichen Standard kannte. Dies lag darin, dass zu lange zugewartet wurde und das Karzinom mangels weitergehender Diagnostik nicht früher aufgefallen war. Dafür muss die Klägerin nicht wissen, mit welcher genauen Diagnostik dies möglich gewesen wäre. Für ihren Prozessvortrag reicht es auch aus, wenn sie dem Behandler eine unzureichende Befunderhebung im Rahmen der Kontrolluntersuchungen und eine in zeitlicher Hinsicht unzureichende Diagnostik vorwirft, ohne zu beschreiben, was genau hätte getan werden müssen.

    (5.) Schließlich ist für die nach § 199 Abs. 1 BGB erforderliche Kenntnis des Patienten in der Regel nicht von Relevanz, ob die Arztseite ihrerseits Schadensersatzansprüchen entgegentritt (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 -, BGHZ 145, 358-366, juris, Rn. 15), so dass die Klägerin aus der ablehnenden Haltung des Beklagten, den sie nach ihren Angaben mit dem Fehlverhalten konfrontierte, keine im Sinne der Kenntniserlangung relevanten Zweifel herleiten kann. Dass Ärzte trotz § 630c Abs. 2, Satz 2 BGB (zur Relevanz der Norm bezüglich des Verjährungsbeginns vgl. Spickhoff, JZ 2015, S. 15, 25) eigene Fehlleistungen nicht ohne Weiteres einräumen, ist allgemein bekannt.

    Zudem erfolgte vorliegend die einen Behandlungsfehler negierende Äußerung des Beklagten vor der - erst die Kenntnis auslösenden - Äußerung des nachbehandelnden Arztes und maß die Klägerin der Äußerung keinen Wahrheitsgehalt zu, da sie die Behandlung beim Beklagten beendete (s. Bl. 66 d. A.).

    Eine den Äußerungen des behandelnden Arztes in Essen entgegenstehende Äußerung eines dritten Facharztes, die bei der Klägerin ggf. maßgebende Zweifel hätte hervorrufen können, gab es nicht (vgl. hierzu OLG Koblenz, Urteil vom 14. Juli 2011 - 5 U 223/11 -, juris, Rn. 20).

    Solche ergeben sich auch nicht aus dem Gutachten des für die Krankenkasse der Klägerin tätigen Sachverständigen Dr. K. zumal die Klägerin erklärt, erst hierdurch die erforderliche Kenntnis erlangt zu haben. In seiner Begutachtung vom 1. Juni 2012 (dort Seite 17; Bl. 39 d.A.) ist Dr. K. der Ansicht, dass bereits die Augenklinik in Sulzbach auch die Diagnose "Malignes Melanom" deutlich hätte mit erwähnen sollen. Es wäre besser gewesen, in einem viertel Jahr noch einmal eine fluoreszensangiographische Kontrolluntersuchung durchzuführen, wozu der Beklagte mangels entsprechender Ausstattung nicht in der Lage gewesen sei. Auch wenn er zusammenfassend feststellt, dass die Augenklinik nicht fehlerhaft gehandelt hat, bezieht sich dies nicht auf die gesamte Behandlung. Der Sachverständige tätigt diese Aussage ausschließlich bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem der Tumor noch eine Prominenz von 1,9 mm hatte (Bl. 40 d.A.). Im Weiteren sieht er es als geboten an, die Diagnose "Aderhautmelanom" mehr in den Vordergrund zu stellen, da nur hierdurch die gebotene weitere Diagnostik durchgeführt wird.

    Bezogen auf den Beklagten äußert der Sachverständige das Gebot, die Klägerin nach dem 9. September 2010 auf die Dringlichkeit einer zeitnahen Nachuntersuchung hinzuweisen und führt aus, dass dann "sicherlich zu dem Zeitpunkt des 9.9.10 die Diagnose "Aderhautmelanom" (hätte) erhoben werden können, zumindestens wäre eine weitere Progredienz des Höhenwachstums zu erkennen gewesen." Dies steht im Ergebnis mit der Bewertung der Tätigkeit des Beklagten durch den nachbehandelnden Arzt im Universitätsklinikum Essen in Einklang.

    Die durch den Sachverständigen gemachte Einschränkung, dass man nicht davon ausgehen könne, dass wenn ein Aderhauttumor zwei Monate früher erkannt werde, sich dann für die Prognose eine wesentliche Änderung ergeben würde, vermag hinreichende Zweifel bei der Klägerin nicht zu begründen. Der Sachverständige tätigt lediglich eine vage Aussage, die zudem die Frage der Kausalität betrifft. Nimmt man etwa einen groben Behandlungsfehler und eine entsprechende Beweislastumkehr an, muss der Patient die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den Primärschaden gerade nicht beweisen. Zudem verweist der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. September 2012 (Bl. 44 d.A.) gerade darauf, dass das frühere Erkennen des Melanoms die Prognose in Bezug auf den Verlauf verbessern könne. Er schließt umgekehrt die Möglichkeit einer Kausalität auch nicht aus. Damit wird ein Behandlungsfehler nicht klar verneint (vgl. hierzu OLG München, Urteil vom 23. Dezember 2011 - 1 U 3410/09 -, juris, Rn. 129). Zudem muss eine ursächliche Verknüpfung der Schadensfolge mit dem Behandlungsfehler nur bei objektiver Betrachtung nahe liegen, was aus Sicht der Klägerin deshalb der Fall war, weil die Behandlungsmöglichkeiten umso besser sind, je früher der Tumor erkannt wird. Die Klägerin ist zur Führung eines Prozesses nicht auf eine zuvor durch einen Fachmann eindeutig erfolgte Beurteilung der Kausalitätsfrage angewiesen.

    Hiermit deckt sich auch der Vortrag der Klägerin. Diese sagt selbst, dass sie erst durch das Gutachten von Herrn Dr. K. die nötige Kenntnis erlangt habe. Sie hat das Gutachten somit selbst im Sinne der Bejahung eines Behandlungsfehlers verstanden, so dass aus ihrer Sicht im Vergleich zu der Äußerung des behandelnden Arztes in Klinikum Essen keine Divergenz vorlag.

    Unabhängig davon hätte eine entsprechende medizinische Einordnung des Verhaltens des Beklagten durch Herrn Dr. K. keinen Einfluss auf die maßgebende Kenntnis der Klägerin gehabt. Sie kannte den Behandlungsverlauf und hatte durch die drastische Äußerung des nachbehandelnden Arztes im Klinikum in Essen hinreichende Kenntnis, dass vom ärztlichen Standard abgewichen wurde. Da es auf Seiten des geschädigten Patienten, wie ausgeführt, nur auf die Kenntnis des tatsächlichen Verlaufs, nicht auf dessen zutreffende medizinische und rechtliche Einordnung ankommt, hat damit die Beurteilung von Herrn Dr. K. auf den maßgeblichen Kenntnisstand der Klägerin keinen Einfluss gehabt (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1983 - VI ZR 35/82 -, juris, Rn. 13, NJW 1984, S. 661, 662 [BGH 20.09.1983 - VI ZR 35/82]).

    (6.) Die nach Vorstehendem maßgebende und gegebene Kenntnis der Klägerin lag Ende 2010 auch bezüglich aller in Betracht kommenden Fehler des Beklagten vor.

    Zutreffend verweist das Landgericht Saarbrücken darauf, dass die Frage der Verjährung für jeden gerügten Fehler gesondert zu beurteilen ist, was auch dann gilt, wenn die Pflichtverletzungen denselben Schaden verursacht haben (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - III ZR 90/10 -, juris, Rn. 15; OLG Koblenz, Urteil vom 14. Juli 2011 - 5 U 223/11 -, juris, Rn. 15; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl. 2014, Teil D, Rn. 2).

    Mit dem Einwand, der Beklagte hätte sich nicht auf die Diagnose der Augenklinik Sulzbach verlassen dürfen, rügt die Klägerin einen (weiteren) Behandlungsfehler (vgl. zur Abgrenzung zwischen Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers und eines Diagnosefehlers BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - VI ZR 146/14 -, Rn. 6, juris). Unabhängig davon, ob der Beklagte zu einer eingehenden Überprüfung der Diagnose verpflichtet war (vgl. hierzu Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl. 2014, Teil B, Rn. 116), lag die maßgebende Kenntnis der Klägerin auch insoweit bereits im Jahr 2010 vor. Sie wusste damals schon, dass es sich bei der vormals diagnostizierten Erkrankung um einen bösartigen Tumor handelt, den (auch) der Beklagte nicht erkannt hat. Auf die nach rechtlichen Gesichtspunkten zu beantwortenden Frage, ob und welche (Überprüfungs-)Pflichten den überweisenden Arzt treffen, kommt es für die Frage der Kenntnis nicht an.

    Auch der gerügte angeblich fehlende Hinweis darauf, dass die Klägerin am 9. September 2010 nicht mit dem Auto hätte anreisen dürfen, da dann keine Untersuchung bei weitgetropfter Pupille möglich ist, war ihr bekannt. Sie wusste nach der Untersuchung in Essen auch, dass eine frühere Diagnostik nicht erfolgte und dass "dieses Ding" ein Jahr lang wachsen gelassen wurde. Damit kannte sie alle Tatsachen und konnte aus der Äußerung des Nachbehandlers auch auf eine Abweichung vom gebotenen ärztlichen Standard schließen.

    Zutreffend verweist das Landgericht Saarbrücken im Übrigen darauf, dass nach vorstehenden Ausführungen der Klägerin somit die unzureichende bzw. fehlende Befundung bekannt war. Gleiches gilt für die behauptete unterlassene therapeutische Sicherungsaufklärung bezüglich der nicht möglichen Untersuchung bei weit getropftem Auge im September 2010.

    2. Selbst wenn man nach Vorstehendem keine Kenntnis Ende 2010 annimmt, so lag spätestens im Jahr 2011 eine grob fahrlässige Unkenntnis auf Seiten der Klägerin vor, so dass mit Ablauf des Jahres 2014 Verjährung eintrat.

    a. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt dann vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können. Dabei bezieht sich die grob fahrlässige Unkenntnis ebenso wie die Kenntnis auf Tatsachen, auf alle Merkmale der Anspruchsgrundlage und bei der Verschuldenshaftung auf das Vertretenmüssen des Schuldners, wobei es auf eine zutreffende rechtliche Würdigung nicht ankommt. Ausreichend ist, wenn dem Gläubiger aufgrund der ihm grob fahrlässig unbekannt gebliebenen Tatsachen zugemutet werden kann, zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen eine bestimmte Person aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage - sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage - zu erheben. Dabei besteht für den Gläubiger keine generelle Obliegenheit, im Interesse des Schädigers an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Initiative zur Klärung von Schadenshergang oder Person des Schädigers zu entfalten. Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger zur Vermeidung der groben Fahrlässigkeit zu einer aktiven Ermittlung gehalten ist, kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Unterlassen einer Nachfrage ist nur dann als grob fahrlässig einzustufen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Unterlassen aus der Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Geschädigten als unverständlich erscheinen lassen. Für den Gläubiger müssen konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein und sich ihm der Verdacht einer möglichen Schädigung aufdrängen. In Arzthaftungssachen ist bei der Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, zugunsten des Patienten zu berücksichtigen, dass dieser nicht ohne weiteres aus einer Verletzungshandlung, die zu einem Schaden geführt hat, auf einen schuldhaften Behandlungs- oder Aufklärungsfehler zu schließen braucht. Deshalb führt allein der negative Ausgang einer Behandlung ohne weitere sich aufdrängende Anhaltspunkte für ein behandlungsfehlerhaftes Geschehen nicht dazu, dass der Patient zur Vermeidung der Verjährung seiner Ansprüche Initiative zur Aufklärung des Behandlungsgeschehens entfalten müsste. Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen muss nicht in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben, sondern kann schicksalhaft und auf die Eigenart der Erkrankung zurückzuführen sein. Dabei ist das Unterlassen von Erkundigungen nur dann als grob fahrlässig einzustufen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die dieses Verhalten aus der Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Patienten als unverständlich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 -, juris, Rn. 13 ff. mwN, MDR 2010, S. 81 [BGH 10.11.2009 - VI ZR 247/08]).

    b. Entsprechend konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen von Ansprüchen bestanden für die Klägerin nach der o.g. Äußerung des nachbehandelnden Arztes. Danach musste sich ihr der Verdacht einer möglichen Schädigung nachgerade aufdrängen. Ihr war damit nicht nur der negative Ausgang der Behandlung durch den Beklagten bekannt, sondern auch deren Bewertung durch einen fachkundigen Nachbehandler, zu welchem sie das Universitätsklinikum des Saarlandes überwiesen hatte. Damit konnte die Klägerin dieser Äußerung durchaus ein entsprechendes Gewicht beimessen. Daher lagen neben der vermeintlich fehlerhaften Behandlung weitere Umstände vor, die die Klägerin dazu veranlassen mussten, wegen eines Behandlungsfehlers nachzufragen und ggf. auch Rechtsrat - etwa bezüglich der angesprochenen Kausalitätsfrage - einzuholen (vgl. hierzu Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl. 2014, Teil D Rn. 8).

    Weiter erforderlich ist, dass eine etwaige Nachfrage der Klägerin die nötige Klarheit über die Ursache ihrer Beschwerden gebracht hätte, um ihr die Möglichkeit zu geben, Klage zu erheben (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 -, juris, Rn. 20, MDR 2010, S. 81 [BGH 10.11.2009 - VI ZR 247/08]). Diese Klarheit hätte sie in der Folge erlangen können. Selbst wenn man ihr dazu gerade mit Blick auf die Ende 2010 noch laufende Behandlung im Universitätsklinikum Essen und ihre dort gegebene stationäre Unterbringung noch eine gewisse Zeitspanne zubilligt, musste diese spätestens im Laufe des Jahres 2011 eingetreten sein. Damit lief die Verjährungsfrist ebenfalls vor der Hemmung infolge der Klageerhebung, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ab.

    3. Anhaltspunkte für eine Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB liegen nicht vor. Die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Saarbrücken (UA Seite 13, Bl. 87 d.A.) sind mit der Berufung auch nicht angegriffen worden.

    4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 823 Abs. 1 BGB; § 199 Abs. 2 BGB